13.01.2010 Rentenversicherungsbeiträge nur eingeschränkt absetzbar

In drei Entscheidungen vom 18.11.2009 (Az. X R 34/07 und X R 6/08) und 09.12.2009 (Az. X R 28/07) bejaht der Bundesfinanzhof die Verfassungsmäßigkeit der beschränkten Abziehbarkeit von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung, von sonstigen Vorsorgeaufwendungen sowie die Verfassungsmäßigkeit des Grundfreibetrags 2005.

1. Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung

In den vorstehend genannten Urteilen sowie zwei weiteren, nicht zur amtlichen Veröffentlichung bestimmten, Entscheidungen hält der Bundesfinanzhof (BFH) an seiner bereits im Beschluss vom 1. Februar 2006 X R 166/05 vertretenen Auffassung fest, dass im Anwendungsbereich des Alterseinkünftegesetzes ab dem 1. Januar 2005 geleistete Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen und andere Altersvorsorgeaufwendungen lediglich in beschränktem Umfang als Sonderausgaben abgezogen werden können.

Im Alterseinkünftegesetz beurteilt der Gesetzgeber auf Altersvorsorgeaufwendungen beruhende Renteneinnahmen ab dem Jahr 2005 abweichend von der bis dahin geltenden Rechtslage als steuerbare Einnahmen. Die Altersvorsorgeaufwendungen sind nach Auffassung des BFH begrifflich daher im Wesentlichen Erwerbsaufwendungen; der Gesetzgeber habe diese Aufwendungen aber durch eine gesetzliche Sonderregelung dem Sonderausgabenabzug zugeordnet („Doppelnatur“ der Altersvorsorgeaufwendungen).

Der BFH hält dies für verfassungsgemäß. Ab dem Jahr 2025 seien solche Aufwendungen von Sonderfällen abgesehen in vollem Umfang als Sonderausgaben steuerwirksam zu berücksichtigen. Auch die bis dahin geltende Übergangsregelung sei nicht zu beanstanden. Nach dieser seien zwar im Jahr 2005 nur 60 % der Altersvorsorgeaufwendungen anzusetzen, wobei dieser Prozentsatz jährlich um 2 % bis auf 100 % ansteige. Diese gesetzliche Neuregelung sei hinnehmbar, weil in jedem Einzelfall gewährleistet werden müsse, dass Renteneinnahmen, die auf bereits versteuertem Einkommen beruhen, nicht erneut der Besteuerung unterworfen werden dürfen. Ob eine unzulässige Doppelbesteuerung vorliege, werde aber erst in den Jahren geprüft, in denen die Renteneinnahmen zuflössen.

2. Sonstige Vorsorgeaufwendungen

In dem Urteil vom 18. November 2009 X R 6/08 hat der BFH auch über die Verfassungsmäßigkeit der Regelung über die Abziehbarkeit von sonstigen Vorsorgeaufwendungen entschieden.

Zu den sonstigen Vorsorgeaufwendungen gehören Beiträge zu Arbeitslosenversicherungen, zu bestimmten Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, zu Kranken-, Pflege-, Unfall- und Haftpflichtversicherungen sowie bestimmte Risikolebensversicherungen und vor dem Jahr 2005 abgeschlossene private Renten- und Lebensversicherungen. Solche Beiträge können (vorbehaltlich der sogenannten Günstigerprüfung gem. § 10 Abs. 4a EStG) jährlich mit insgesamt höchstens 2.400 €, in bestimmten Fällen nur bis zu 1.500 € abgezogen werden.

Nach Auffassung des BFH hat der Gesetzgeber in sachgerechter Weise danach differenziert, ob ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für seinen Krankenversicherungsschutz in vollem Umfang allein tragen muss oder ob sich dessen Arbeitgeber hieran durch Beitragszahlungen oder durch Beihilfen im Krankheitsfall beteiligt.

Eine weitergehende steuerliche Freistellung gebiete auch nicht die Steuerfreiheit des Existenzminimums. Nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 13. Februar 2008 2 BvL 1/06 (BVerfGE 120, 125) sei die unzureichende steuerliche Berücksichtigung dieser Aufwendungen bis zum 31. Dezember 2009 hinzunehmen. Die Aufwendungen für die übrigen in § 10 Abs. 1 Nr. 3 EStG genannten Versicherungsbeiträge berührten nicht die Steuerfreiheit des Existenzminimums. Dies gelte nach Auffassung des BFH auch für die zwangsweise zu leistenden Beiträge zur Arbeitslosenversicherung; sie dienten nicht der Existenzsicherung, sondern der Erlangung einer Lohnersatzleistung.

3. Grundfreibetrag

In dem Urteil vom 18. November 2008 X R 34/07 hatte der BFH zusätzlich über die Verfassungsmäßigkeit des im Jahr 2005 im Fall der Zusammenveranlagung zu berücksichtigenden Grundfreibetrags zu entscheiden.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darf das Existenzminimum nicht der Einkommensbesteuerung unterworfen werden. Dies wird durch den Grundfreibetrag berücksichtigt. Messgröße hierfür ist das staatlich garantierte Sozialhilfeniveau. Hierzu legt die Bundesregierung alle zwei Jahre einen Bericht über das Existenzminimum vor. Das sächliche Existenzminimum beträgt danach bei Ehegatten im Jahr 2005 12.240 €.

Nach Auffassung des BFH ist diese Berechnung nicht zu beanstanden. Dass der Grundfreibetrag für zusammen zu veranlagende Ehegatten im Jahr 2005 den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, ergebe sich auch daraus, dass der für Ehegatten im Jahr 2005 geltende Grundfreibetrag von 15.329 € erheblich höher sei als das von der Bundesregierung ermittelte sächliche Existenzminimum.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 3 des BFH vom 13. Januar 2010

23.12.2009 Behinderungsbedingte Umbaumaßnahmen als außergewöhnliche Belastungen

Mit Urteil vom 22. Oktober 2009 VI R 7/09 ließ der Bundesfinanzhof (BFH) Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für den behindertengerechten Umbau seines Wohnhauses zum Abzug als außergewöhnliche Belastungen zu. Ein durch die Aufwendungen etwa erlangter Gegenwert blieb dabei außer Betracht.

Nach § 33 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen. zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen. Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH ist diese Steuerermäßigung allerdings ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige durch seine Aufwendungen einen Gegenwert erhält.

Im Streitfall wurde der verheiratete Steuerpflichtige durch einen Schlaganfall im Jahre 1999 schwer behindert. Um ihm trotz seiner außergewöhnlich starken Gehbehinderung weiterhin ein Leben in seiner gewohnten Umgebung zu ermöglichen und ihm den Aufenthalt in einem Pflegeheim zu ersparen, nahmen die Ehegatten im Streitjahr (2000) verschiedene Umbaumaßnahmen an ihrem Einfamilienhaus vor. Die von der Krankenkasse nicht bezuschussten Kosten für den Bau einer Rollstuhlrampe, die Einrichtung eines behindertengerechten Bades sowie die Umwandlung des ebenerdigen Arbeitszimmers in einen Schlafraum, machten die Ehegatten in Höhe von ca. 140.000 DM in ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr als außergewöhnliche Belastung geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab, gewährte jedoch den Behinderten-Pauschbetrag in Höhe von 7.200 DM und den Pflege-Pauschbetrag von 1.800 DM. Die dagegen gerichtete Klage der Erben des inzwischen verstorbenen Steuerpflichtigen wurde mit der Begründung zurückgewiesen, es fehle an einer Belastung der Kläger, weil sie für ihre Aufwendungen einen Gegenwert erlangt hätten.

Mit Urteil vom 1. Oktober 2009 VI R 7/09 entschied der BFH nun, dass die Aufwendungen für den behindertengerechten Umbau des Hauses als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sind, weil sie so stark unter dem Gebot der sich aus der Situation ergebenden Zwangsläufigkeit stehen, dass auch die etwaige Erlangung eines Gegenwertes in Anbetracht der Gesamtumstände des Einzelfalles in den Hintergrund tritt.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 109 des BFH vom 23. Dezember 2009

27.11.2009 Solidaritätszuschlag doch verfassungswidrig?

Erinnern Sie sich noch an das Jahr 2006 bzw. das Jahr 2008?

Klageverfahren gegen den Solidaritätszuschlag sind nicht neu. Im Jahr 2006 hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 28.06.2006 (Az. VII B 324/05) bestätigt, dass der Solidaritätszuschlag für den Veranlagungszeitraum 2002 verfassungsgemäß ist. Gegen diese Entscheidung wurde Verfassungsbeschwerde eingelegt. Das Bundesverfassungsgericht hat aber diese Entscheidung mit Beschluss vom 11.02.2008 (Az. 2 BvR 1708/06) nicht zur Entscheidung angenommen und damit faktisch die Verfassungsmäßigkeit des Solidaritätszuschlages bestätigt.

Während beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen II R 50/09 noch ein Verfahren gegen den Solidaritätszuschlag anhängig ist, entschied das Niedersächsische Finanzgericht im Klageverfahren 7 K 143/08 nunmehr, dass es den Solidaritätszuschlag ab dem Jahr 2007 für verfassungswidrig hält. Die Richter legen das Verfahren nun dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vor.

Fakt ist, dass die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag fest in den Bundeshaushalt einkalkuliert sind. Sollte das Bundesverfassungsgericht feststellen, dass der Zuschlag nicht (mehr) mit dem Grundgesetz vereinbar ist, wird es wahrscheinlich den Gesetzgeber zu einer Neuregelung für die Zukunft verpflichten (so auch hinsichtlich der Absetzbarkeit von Krankenversicherungsbeiträgen entschieden; Neuregelung durch das Bürgerentlastungsgesetz ab dem 1. Januar 2010).

Dennoch sollten noch anfechtbare Steuerbescheide mit einem Einspruch offengehalten werden. Die Voraussetzungen für ein sogenanntes Ruhen des Verfahrens liegen wegen der Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nunmehr vor.

21.10.2009 An- und Verkauf von Wertpapieren am selben Tag grundsätzlich kein Gestaltungsmißbrauch

Werden Wertpapiere, die innerhalb der Jahresfrist des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit Verlust veräußert werden, am selben Tage in gleicher Art und Anzahl, aber zu unterschiedlichem Kurs wieder gekauft, so liegt hierin kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 der Abgabenordnung.

So entschied der Bundesfinanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 25. August 2009 IX R 60/07 in einem Fall, in dem die Kläger börsennotierte Aktien von zwei Kapitalgesellschaften jeweils innerhalb der Jahresfrist mit Verlust veräußerten und am selben Tag Aktien dieser Gesellschaften in gleicher Art und Anzahl, allerdings zu einem unterschiedlichen Preis wieder erwarben. Das Finanzamt erkannte die Verluste aus dem Verkauf wegen Gestaltungsmissbrauchs nicht an. Dies sahen Finanzgericht und BFH anders.

Wenn es dem Zweck des § 23 EStG entspricht, realisierte Wertänderungen in Gestalt von Veräußerungsgewinnen aus verhältnismäßig kurzfristigen Wertdurchgängen eines Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der Einkommensteuer zu unterwerfen, stellt es keinen Gestaltungsmissbrauch dar, wenn der Steuerpflichtige gleichartige Wertpapiere kurz nach deren Veräußerung zu unterschiedlichen Preisen wieder erwirbt. Angesichts der Schwankungsbreite börsennotierter Wertpapiere und des daraus resultierenden Kursrisikos bewegt er sich insoweit im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben. Es steht in seinem Belieben, ob, wann und mit welchem Risiko er von ihm gehaltene Wertpapiere ankauft, verkauft und danach wieder ankauft. Bei dem Verkauf von Wertpapieren und dem anschließenden Wiederkauf gleichartiger Wertpapiere zu unterschiedlichen Ankaufs- und Verkaufspreisen handelt es sich um eigenständige und damit auch separat zu beurteilende Vorgänge.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 97 des BFH vom 21. Oktober 2009

06.10.2009 Arbeitszimmer – Bundesfinanzministerium reagiert auf BFH-Beschluss

In den Medien wurde das aktuelle Schreiben des Bundesfinanzministeriums teilweise mit der Meldung „Steuerpflichtige können ab sofort ihr Arbeitszimmer wieder absetzen“ interpretiert. Das ist jedoch fasch.

Mit Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das ab 2007 geltende Verbot, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abzuziehen, wenn das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist (siehe aktuelle Meldung vom 02.10.2009).

Der Beschluss des BFH betrifft jedoch ein Verfahren hinsichtlich der Eintragung eines Freibetrags auf der Lohnsteuerkarte.

Auf Grund dieses BFH-Beschlusses ordnet das Bundesfinanzministerium durch BMF-Schreiben vom 6. Oktober 2009 nunmehr an, die Kosten eines Arbeitszimmers in Höhe von maximal EUR 1.250 sowohl beim Freibetrag auf der Lohnsteuerkarte als auch bei der Festsetzung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen zu berücksichtigen.

Besonders wichtig: Diese Berücksichtigung der Kosten für ein Arbeitszimmer ist solange nicht endgültig, bis der Bundesfinanzhof (oder voraussichtlich letztinstanzlich das Bundesverfassungsgericht) im Hauptsacheverfahren entschieden hat.

Anträge auf Lohnsteuerermäßigung können für das Jahr 2009 (!) noch bis zum 30.11.2009 gestellt werden.

02.10.2009 Arbeitszimmer – Bundesfinanzhof hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit

Mit Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09 hat der Bundesfinanzhof (BFH) ernstliche Zweifel daran geäußert, ob das ab 2007 geltende Verbot, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten abzuziehen, wenn das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, verfassungsgemäß ist. Im entschiedenen Fall ging es um Arbeitszimmer von Lehrern, denen kein anderer Arbeitsplatz als das häusliche Arbeitszimmer zur Verfügung steht.

Seit dem Veranlagungszeitraum 2007 sind Aufwendungen für ein beruflich/betrieblich genutztes häusliches Arbeitszimmer nur noch steuerlich abzugsfähig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung des Steuerpflichtigen bildet (§ 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b des Einkommensteuergesetzes –EStG–). Arbeitszimmerkosten von Lehrern, bei denen der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit regelmäßig in der Schule liegt, sind nach dieser Regelung grundsätzlich nicht mehr als Werbungskosten abzugsfähig. Gleichwohl hat der BFH nun in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren –ohne Präjudiz für die Hauptsache– mit Beschluss vom 25. August 2009 entschieden, dass bei einem Lehrer, dem kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten im Lohnsteuerermäßigungsverfahren zu berücksichtigen sind.

Es bestünden ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung, da die Frage, ob § 9 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG verfassungsmäßig ist, in der Literatur kontrovers diskutiert werde und zu unterschiedlichen Entscheidungen der Finanzgerichte geführt habe. Der BFH hat deshalb die Interessen des Antragstellers und des von Steuereinnahmen abhängigen Gemeinwesens gegeneinander abgewogen. Dabei ist er zu dem Ergebnis gelangt, dass jedenfalls im Streitfall dem Interesse des Steuerpflichtigen an einem –möglicherweise nur vorläufigen–Werbungskostenabzug ein überwiegendes öffentliches Interesse, insbesondere das Interesse an einer geordneten Haushaltsführung, nicht entgegensteht. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung selbst hat sich der BFH nicht geäußert. Diese Fragestellung bleibt dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 88 des BFH vom 16. September 2009

02.10.2009 Aufwendungen für ein Erststudium können Werbungskosten sein

Aufwendungen für ein sogenanntes Erststudium nach abgeschlossener Berufsausbildung können als Werbungskosten abgezogen werden

Mit Urteil vom 18. Juni 2009 VI R 14/07 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass das seit 2004 geltende Abzugsverbot für Kosten von Erststudien und Erstausbildungen nach § 12 Nr. 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Abziehbarkeit von beruflich veranlassten Kosten für ein Erststudium jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn diesem eine abgeschlossene Berufsausbildung vorausgegangen ist. Mit derselben Begründung sind auch Entscheidungen in vier weiteren Verfahren (VI R 31/07, VI R 79/06, VI R 6/07 und VI R 49/07) ergangen.

Nach der Rechtsprechung des BFH sind Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG, wenn ein Veranlassungszusammenhang mit einer, ggf. auch späteren beruflichen Tätigkeit besteht. Die ab 2004 geltende Regelung des § 12 Nr. 5 EStG bestimmt nun, dass Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium im Rahmen der Einkünfteermittlung nicht abziehbar sind, wenn die Aufwendungen nicht im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfinden; sie können allerdings jährlich bis zu 4 000 € als Sonderausgaben abgezogen werden (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Die Verfassungsmäßigkeit der Neuregelung ist umstritten.

Mit den Urteilen vom 18. Juni 2009 hat der BFH jetzt entschieden, dass § 12 Nr. 5 EStG kein Abzugsverbot für Werbungskosten enthält. Die Vorschrift bestimme lediglich in typisierender Weise, dass bei einer erstmaligen Berufsausbildung ein hinreichend veranlasster Zusammenhang mit einer bestimmten Erwerbstätigkeit fehle. Die Typisierung erstrecke sich nicht auf Steuerpflichtige, die erstmalig ein Studium berufsbegleitend oder in sonstiger Weise als Zweitausbildung absolvierten.

Im Fall der Leitentscheidung VI R 14/07 war die 1967 geborene, verheiratete Klägerin gelernte Buchhändlerin. Nach Abschluss der Ausbildung hatte sie zunächst ein Studium der Sonderpädagogik begonnen, allerdings wegen einer Schwangerschaft nicht beendet. Im Jahr 2002 nahm sie das Studium zur Grund-, Haupt- und Realschullehrerin auf. Das Finanzamt lehnte den Abzug der durch das Studium veranlassten Kosten als vorab entstandene Werbungskosten für das Streitjahr 2005 ab. Das Finanzgericht folgte dem.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und gab der Klägerin dem Grunde nach Recht. Die Aufwendungen der Klägerin für das Lehramtsstudium seien beruflich veranlasst. Es bestehe ein hinreichend klarer Zusammenhang dieser Ausgaben mit späteren Einnahmen aus der angestrebten Tätigkeit als Lehrerin. § 12 Nr. 5 EStG komme nicht zur Anwendung, weil es sich bei dem Studium nicht um eine Erstausbildung gehandelt habe.

Bei diesem Befund bestand für den BFH keine Veranlassung, auf die gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 12 Nr. 5 EStG geäußerten Bedenken einzugehen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 87 des BFH vom 16. September 2009

14.09.2009 Riester-Rente verstößt gegen Europarecht

Der Europäische Gerichtshof hat mit Urteil vom 10.09.2009 (Aktenzeichen C-269/07) auf Grund einer Vertragsverletzungsklage der Kommission der Europäischen Gemeinschaften entschieden, dass die aktuelle Riester-Rentenförderung in Deutschland gegen geltendes Europarecht verstößt.

In folgenden Punkten muss die Bundesregierung die Rentenförderung nachbessern:

1.) Rentner, die im europäischen Ausland leben (und somit in Deutschland in der Regel nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig sind) und ausländische Arbeitnehmer, die später wieder in ihre Heimat zurückkehren, mussten die erhaltene Riester-Förderung teilweise zurückzahlen.

2.) Das angesparte Kapital durfte nur zum Erwerb einer Immobilie in Deutschland verwendet werden.

3.) Grenzgänger, die im Ausland leben, jedoch in Deutschland arbeiten, waren von der Rentenförderung ausgeschlossen.

Es ist damit zu rechnen, dass Fördertatbestände, die bisher auf das Inland beschränkt waren, auf das EU-Ausland (nicht Europa!) ausgeweitet werden.

Das Bundesfinanzministerium will die Vorgaben des Eurpäischen Gerichtshofs zeitnah umsetzen, um eine europarechtskonforme Gesetzeslage herzustellen.

02.09.2009 Kein Halbabzugsverbot bei fehlenden Beteiligungseinkünften

In einer aktuellen Entscheidung hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit dem Halbabzugsverbot bei Kapitalbeteiligungen zu befassen.

Halbabzugsverbot bedeutet, dass Aufwendungen im Zusammenhang mit Kapitalbeteiligungen nur zur Hälfte (heute 60%) abgezogen werden dürfen, weil die Erträge aus solchen Beteiligungen auch nur zur Hälfte (heute 60%) steuerpflichtig sind. Abzugrenzen sind diese Beteiligungen heute jenen, für die der Abgeltungssteuersatz von 25% erhoben wird. Ob eine Beteiligung unter die Abgeltungssteuer oder das Halbeinkünfteverfahren (heute Teileinkünfteverfahren) fällt, kann nur nach Prüfung des Einzelfalls beurteilt werden.

Im Urteilsfall des BFH (Aktenzeichen IX R 42/08) wurde über das Vermögen der Gesellschaft, an der der Kläger beteiligt war, das Insolvenzverfahren eröffnet. Strittig war, ob für den Verlust der Beteiligung das Halbabzugsverbot greift. Finanzamt und Finanzgericht haben die Anwendung des Halbabzugsverbotes bejaht.

Der BFH kommt in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen (z.B. Anschaffungskosten oder Veräußerungskosten) jedenfalls dann nicht in ihrem steuerlichen Abzug begrenzt werden, wenn der Steuerpflichtige keinerlei durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat.

Das Urteil ist auch in Zeiten des heutigen Teileinkünfteverfahrens sehr erfreulich, da es den Bezug zur grundgesetzlich verankerten Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit wieder herstellt.

Inwieweit der steuerliche Abzug des Beteiligungsverlustes im Urteilsfall vorgenommen werden kann, muss im zweiten Rechtsgang noch einmal vom Finanzgericht überprüft werden, da nicht auszuschließen ist, dass der Kläger in früheren Jahren bereits Einnahmen aus der Beteiligung erzielt hat.

19.08.2009 Neubau als Denkmal!?

Nach allgemeinen steuerrechtlichen Grundsätzen können erhebliche Umbauarbeiten an einem bestehenden Gebäude (z.B. Erneuerung wesentlicher tragender Teile) zu einem Neubau im bautechnischen Sinne führen. Derartige Baumaßnahmen wurden nach dem Eigenheimzulagengesetz wie ein Neubau gefördert. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun mit Urteil vom 24. Juni 2009 erkannt, dass dies nicht die Förderung eines Baudenkmals nach § 7i des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausschließt. Der Zweck der Vorschrift, kulturhistorisch wertvolle Gebäude zu erhalten und zu modernisieren, rechtfertige es, den Begriff des Neubaus in § 7i EStG tatbestandsspezifisch einzuschränken.

Die erhöhten Absetzungen nach § 7i EStG können nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen durch eine Bescheinigung des zuständigen Denkmalamts nachweist. Wie weit diese Bescheinigung die Finanzbehörde bindet, hängt von deren konkreten Inhalt ab. Im Regelfall enthält die Bescheinigung (entsprechend den Bescheinigungsrichtlinien der verschiedenen Bundesländer) den Hinweis, dass die steuerrechtlichen Fragen allein von der Finanzbehörde zu prüfen sind. In diesen Fällen entscheidet deshalb die Finanzbehörde, ob die Voraussetzungen für die Gewährung erhöhter Absetzungen nach § 7i EStG vorliegen. Im Streitfall fehlte der einschränkende Hinweis. Deshalb war nach Auffassung des BFH das Finanzamt hinsichtlich des Abzugsbetrags nach § 7i EStG umfassend gebunden.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 72 des BFH vom 19. August 2009