Mandanteninformation 04/2016

Ausgabe Nr. 4/2016 (Juli/August)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant, 

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Mitunternehmerstellung in einer Gemeinschaftspraxis

In einer Freiberuflerpraxis kann eine Mitunternehmerstellung der einzelnen Gesellschafter nur dann angenommen werden, wenn diese Mitunternehmerinitiative ausüben und Mitunternehmerrisiko tragen. Ist ein Mindergesellschafter von den stillen Reserven der Gesellschaft ausgeschlossen und erhält er eine von der Gewinnsituation abhängige, nur am eigenen Umsatz orientierte Vergütung, scheidet eine Mitunternehmerstellung in der Regel aus. Der Gewinn der Praxis wird dann nur den „echten“ Gesellschaftern zugerechnet. Zudem unterliegen die Einkünfte der Praxis der Gewerbesteuer, wenn der Mindergesellschafter eigenverantwortlich tätig ist und nicht von den Alt-Gesellschaftern überwacht wird.

Hintergrund: Eine Personengesellschaft wird steuerlich anerkannt, soweit die einzelnen Gesellschafter Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative ausüben. Die Gesellschafter sind dann Mitunternehmer, so dass ihnen der Gewinn entsprechend ihrer Beteiligungsquote zugerechnet wird.

Sachverhalt: An einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis waren die Ärzte A und B als Mitunternehmer beteiligt. Im Jahr 1998 schlossen sie mit der Ärztin C einen Gesellschaftsvertrag: C sollte als Ärztin der Praxis tätig werden, nur einen Anteil ihrer eigenen Umsätze erhalten und nicht an den materiellen Werten der Praxis beteiligt sein. Sie sollte nach Ablauf von drei Jahren ein Drittel der Praxis erwerben können. Dieses Recht übte C nicht aus. Sie war seit 1998 eigenverantwortlich tätig. Das Finanzamt griff das Jahr 2007 auf und erließ zum einen gegenüber der Praxis einen Gewerbesteuermessbescheid und rechnete den Gewinn des Jahres 2007 nur A und B zu, nicht aber der C.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Finanzamt Recht. C war keine Mitunternehmerin, da sie weder Mitunternehmerrisiko trug noch Mitunternehmerinitiative ausübte:

  • Für das Mitunternehmerrisiko hätte C am Gewinn und am Verlust sowie an den stillen Reserven beteiligt werden müssen. Sie erhielt jedoch nur einen Anteil an ihren selbst erwirtschafteten Umsätzen. Eine Beteiligung an den materiellen Werten der Praxis war ausdrücklich ausgeschlossen. Dieser Ausschluss umfasste bei Auslegung des Gesellschaftsvertrags auch die immateriellen Werte wie den Patientenstamm; denn ansonsten hätte sich der Kaufpreis im Fall des Beitritts nach drei Jahren entsprechend reduzieren müssen – und eine derartige Minderung des Kaufpreises war nicht vorgesehen.
  • Die C übte auch keine ausreichende Mitunternehmerinitiative aus, weil sie in bestimmten Bereichen keinen Einfluss hatte. So hatte sie keine Verfügungsmacht über die Praxiskonten, und die Neuinvestitionen sollten nur im Namen von A und B getätigt werden.

Hinweise: Damit war der Gewinn des Jahres 2007 nur dem A und dem B jeweils zur Hälfte zuzurechnen, nicht aber der C. Die Einnahmen der C sind im Rahmen ihrer Einkommensteuerveranlagung zu berücksichtigen.

Doch damit nicht genug: Hinzu kam, dass die Einkünfte der Praxis insgesamt als gewerbliche zu qualifizieren waren. Denn C, die ja nicht Mitunternehmerin war, hatte ihre Patienten im Namen der Praxis eigenverantwortlich behandelt, ohne dass A und B hierauf irgendeinen Einfluss gehabt hätten. Somit erzielte sie gewerbliche Einkünfte, die vorliegend auf die gesamten Einkünfte der Praxis abfärbten.

Das Urteil macht das Risiko deutlich, dass sich für eine Freiberufler-Sozietät ergibt, wenn sie einen Neugesellschafter aufnimmt, diesem aber nicht das erforderliche Mitunternehmerrisiko und die erforderliche Mitunternehmerinitiative einräumt. Es droht dann eine sog. Infektion der freiberuflichen Einkünfte, die bei Überschreiten einer gewissen Bagatellgrenze insgesamt gewerbesteuerpflichtig werden.

Übertragung des Betriebsgrundstücks auf das Kind

Errichtet ein Unternehmer auf einem Grundstück, das ihm und seiner Ehefrau, die nichtunternehmerisch tätig ist, gemeinsam gehört, ein Betriebsgebäude, so gehört das Gebäude zur Hälfte seiner Frau und ist insoweit ihrem steuerlichen Privatvermögen zuzurechnen. Wird das Grundstück später unentgeltlich auf ein Kind übertragen, das den Betrieb fortführt, muss das Kind die beiden Gebäudehälften unterschiedlich hoch abschreiben und kann hinsichtlich der Gebäudehälfte seiner Mutter Abschreibungen auf den höheren Teilwert vornehmen.

Hintergrund: Bebaut ein Unternehmer ein Grundstück, das seinem Ehegatten gehört, auf eigene Kosten mit einem Betriebsgebäude, wird der Ehegatte des Unternehmers zivilrechtlich Eigentümer des Gebäudes. Gehört das Grundstück beiden Ehegatten gemeinsam, ist das Gebäude zur Hälfte steuerlich dem Unternehmer und zur anderen Hälfte dem nichtunternehmerisch tätigen Ehegatten zuzurechnen. Dennoch kann der Unternehmer-Ehegatte seine Herstellungskosten auch insoweit steuerlich absetzen.

Streitfall: Der Vater des Klägers war Betriebsinhaber. Er hatte 1960 mit eigenen finanziellen Mitteln ein Betriebsgebäude auf einem Grundstück errichtet, das ihm und seiner Ehefrau (der Mutter des Klägers) gehörte. Im Jahr 1994 übertrug der Vater den Betrieb auf den Kläger, und sowohl Mutter als auch Vater übertrugen das bebaute Grundstück unentgeltlich auf den Kläger. Dieser aktivierte die vom Vater übertragene Gebäudehälfte mit dem Buchwert und führte insoweit die Abschreibungen des Vaters fort. Hingegen bewertete der Kläger die von der Mutter übertragene Gebäudehälfte mit dem aktuellen höheren Teilwert und nahm darauf entsprechend höhere Abschreibungen vor. Das Finanzamt erkannte insoweit auch nur die Abschreibungen in der bisherigen Höhe an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt:

  • Dem Vater des Klägers gehörte nur diejenige Hälfte des Gebäudes, die auf seiner Grundstückshälfte stand. Insoweit, d. h. zu 50 %, konnte er die Herstellungskosten als Gebäude aktivieren und jährlich abschreiben.
  • Die andere Hälfte des Gebäudes gehörte der Mutter des Klägers, weil sie zur Hälfte Eigentümerin des Grundstücks war und das auf diesem Grundstück errichtete Gebäude in ihr Eigentum überging. Steuerlich war diese Gebäudehälfte damit dem Privatvermögen der Mutter zuzurechnen. Der Vater konnte aber seine Herstellungskosten insoweit ebenfalls wie ein Gebäude abschreiben.
  • Die Grundstückshälfte des Vaters musste der Kläger zum Buchwert übernehmen, d. h. zu dem Wert, mit dem sie in der Bilanz des Vaters stand. Der Kläger musste auch die Abschreibungen des Vaters fortführen, bis die verbleibende gesetzliche Nutzungsdauer des Gebäudes von insgesamt 40 Jahren, die im Jahr 1960 begann, ablief.
  • Die Grundstückshälfte der Mutter stammte jedoch aus ihrem Privatvermögen und konnte deshalb vom Kläger zum Teilwert, d. h. zum aktuellen Wert im Jahr 1994, in das Betriebsvermögen eingelegt werden. Auf diesen Teilwert konnte der Kläger nun entsprechend hohe Abschreibungen über die neu im Jahr 1994 beginnende Nutzungsdauer vornehmen.

Hinweise: Das Urteil ist positiv. Denn der Kläger kann die Gebäudehälfte, die er von dem nichtunternehmerisch tätigen Elternteil erhält, zum höheren Teilwert einlegen und neu abschreiben. Auf diese Gebäudehälfte hatte auch schon sein Vater 34 Jahre lang faktisch Abschreibungen vornehmen können, weil er seine Herstellungskosten insoweit wie ein Gebäude steuerlich absetzen durfte.

Im Ergebnis kann diese Gebäudehälfte also zweimal hintereinander abgeschrieben werden, ohne dass der Vater des Klägers oder dessen Mutter einen Gewinn aus der unentgeltlichen Übertragung der Gebäudehälfte auf den Kläger versteuern müssen. Die Urteilsgrundsätze gelten jedoch nicht bei einem Verkauf des Grundstücks an den Sohn.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Unfallkosten und Entfernungspauschale

Die Bundesregierung hat sich zum Abzug von Unfallkosten neben der Entfernungspauschale geäußert. Die überraschende Aussage: Ein Werbungskostenabzug soll weiterhin möglich sein.

Hintergrund: Seit einer Gesetzänderung im Jahr 2001 sind mit der Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgegolten. Hierunter fallen auch Unfallkosten, die einem Arbeitnehmer für die Wege zwischen Wohnung und Arbeit entstehen. Dies wurde erst kürzlich wieder durch das Finanzgericht Rheinland-Pfalz bestätigt. Insofern sei der Gesetzeswortlaut eindeutig, so das Gericht.

Bisher hat die Finanzverwaltung allerdings weiterhin Unfallkosten anerkannt, sofern sich der Unfall auf dem Weg zur Arbeit ereignet hat. Und dabei scheint es vorerst zu bleiben. 

Dies geht aus einer schriftlichen Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesfinanzministerium, Dr. Michael Meister, hervor:

  • Zwar sind mit der Entfernungspauschale sämtliche Aufwendungen des Arbeitnehmers für seine Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte abgegolten.
  • Allerdings soll es verwaltungsseitig ausnahmsweise nicht beanstandet werden, wenn Aufwendungen für die Beseitigung eines Unfallschadens bei einem Verkehrsunfall neben der Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend gemacht werden.
  • Voraussetzung für diese Billigkeitsregelung ist, dass sich der Unfall auf einer Fahrt zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte, auf einer Umwegfahrt zum Betanken des Fahrzeugs oder zur Abholung der Mitfahrer einer Fahrgemeinschaft ereignet hat und nicht unter Alkoholeinfluss geschehen ist.

Hinweis: Sie sollten also weiterhin Unfallkosten auch neben der Entfernungspauschale geltend machen. Ein Rechtsanspruch auf die Anerkennung besteht allerdings nicht.

Ermäßigte Besteuerung von Abfindungen

Die Finanzverwaltung wendet die günstige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu Abfindungszahlungen, die in zwei Teilbeträgen geleistet wurden, nun allgemein an (lesen Sie zum Thema unseren vierten Beitrag in der Ausgabe Nr. 2/2016 (März/April).

Danach gilt die Steuerbegünstigung für die Abfindungs-Hauptleistung auch dann, wenn eine geringe Teilzahlung in einem anderen Kalenderjahr erfolgt. Diese Teilzahlung darf maximal zehn Prozent der Hauptleistung betragen. Darüber hinaus kann eine Zahlung unter Berücksichtigung der konkreten individuellen Steuerbelastung als geringfügig anzusehen sein, wenn sie niedriger ist als die tarifliche Steuerbegünstigung der Hauptleistung.

Mit der allgenmeinen Anwendung des Urteils durch die Finanzverwaltung sind Arbeitgeber und Arbeitnehmer nun etwas flexibler, wenn es um die Auszahlung der Abfindung in zwei Teilbeträgen geht.

Vermieter

Förderung des Mietwohnungsneubaus

Das Gesetzesvorhaben zur steuerlichen Förderung des Mietwohnungsneubaus (s. hierzu unseren Beitrag in der letzten Ausgabe dieser Mandanten-Information) ist kurz vor seiner Abstimmung im Bundestag am 26. 4. 2016 vorerst gestoppt worden. Es bestehe weiterer Klärungsbedarf, hieß es aus Regierungskreisen. Wie es jetzt weitergeht, ist unklar. Wir halten Sie an dieser Stelle auf dem Laufenden.

Entfernungspauschale bei Vermietungseinkünften

Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind Fahrtkosten nur in Höhe der Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer anzusetzen, wenn der Vermieter permanent zu seiner Mietimmobilie fährt. Dann ist nämlich davon auszugehen, dass die Immobilie den Mittelpunkt seiner Vermietungstätigkeit darstellt.

Hintergrund: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ist die Entfernungspauschale anzusetzen. Diese Regelung gilt jedoch nicht nur für Arbeitnehmer, sondern ist auch für andere Einkunftsarten anwendbar.

Streitfall: Die Kläger sind Eheleute, die drei Wohnungen vermieteten. Die Wohnungen lagen zwei, fünf und sieben km von ihrer eigenen Wohnung entfernt. Die Kläger gaben in ihrer Einkommensteuererklärung insgesamt 380 Fahrten zu den drei Wohnungen an und machten pro Fahrt 0,30 € für Hin- und Rückfahrt als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend. Das Finanzamt erkannte lediglich die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer („einfache Strecke“) an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Entfernungspauschale wird angesetzt, wenn der Steuerpflichtige von seiner Wohnung aus den Mittelpunkt seiner Tätigkeit aufsucht. Bei den Vermietungseinkünften befindet sich der Mittelpunkt der Tätigkeit zwar regelmäßig nicht am Ort der vermieteten Immobilien, sondern in der Wohnung des Steuerpflichtigen; denn von zu Hause aus erfolgt die Verwaltung der Immobilie.
  • Anders ist es aber, wenn der Vermieter immer wieder zur Mietimmobilie fährt, z. B. täglich. Dann liegt der Mittelpunkt seiner Vermietungstätigkeit am Ort der Immobilie. In diesem Fall ist der Abzug der Fahrtkosten auf die Entfernungspauschale beschränkt, so dass nur eine einfache Fahrt mit 0,30 € pro Kilometer absetzbar ist.
  • Im Streitfall waren die Kläger insgesamt 380 Mal im Jahr zu ihren Wohnungen gefahren. Dies rechtfertigte die Beschränkung der Fahrtkosten auf die Pauschale.

Hinweise: Im Regelfall ändert sich durch dieses Urteil nichts. Wer nur gelegentlich zu seiner Mietimmobilie fährt, um dort Gespräche mit den Mietern oder Mietinteressenten zu führen, Reparaturen zu überwachen oder Zählerstände abzulesen, kann die Fahrten zur Mietimmobilie in Höhe von 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer, d. h. für Hin- und Rückfahrt, absetzen. Nur in Fällen, in denen der Vermieter täglich oder nahezu täglich zur Mietimmobilie fährt, ist eine Beschränkung auf die Entfernungspauschale geboten.

Alle Steuerpflichtigen

Förderung der Elektromobilität

Die Bundesregierung hat am 18. 5. 2016 den Entwurf eines Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr beschlossen.

Im Einzelnen sieht der Gesetzentwurf folgende Änderungen im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer und der Einkommensteuer vor:

  • Die derzeit geltende fünfjährige Steuerbefreiung für Erstzulassungen reiner Elektrofahrzeuge soll rückwirkend zum 1. 1. 2016 in eine zehnjährige Befreiung umgewandelt werden. Darüber hinaus ist eine Ausweitung der zehnjährigen Steuerbefreiung für reine Elektrofahrzeuge auf technisch angemessene, verkehrsrechtlich genehmigte Elektro-Umrüstungen geplant.
  • Steuerbefreit werden vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines privaten Elektrofahrzeugs oder Hybridelektrofahrzeugs des Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers und für die zeitweise zur privaten Nutzung überlassene betriebliche Ladevorrichtung. Ladevorrichtung in diesem Sinne ist die gesamte Ladein-frastruktur einschließlich Zubehör und die in diesem Zusammenhang erbrachten Dienstleistungen (beispielsweise die Installation oder Inbetriebnahme der Ladevorrichtung).
  • Der Arbeitgeber soll zudem die Möglichkeit erhalten, geldwerte Vorteile aus der Übereignung der Ladevorrichtung und Zuschüsse pauschal mit 25 % Lohnsteuer zu besteuern. Die Regelungen sollen befristet für die Zeit vom 1. 1. 2017 bis zum 31. 12. 2020 gelten.
  • Bundestag und Bundesrat müssen dem Gesetz noch zustimmen.

Hinweise: Flankierend hierzu hat die Bundesregierung den Entwurf einer Richtlinie zur Förderung des Absatzes elektrisch betriebener Fahrzeuge zur Kenntnis genommen. Die Richtlinie regelt den Umweltbonus für Elektrofahrzeuge – die sogenannte Kaufprämie.

Vorgesehen ist, einen Betrag von 4.000 € für rein elektrische Fahrzeuge und von 3.000 € für Plug-in-Hybride zu gewähren. Bund und Industrie sollen jeweils die Hälfte des Zuschusses tragen. Zuständig für die Vergabe ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Es wird den Bonus auszahlen. Die Anträge sollen online beim Bafa gestellt werden können. Das Amt vergibt die Förderung solange, bis die Mittel von 600 Millionen € aufgebraucht sind. Das Programm soll spätestens 2019 auslaufen.

Der Starttermin der Kaufprämie ist derzeit offen, die Förderrichtlinie muss noch von der EU-Kommission genehmigt werden. Infos hierzu hat das BAFA auf seiner Homepage veröffentlicht.

Urlaubs-/Weihnachtsgeld und Mindestlohn

Urlaubs- und Weihnachtsgeld können auf den Mindestlohn angerechnet werden. Dies hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) in letzter Instanz entschieden.

Streitfall: Die Klägerin erhielt neben ihrem Monatsgehalt besondere Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld. Kurz vor Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes schloss ihre Arbeitgeberin mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen. Seit Januar 2015 zahlt sie der Klägerin allmonatlich neben dem Bruttogehalt je 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds aus. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit dem Argument, ihr Monatsgehalt und die Jahressonderzahlungen müssten, ebenso wie die vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit, auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns i. H. v. 8,50 € brutto/Stunde geleistet werden. Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht sprach der Klägerin lediglich Nachtarbeitszuschläge i. H. v. 0,80 € brutto zu und wies im Übrigen die Berufung der Klägerin zurück.

Entscheidung: Die Richter des BAG wiesen die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Die Klägerin hat aufgrund des Mindestlohngesetzes keinen Anspruch auf ein erhöhtes Monatsgehalt, erhöhte Jahressonderzahlungen sowie erhöhte Lohnzuschläge.
  • Zwar tritt der gesetzliche Mindestlohn als eigenständiger Anspruch neben die bisherigen Anspruchsgrundlagen. Allerdings verändert er diese nicht.
  • Der Arbeitgeber erfüllt den Lohnanspruch des Arbeitnehmers durch die im arbeitsvertraglichen Austauschverhältnis als Gegenleistung für Arbeit erbrachten Entgeltzahlungen, soweit diese dem Arbeitnehmer endgültig verbleiben.
  • Die Erfüllungswirkung fehlt nur solchen Zahlungen, die der Arbeitgeber ohne Rücksicht auf die tatsächliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erbringt oder die – wie z. B. bei der Nachtarbeit – auf einer besonderen gesetzlichen Regelung beruhen.

Hinweis: Aus dem Urteil folgt nicht, dass eine Anrechnung von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld immer möglich ist. Entscheidend sind die vertraglichen Vereinbarungen. Hieraus muss hervorgehen, dass die Zahlungen als Gegenleistung für die erbrachte Arbeitsleistung entrichtet werden. Wird z. B. Urlaubsgeld ausbezahlt, um die erhöhten Kosten des Urlaubs abzudecken, dürfte eine Anrechnung wohl ausscheiden.

Mandanteninformation 03/2015

Ausgabe Nr. 3/2015 (Mai/Juni)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant, 

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

STEUER / WIRTSCHAFTSRECHT

Unternehmer

Fahrtkosten bei wechselnden Betriebsstätten

Ein Unternehmer kann die Fahrten zwischen seiner Wohnung und ständig wechselnden Betriebsstätten mit den tatsächlichen Kosten absetzen, wenn keine der Betriebsstätten eine besondere zentrale Bedeutung hat. Er ist dann nicht auf den Abzug der Entfernungspauschale beschränkt.

Hintergrund: Unternehmer dürfen für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte eigentlich nur die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer, also für die einfache Strecke, geltend machen.

Streitfall: Eine selbständige Musiklehrerin gab an mehreren Schulen Unterricht. In der Regel fuhr sie zu jeder Schule einmal pro Woche. Außerdem fuhr sie sieben Mal im Jahr zur Musikschule. Ihre Fahrtkosten setzte sie mit 0,30 € pro gefahrenen Kilometer an. Das Finanzamt erkannte nur die Entfernungspauschale (= einfache Strecke) an.

Entscheidung: Dem folgte der Bundesfinanzhof nicht:

  • Zwar können Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur mit der Entfernungspauschale geltend gemacht werden. Bei den einzelnen Schulen handelte es sich auch um Betriebsstätten, weil die Musiklehrerin dort ihre Leistungen erbrachte.
  • Selbständige dürfen jedoch nicht schlechter gestellt werden als Arbeitnehmer. Arbeitnehmer wiederum können die tatsächlichen Kfz-Kosten absetzen, wenn sie an ständig wechselnden auswärtigen Tätigkeitsstätten tätig sind. Dieser Grundsatz muss auch für Selbständige gelten, wenn diese keine zentrale Betriebsstätte haben, sondern an ständig wechselnden Betriebsstätten tätig sind.

Hinweis: Obwohl das Urteil altes Recht betraf, soll es nach Auffassung der Richter auch heute gelten. Sobald jedoch der Selbständige eine zentrale Betriebsstätte hat, sind die Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nur mit der Entfernungspauschale absetzbar.

Abfärbung gewerblicher Einkünfte

Übt eine freiberufliche Personengesellschaft (z. B. OHG, KG, GbR) nur in geringem Umfang auch eine gewerbliche Tätigkeit aus, führt dies nichtzur Gewerbesteuerpflicht der gesamten Einkünfte der Personengesellschaft. Ein geringer Umfang ist anzunehmen, wenn die gewerblichen Umsätze der Personengesellschaft eine Bagatellgrenze von 3 % der Gesamtnettoumsätze und zudem einen Betrag von 24.500 € im Jahr nicht übersteigen.

Hintergrund: Bei freiberuflich oder sonstigen nicht gewerblich tätigen Personengesellschaften kann es zu einer sog. Abfärbung kommen, wenn sie neben der freiberuflichen noch eine gewerbesteuerpflichtige Tätigkeit ausüben. Ihre gesamten Einkünfte unterliegen dann der Gewerbesteuer. In drei Entscheidungen hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun diese Abfärbewirkung eingeschränkt.

Streitfälle: In den drei Fällen ging es jeweils um Personengesellschaften in Gestalt einer GbR, die grundsätzlich freiberufliche Einkünfte erzielten. Hinzu kamen jedoch auch gewerbliche Einkünfte. Klägerin in einem Verfahren war eine Band, die mit ihren Auftritten Nettoumsätze in Höhe von ca. 216.000 € erzielte. Daneben erwirtschaftete sie gewerbliche Einkünfte aus dem Verkauf sog. Merchandising-Artikel i. H. von 5.000 €. Das Finanzamt nahm eine Abfärbung an und behandelte die gesamten Einkünfte als gewerblich.

Entscheidung: Der BFH verneinte eine Abfärbewirkung. Die Musikgruppe erzielte daher freiberufliche Einkünfte i. H. von 216.000 €, die nicht gewerbesteuerpflichtig sind und gewerbliche Einkünfte i. H. von 5.000 €, die zwar grundsätzlich gewerbesteuerpflichtig sind, aber unter dem gewerbesteuerlichen Freibetrag lagen.

  • Zu einer Abfärbewirkung kommt es nicht, wenn die gewerblichen Umsätze nur von untergeordneter Bedeutung sind und mit den freiberuflichen Einkünften nicht inhaltlich verflochten sind. Es wäre unverhältnismäßig, alle Einkünfte als gewerblich zu behandeln, nur weil ein geringer Teil der Umsätze gewerblich ist.
  • Von untergeordneter Bedeutung sind gewerbliche Umsätze dann, wenn sie 3 % der Nettoumsatzerlöse nicht übersteigen und außerdem nicht höher sind als der gewerbesteuerliche Freibetrag (für natürliche Personen und Personengesellschaften: 24.500 €). Im Streitfall beliefen sich die gewerblichen Umsätze auf 2,26 % und lagen damit unter der Bagatellgrenze von 3 %. Außerdem lag der gewerbliche Umsatz unter dem o. g. Freibetrag.

Hinweise: In den beiden anderen Fällen kam es einmal zu einer Klagestattgabe und einmal zur Klageabweisung. Im letzten Fall hatte eine künstlerisch tätige Agentur gewerbliche Umsätze aus der Vermittlung von Druckaufträgen in Höhe von ca. 10.000 € bei einem Gesamtnettoumsatz von ca. 250.000 € erzielt (entspricht 4 %); hier war für den gewerblichen Anteil die Bagatellgrenze überschritten. 

Zu beachten ist, dass die Bagatellgrenze nicht anwendbar ist, wenn an der freiberuflichen Personengesellschaft ein berufsfremder Mitunternehmer beteiligt ist (z. B. Beteiligung eines Kaufmanns an einer Architekten-GbR). Hier erfüllen bereits die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit nicht die Voraussetzungen einer freiberuflichen Tätigkeit – die gesamten Einkünfte der Personengesellschaft sind dann gewerblich. Ebenso wenig greift die Bagatellgrenze, wenn die gewerblichen und die freiberuflichen Einkünfte derart miteinander verflochten sind, dass die eine Tätigkeit nicht ohne die andere ausgeübt werden kann. Bei der Musikgruppe konnten die Auftritte auch ohne den Verkauf der Waren stattfinden, hier war eine Trennung in gewerbliche und freiberufliche Tätigkeit möglich.

Kapitalanleger

Abgeltungsteuer bei Ehegatten-Darlehen

Bei einem Darlehensvertrag unter Eheleuten unterliegen die Zinseinnahmen des darlehensgewährenden Ehegatten nicht dem Abgeltungsteuersatz von 25 %, wenn sein darlehensnehmender Ehegatte von ihm finanziell abhängig ist und die Zinsaufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben absetzen kann. Der Darlehensgeber muss dann seine Zinseinnahmen mit seinem individuellen Steuersatz versteuern.

Hintergrund: Grundsätzlich unterliegen Kapitalerträge dem Abgeltungsteuersatz von 25 %. Dieser Steuersatz ist jedoch ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind und der Darlehensnehmer die von ihm gezahlten Zinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen kann.

Streitfall: Ein Mann gewährte seiner Frau ein Darlehen über rund 280.000 €, das die Frau zur Finanzierung einer vermieteten Immobilie einsetzte. Außer den Vermietungseinkünften hatte sie kein eigenes Einkommen. Ihre Zinsaufwendungen in Höhe von ca. 27.000 € machte sie als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften geltend. Der Ehemann unterwarf seine Zinseinnahmen in gleicher Höhe dem Abgeltungsteuersatz von 25 %, da diese Variante für ihn günstiger war, als die Versteuerung mit seinem individuellen Steuersatz. Das Finanzamt erkannte den Abgeltungsteuersatz nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) ebenfalls nicht:

  • Der Abgeltungsteuersatz von 25 % ist grundsätzlich ausgeschlossen, weil die Eheleute einander nahestehende Personen sind und die Ehefrau die Zinsaufwendungen als Werbungskosten geltend machte.
  • Der Rechtsprechung zufolge reicht allein ein Eheverhältnis für den Ausschluss des Abgeltungsteuersatzes nicht aus. Hinzukommen muss, dass der darlehensnehmende Ehegatte von dem darlehensgewährenden Ehegatten finanziell abhängig ist und damit finanziell beherrscht wird.
  • Dies war vorliegend der Fall; denn ein fremder Dritter, insbesondere eine Bank, hätte der Frau kein Darlehen in dieser Höhe gewährt, da sie über kein eigenes Einkommen verfügte.

Hinweis: Die Anwendung des Abgeltungsteuersatzes bei Darlehen unter Ehegatten hängt damit u. a. von der finanziellen Unabhängigkeit des Darlehensnehmers von seinem darlehensgewährenden Ehegatten ab. Zudem muss der Darlehensvertrag nach Inhalt und Durchführung einem Fremdvergleich standhalten – also dem entsprechen, was fremde Dritte vereinbart hätten. Sind diese Voraussetzungen gegeben, führt der Abgeltungsteuersatz von 25 % zu einer finanziellen Entlastung der Eheleute, wenn das Darlehen vom Darlehensnehmer zur Einkünfteerzielung (z. B. im Bereich der Vermietung) eingesetzt wird: der darlehensgebende Ehegatte kann seine Zinseinnahmen mit 25 % versteuern, der darlehensnehmende Ehegatte seine Zinsaufwendungen in voller Höhe absetzen.

Abgeltungsteuer und Günstigerprüfung

Im Bereich der Kapitaleinkünfte ist der tatsächliche Werbungskostenabzug auch dann ausgeschlossen, wenn die sog. Günstigerprüfung zur Anwendung eines niedrigeren individuellen Steuersatzes anstelle des Abgeltungsteuersatzes von 25 % führt. Abziehbar ist lediglich der Sparer-Pauschbetrag von 801 € bei Alleinstehenden bzw. von 1.602 € bei zusammenveranlagten Ehegatten.

Hintergrund: Seit Einführung der Abgeltungsteuer i. H. von 25 % kann grundsätzlich nur noch der Sparer-Pauschbetrag abgezogen werden. Höhere Werbungskosten werden also nicht mehr berücksichtigt. Steuerpflichtige mit einem niedrigen Einkommen können jedoch eine sog. Günstigerprüfung beantragen. Es wird dann der niedrigere individuelle Steuersatz angewendet. Fraglich ist, ob in diesem Fall nicht doch – über den Sparer-Pauschbetrag hinaus – die tatsächlich entstandenen Werbungskosten abgezogen werden können.

Streitfall: Eine pflegebedürftige Rentnerin erzielte neben ihren Renteneinkünften auch Kapitaleinkünfte in Höhe von ca. 30.000 €. Ihr Kapitalvermögen wurde durch einen Treuhänder verwaltet, der hierfür ein Honorar von ca. 10.000 € erhielt. In ihrer Einkommensteuererklärung beantragte die Rentnerin die Günstigerprüfung und machte zudem das Honorar für den Treuhänder als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt gewährte zwar den niedrigeren individuellen Steuersatz, erkannte aber die Werbungskosten nicht an. Es berücksichtigte lediglich einen Teilbetrag der Kosten als außergewöhnliche Belastung, weil der Treuhänder auch die Betreuung der Rentnerin übernommen hatte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof wies die Klage ab:

  • Auch bei der Günstigerprüfung ist der Werbungskostenabzug ausgeschlossen. Die Günstigerprüfung führt lediglich zur Anwendung eines niedrigeren (individuellen) Steuersatzes anstelle des Abgeltungsteuersatzes, nicht aber zu einer geänderten Ermittlung der Einkünfte. Damit ist sowohl beim Abgeltungsteuersatz als auch beim individuellen Steuersatz im Rahmen der Günstigerprüfung der Werbungskostenabzug ausgeschlossen.
  • Der Ausschluss des Werbungskostenabzugs verfolgt u. a. einen Vereinfachungszweck, der ebenfalls bei Kleinanlegern bei der Günstigerprüfung zu beachten ist. Es war vorliegend verfassungsrechtlich nicht geboten, einen Werbungskostenabzug aufgrund des ungewöhnlichen Falls zuzulassen; denn die Rentnerin hatte trotz ihrer nicht übermäßig hohen Erträge eine ungewöhnlich hohe Treuhandvergütung gezahlt.
Alle Steuerzahler

Entrümpelungskosten als Nachlassverbindlichkeiten?

Die Kosten für die Entrümpelung einer geerbten Immobilie sind keine Nachlassverbindlichkeiten und mindern daher die Erbschaftsteuer nicht. Es handelt sich vielmehr um nicht abziehbare Kosten der Nachlassverwaltung.

Hintergrund: Die Höhe der Erbschaftsteuer hängt u. a. vom Wert des Erbes ab. Hiervon sind sog. Nachlassverbindlichkeiten abzuziehen, d. h. Kosten, die dem Erben unmittelbar im Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erbes entstehen. Nicht zu den abziehbaren Nachlassverbindlichkeiten gehören nach dem Gesetz die Kosten der Nachlassverwaltung.

Streitfall: Der Kläger erbte im Mai 2012 eine Immobilie, die völlig vermüllt war. Er ließ das Grundstück entrümpeln und zahlte hierfür rund 17.000 €. Diese Kosten machte er in seiner Erbschaftsteuererklärung als Nachlassverbindlichkeiten geltend. Im September 2013 verkaufte er die Immobilie.

Entscheidung: Das Finanzgericht Baden-Württemberg erkannte die Entrümpelungskosten nicht als Nachlassverbindlichkeiten an und wies die Klage ab:

  • Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören nicht die Kosten der Verwaltung des Nachlasses. Sobald der Erbe die rechtliche Herrschaft über den Nachlass erlangt hat und der Wert des Nachlasses weder gegenüber etwaigen Miterben noch gegenüber dem Finanzamt streitig ist, wird es sich in der Regel nur noch um Verwaltungskosten handeln.
  • Im Streitfall lagen nicht abziehbare Verwaltungskosten vor. Denn der vermüllte Zustand des Grundstücks hinderte den Kläger nicht, sein Erbe anzutreten. Die Entrümpelung war vielmehr erforderlich, um das Grundstück möglichst gewinnbringend zu verkaufen.

Hinweise: Zu den Nachlassverbindlichkeiten gehören u. a. die Kosten der Nachlassabwicklung wie die Kosten der Eröffnung des Testaments, der Erteilung des Erbscheins, der Feststellung des Umfangs und des Wertes des Nachlasses, die für die Umschreibung des Grundbuchs anfallenden Kosten sowie die Kosten der Testamentsvollstreckung. Ebenfalls abziehbar sind die Kosten zur Erlangung des Nachlasses wie z. B. Prozess- und Beratungskosten in einem Rechtsstreit gegen einen Miterben, der einen höheren Anteil am Nachlass geltend macht. Die Erbschaftsteuer selbst ist übrigens nicht abziehbar.

Arbeitszimmer eines Pensionärs

Ein Pensionär, der selbständig tätig ist, kann die Kosten für ein Arbeitszimmer im Keller seines Einfamilienhauses absetzen, wenn er das Zimmer für seine selbständige Tätigkeit nutzt. Das Arbeitszimmer stellt dann den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit dar. Bei der Berechnung des abziehbaren Anteils der Kosten bleibt die Fläche der übrigen Kellerräume, die nicht als Arbeitszimmer genutzt werden, außer Ansatz.

Hintergrund: Die Kosten für ein Arbeitszimmer sind in voller Höhe abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Tätigkeit darstellt. Ein beschränkter Abzug bis maximal 1.250 € ist möglich, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In allen anderen Fällen sind die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer nicht absetzbar.

Streitfall: Der Kläger bezog als Pensionär Versorgungsbezüge und war daneben als Gutachter selbständig tätig. Außerdem erzielte er zusammen mit seiner Ehefrau Einkünfte aus der Vermietung einer Wohnung. Für seine Gutachtertätigkeit nutzte er ein 27 qm großes Arbeitszimmer im Keller; die restliche Fläche des Kellers betrug 82 qm. Die Wohnfläche im Erdgeschoss seines eingeschossigen Einfamilienhauses betrug 136 qm. Der Kläger machte die auf das Arbeitszimmer im Keller entfallenden Gebäudekosten als Betriebsausgaben seiner Gutachtertätigkeit geltend. Das Finanzamt erkannte lediglich 1.250 € an, da das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers gebildet habe.

Entscheidung: Der BFH gab der Klage statt:

  • Bei dem Kellerraum handelt es sich um ein häusliches Arbeitszimmer. Denn auch Kellerräume gelten als Arbeitszimmer, wenn sie – wie im Streitfall – mit den eigentlichen Wohnräumen räumlich verbunden sind. 
  • Das häusliche Arbeitszimmer bildet auch den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit des Klägers. Insbesondere waren seine Versorgungsbezüge nicht in die vorzunehmende Gesamtbetrachtung der einzelnen betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten einzubeziehen. Denn die Versorgungsbezüge erhielt er aufgrund seiner früheren Tätigkeit als Arbeitnehmer, während er im Streitjahr keine Gegenleistung mehr für seinen früheren Arbeitgeber erbrachte. Die Tätigkeit als Vermieter war hingegen gegenüber der Tätigkeit als Gutachter geringfügig und blieb deshalb unberücksichtigt.
  • Bei der Ermittlung des Flächenanteils des Arbeitszimmers war die Fläche des Arbeitszimmers (27 qm) ins Verhältnis zu setzen zur Wohnfläche im Erdgeschoss (136 qm) zuzüglich der Fläche des Arbeitszimmers (27 qm). Dies führte zu einem steuerlich anzuerkennenden Anteil von 16,6 % (27qm im Verhältnis zu insgesamt 163 qm). Die übrigen Kellerräume waren nicht in die Berechnung einzubeziehen, weil es sich hierbei nicht um Wohn-, sondern um Nebenräume handelte.

Hinweis: Der BFH macht deutlich, dass es für die Bestimmung des Mittelpunkts der Tätigkeit nicht auf die Einkünfte ankommt, sondern auf die tatsächliche Betätigung. Deshalb bleiben Pensionsbezüge ebenso wie Rentenbezüge unberücksichtigt, weil der Steuerpflichtige insoweit nicht mehr tätig werden muss.

Klauseln bei Schönheitsreparaturen

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich in drei Entscheidungen mit der Wirksamkeit formularmäßiger Renovierungs- und Abgeltungsklauseln beschäftigt und seine bisherige Rechtsprechung geändert. Zum einen hat der BGH formularmäßige Quotenabgeltungsklauseln gekippt. Zum anderen halten die Richter die formularmäßige Übertragung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter dann für unwirksam, wenn die Wohnung unrenoviert übergeben wurde.

Hintergrund: Durch Renovierungsklauseln wird die (grundsätzlich dem Vermieter obliegende) Pflicht zur Vornahme der Schönheitsreparaturen auf den Mieter abgewälzt. (Quoten-)Abgeltungsklauseln erlegen dem Mieter die Pflicht zur anteiligen Tragung von Kosten der Schönheitsreparaturen für den Fall auf, dass die Wohnung am Ende des Mietverhältnisses Abnutzungs- oder Gebrauchsspuren aufweist, die Schönheitsreparaturen aber nach dem in der Renovierungsklausel festgelegten Fristenplan noch nicht fällig sind.

Im ersten Streitfall hatte der Vermieter den Mieter wegen unterlassener Schönheitsreparaturen auf Schadensersatz verklagt. Der BGH wies die Klage ab: Die formularmäßige Abwälzung der Reparaturen auf die Mieter ist unwirksam, denn nach den Feststellungen des Gerichts waren bei Mietbeginn Streicharbeiten erforderlich, sodass die Mieter eine unrenovierte Wohnung übernommen hatten. Der ihnen gewährte Nachlass von einer halben Monatsmiete stellte keinen angemessenen Ausgleich dar.

Im zweiten Streitfall wies der BGH die Sache an die Vor­instanz zurück: Hier muss der Mieter nun nachweisen, ob die Wohnung zu Vertragsbeginn unrenoviert übergeben worden und die Abwälzung der Schönheitsreparaturen deshalb unwirksam ist. Es kommt darauf an, ob etwaige Gebrauchsspuren so erheblich sind, dass die Räume den Gesamteindruck einer unrenovierten Wohnung vermitteln. Zusätzlich hat der Senat entschieden, dass ein – von der klagenden Vermieterin hilfsweise geltend gemachter – Anspruch auf anteilige Kostentragung nach einer Quotenabgeltungsklausel nicht besteht.Im dritten Streitfall hat der BGH eine Schadensersatzpflicht des Mieters wegen unterlassener Schönheitsreparaturen ebenso verneint; denn die dortige Formularklausel stellte z. T. auf starre Fristen ab und war deshalb insgesamt unwirksam. Auf die Frage, ob die Wohnung bei Vertragsbeginn renoviert übergeben worden war, kam es nicht an.

17.12.2014 Erbschaftsteuer ist verfassungswidrig

Mit Urteil vom 17.12.2014 (Aktenzeichen 1 BvL 21/12) hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer? und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) für verfassungswidrig erklärt. Die Vorschriften sind zunächst weiter anwendbar; der Gesetzgeber muss bis 30. Juni 2016 eine Neuregelung treffen. Zwar liegt es im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen. Die Privilegierung betrieblichen Vermögens ist jedoch unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Ebenfalls unverhältnismäßig sind die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 %. §§ 13a und 13b ErbStG sind auch insoweit verfassungswidrig, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen. Die genannten Verfassungsverstöße haben zur Folge, dass die vorgelegten Regelungen insgesamt mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind. Die Entscheidung ist im Ergebnis und in der Begründung einstimmig ergangen; davon unberührt bleibt das von den Richtern Gaier und Masing sowie der Richterin Baer abgegebene Sondervotum.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 116/2014 vom 17. Dezember 2014

08.12.2014 Sind Berufsausbildungskosten doch als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig?

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat diese Frage für die erstmalig entstandenen Ausbildungskosten eines Piloten im Gegensatz zum Finanzgericht Münster negativ entschieden.

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat die Revision ebenso wie das Finanzgericht Münster zugelassen.

Hintergrund ist, dass nach Rechtsauffassung des Fiskus und somit auch des Finanzamts die Kosten der Erstausbildung keine Werbungskosten darstellen sollen, sondern nur eingeschränkt abziehbare und nicht in die Zukunft vortragsfähige Sonderausgaben. Problematisch ist dies insbesondere bei Piloten, deren Ausbildung gewöhnlich sehr teuer ist. Diese Kosten können in der Anfangszeit meistens steuerlich gar nicht verrechnet werden, da kein Einkommen erzielt wird. Folgt man der Auffassung des Gesetzgebers führen gerade solche Ausbildungskosten de facto nicht zu einer Steuerminderung. Das spätere Gehalt des Piloten wird aber gleichwohl in voller Höhe versteuert.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 04.09.2013, 2 K 159/11, Revision eingelegt; Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof: VI R 72/13

Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.08.2014, 14 K 4281/11-F, Revision eingelegt; Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof: VI R 50/14

23.10.2014 Mini-One-Stop-Shop (MOSS) bzw. kleine einzige Anlaufstelle (KEA)

Für Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernseh- sowie auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer im Ausland gelten ab 01.01.2015 neue Regelungen. Die organisatorischen Vorbereitungen hierfür müssen zeitnah abgeschlossen werden.

Seit 01.07.2003 gilt diese Regelung bereits für im Drittland ansässige Unternehmen für auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer im Gemeinschaftsgebiet (Europäische Union).

Ab dem 01.01.2015 wird diese Regelung nun auf inländische Unternehmen ausgeweitet. Als Folge müssen bspw. auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen eines deutschen Unternehmens an einen Privatkunden in den Niederlanden (mit dem dort geltenden Umsatzsteuersatz) besteuert werden. Normalerweise müsste sich der deutsche Unternehmer nun für Umsatzsteuerzwecke in den Niederlanden registrieren lassen und dort (auch) Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuererklärungen abgeben.

Um dieses Verfahren zu vereinfachen wird eine Anlaufstelle im Inland (sog. Mini-One-Stop-Shop [MOSS]) angeboten. Die im anderen EU-Land steuerpflichtigen Leistungen werden zentral dorthin gemeldet. Diese Erklärung ist bis zum 20. Tag nach Quartalsende zu übermitteln. Es handelt sich hierbei um ein freiwilliges Besteuerungsverfahren; d.h. dem Unternehmer steht es frei, sich im Ausland umsatzsteuerlich registrieren zu lassen oder den Mini-One-Stop-Shop zu nutzen.

In Anbetracht der gesetzlichen Änderungen ist zu prüfen, ob ein Unternehmen solche Dienstleistungen an Privatpersonen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten erbringt. Zukünftig müssen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt der Kunden bekannt sein.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Fakturiersoftware anzupassen und die Umsatzsteuersätze der EU-Mitgliedsstaaten einzupflegen.

Das Bundeszentralamt für Steuern hat einen zum Mini-One-Stop-Shop zusammengestellt.

20.10.2014 Umsatzsteuer: PKW-Nutzung durch einen Unternehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 5. Juni 2014 (XI R 36/12) entschieden, dass die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht für Zwecke erfolgt, die außerhalb des Unternehmens liegen, und mithin nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist.

Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt „die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen“.

Der Kläger betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Sitz am Wohnsitz des Klägers in A lag und deren Niederlassung (Produktionsstätte) sich in einem anderen Ort (B) befand. Zwischen dem Kläger (als Organträger) und der GmbH (als Organgesellschaft) bestand eine umsatzsteuerrechtlicheOrganschaft. Der Kläger hatte Anspruch auf Benutzung eines der GmbH gehörenden PKW auch für private Zwecke. Die GmbH nutzte im Wohnhaus des Klägers in A einen Kellerraum aufgrund vertraglicher Gestattung zur Unterbringung eines Serverschrankes.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH vertrat das Finanzamt (FA) die Auffassung, bei dem beruflich genutzten Kellerraum handele es sich um ein häusliches Arbeitszimmer des Klägers, sodass nicht wie vom Kläger angenommen Dienstreisen zwischen A und B, sondern vielmehr Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben seien. Das FA erfasste dementsprechend beim Kläger einen lohnsteuerpflichtigengeldwerten Vorteil. Ferner unterwarf das FA was streitig war die Fahrten des Klägers zwischen seinem Wohnsitz in A und der GmbH-Niederlassung in B als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Dem folgte der BFH dagegen nicht. Auf die Revision des Klägers hin hob er die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Während ein Arbeitnehmer (arbeitsrechtlich) verpflichtet sei, während der vereinbarten Zeit an der Arbeitsstätte zu sein, sodass es grundsätzlich keinen unternehmerischen (betrieblichen) Grund gebe, den Arbeitnehmer vom Wohnort zum Unternehmen (Betrieb) und zurück zu befördern, gelte dies bei entsprechenden Fahrten des Unternehmers nicht. Anders als ein Arbeitnehmer suche ein Unternehmer wie im Streitfall der Kläger als Organträger der GmbH seinen Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Seine Fahrten zwischen Wohnort und Unternehmen (Betrieb) dienten der Ausführung von Umsätzen. Angesichts des klaren Überwiegens der unternehmerischen Verwendung sei es unbeachtlich, dass die Heimfahrten auch privaten Charakter hätten.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 69/2014 des Bundesfinanzhofs vom 15.10.2014 zu dem BFH-Urteil vom 05.06.14 (XI R 36/12)

20.10.2014 Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften nach Systemwechsel zur Abgeltungsteuer

Nach Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) können Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die auf Zeiträume nach der Veräußerung der Beteiligung entfallen, ab dem Jahr 2009 nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.

Der Kläger hatte eine größere GmbH-Beteiligung im September 2001 mit Verlust veräußert und in diesem Zusammenhang auf die Rückzahlung eines kreditfinanziertenGesellschafterdarlehens verzichten müssen. Nachdem er für die Jahre 2005 bis 2008 die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) als nachträgliche Werbungskosten bei Ermittlung seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen hatte, versagte das Finanzamt (FA) den Werbungskostenabzug für das Jahr 2009.

Der BFH hat die Rechtsauffassung des FA bestätigt. Mit Einführung der Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge hat der Gesetzgeber in § 20 Abs. 9 EStG ab dem Jahr 2009 den Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten ausgeschlossen. Das Gesetz gestattet nur noch den Abzug des Sparer-Pauschbetrags von 801 €. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nach Auffassung des VIII. Senats des BFH nicht. Mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 € habe der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich grundsätzlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern niedriger Kapitaleinkünfte sowie mit der Senkung des Steuertarifs von bis zu 45 % auf nunmehr 25 % zugleich eine verfassungsrechtlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte vorgenommen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 68/2014 des Bundesfinanzhofs vom 15.10.2014 zu dem BFH-Urteil vom 01.07.14 (VIII R 53/12)

22.09.2014 Anschaffungskosten für ein Grundstück sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juli 2014 entschieden, dass Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Im Streitfall leidet die verheiratete Klägerin unter Multipler Sklerose und ist gehbehindert (Grad der Behinderung 80). Deshalb errichteten sie und ihr Ehemann nach einer fachkundigen Beratung einen behindertengerecht gestalteten eingeschossigen Bungalow. Dieser weist gegenüber einem Bungalow, der ohne Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin hätte gebaut werden können, eine um 45,5 qm größere Grundfläche auf. Die Mehrkosten für den Erwerb des entsprechenden größeren Grundstücks in Höhe von 13.195,29 € machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung vergeblich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG geltend. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht dagegen statt.

Auf die Revision des Finanzamts hat der VI. Senat des BFH die Vorentscheidung nun aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds sind zwar in der Regel aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt insbesondere auch für behinderungsbedingte Mehrkosten eines Um- oder Neubaus. Denn eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht. Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück zählen nach Auffassung des BFH hierzu jedoch nicht. Ihnen fehlt es an der für den Abzug als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 2 EStG erforderlichen Zwangsläufigkeit. Anders als Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, wie beispielsweise der Einbau einer barrierefreien Dusche oder eines Treppenlifts, sind diese Mehrkosten nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge der frei gewählten Wohnungsgröße (Wohnflächenbedarf) des Steuerpflichtigen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 64/2014 des Bundesfinanzhofs vom 17.09.2014 zu dem BFH-Urteil vom 17.07.14 (VI R 42/13)

25.08.2014 Abgeltungsteuersatz bei Darlehen zwischen Angehörigen

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit drei Urteilen jeweils vom 29. April 2014 VIII R 9/13, VIII R 44/13 und VIII R 35/13 entschieden, dass die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 25 % (sog. Abgeltungsteuersatz) nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen ist, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 der Abgabenordnung sind.

In dem Verfahren VIII R 9/13 gewährten die verheirateten Kläger ihrem Sohn und ihren Enkeln, in dem Verfahren VIII R 44/13 gewährte der Kläger seiner Ehefrau und seinen Kindern fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung von fremd vermieteten Immobilien durch die Darlehensnehmer. Im Streitfall VIII R 35/13 stundete die Klägerin ihrem Bruder den Kaufpreis für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Der Kaufpreis war ab dem Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft zu verzinsen. Die jeweiligen Finanzämter besteuerten die Kapitalerträge mit der tariflichen Einkommensteuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sei nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ seien. Die jeweiligen Finanzgerichte (FG) hatten sich dieser Auffassung angeschlossen und die Klagen abgewiesen.

Der BFH hat die FG-Urteile aufgehoben und entschieden, dass die Kapitalerträge der Darlehensgeber gemäß § 32d Abs. 1 EStG nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz besteuert werden. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ sind. Der gesetzliche Tatbestand ist nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein solches Näheverhältnis nur dann vorliegt, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen besteht. Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Eine enge Auslegung des Ausschlusstatbestandes ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Hält der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich stand, kann nicht bereits aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder einer Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung auf eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Abgeltungsteuersatzes geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles ein Gesamtbelastungsvorteil entsteht, da Ehe und Familie bei der Einkünfteermittlung keine Vermögensgemeinschaft begründen.

Siehe auch Urteile des VIII. Senats vom 29. April 2014 VIII R 23/13 und vom 14. Mai 2014 VIII R 31/11

Quelle: Pressemitteilung Nr. 59/2014 des Bundesfinanzhofes vom 20. August 2014 zu drei Urteilen des BFH vom 29.04.2014 (Urteil des VIII. Senats vom 29.4.2014 – VIII R 44/13 -, Urteil des VIII. Senats vom 29.4.2014 – VIII R 9/13 -, Urteil des VIII. Senats vom 29.4.2014 -VIII R 35/13 -, Urteil des VIII. Senats vom 14.5.2014 – VIII R 31/11 -, Urteil des VIII. Senats vom 29.4.2014 – VIII R 23/13 -, siehe auch ferner Pressemitteilung Nr. 61/14 vom 20.8.2014, Pressemitteilung Nr. 60/14 vom 20.8.2014)

04.08.2014 Kein Splittingtarif für nicht eingetragene Lebenspartner

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 26. Juni 2014 III R 14/05 entschieden, dass die Partner einer Lebensgemeinschaft für Jahre, in denen das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) noch nicht in Kraft war, das steuerliche Splittingverfahren nicht beanspruchen können.

Der Kläger lebt seit 1997 mit seinem Partner, dem er vertraglich zum Unterhalt verpflichtet war, in einer Lebensgemeinschaft. Er beantragte beim Finanzamt und später beim Finanzgericht vergeblich, für das Jahr 2000 zusammen mit seinem Partner zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Das anschließende Revisionsverfahren beim BFH war bis zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Mai 2013 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07, durch den die einkommensteuerliche Ungleichbehandlung von Ehegatten und von eingetragenen Lebenspartnern für verfassungswidrig erklärt wurde, ausgesetzt. Der Kläger hielt auch nach Ergehen des BVerfG-Beschlusses an seiner Revision fest, obwohl im Jahr 2000, für das er die Zusammenveranlagung begehrte, die Möglichkeit zur Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem LPartG noch gar nicht bestanden hatte.

Der BFH wies die Revision zurück. Er entschied, dass für das Jahr 2000 nur Ehegatten den Splittingtarif in Anspruch nehmen konnten. Auch aus § 2 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der nunmehr rückwirkend die Gleichstellung von Ehegatten und Lebenspartnern regelt, ergibt sich kein Anspruch auf Zusammenveranlagung. Zwar spricht das Gesetz lediglich von „Lebenspartnern“ und nicht etwa von „Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft“. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Einfügung des § 2 Abs. 8 EStG eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Entscheidung des BVerfG zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften war. Für das BVerfG war ausschlaggebend, dass wegen des Inkrafttretens des LPartG zum 1. August 2001 und der damit für gleichgeschlechtlich veranlagte Menschen bestehenden Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen, derartige Partnerschaften sich herkömmlichen Ehen so sehr angenähert hätten, dass eine steuerliche Ungleichbehandlung nicht mehr zu rechtfertigen sei. Außerhalb der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft besteht somit auch nach Ansicht des BVerfG kein Anspruch auf Zusammenveranlagung. Deshalb kann z.B. ein nicht verheiratetes, verschiedengeschlechtliches Paar auch dann nicht die Zusammenveranlagung beanspruchen, wenn die Partner einander vertraglich zu Unterhalt und Beistand verpflichtet sind.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 54/2014 des Bundesfinanzhofs vom 30.07.2014 zu dem BFH-Urteil vom 26.06.14 (III R 14/05)