05.11.2010 Verpflegungsmehraufwand und Drei-Monats-Frist

Der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 8. Juli 2010 VI R 10/08 entschieden, dass die zeitliche Begrenzung des Abzugs von Mehraufwendungen für Verpflegung bei Begründung einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung auf drei Monate verfassungsgemäß ist.

Im Rahmen einer aus beruflichem Anlass begründeten doppelten Haushaltsführung entstehen Arbeitnehmern Verpflegungsmehraufwendungen, die bei einer Beköstigung nur in einem Haushalt nicht angefallen wären. Das Gesetz lässt daher den Abzug von Verpflegungsmehraufwendungen für jeden Kalendertag der Abwesenheit vom eigenen Hausstand als Werbungskosten zu. Die Pauschbeträge für Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 24, 12 bzw. 8 € sind dabei nach der Abwesenheitsdauer gestaffelt und auf einen Zeitraum von drei Monaten nach Bezug der Wohnung am neuen Beschäftigungsort begrenzt.

Diese Begrenzung hat der BFH nun als verfassungsgemäß beurteilt. Der Gesetzgeber unterstelle typisierend, dass die bei Beginn einer doppelten Haushaltsführung überwiegende berufliche Veranlassung des Verpflegungsmehraufwands nach drei Monaten entfalle bzw. der Arbeitnehmer dann regelmäßig eine Verpflegungssituation vorfinde, die keinen beruflich veranlassten Mehraufwand verursache. Mit dieser Typisierung einer Übergangszeit bewege sich der Gesetzgeber innerhalb seines Beurteilungs- und Gestaltungsermessens. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz scheide damit aus.

Auch einen Verstoß gegen den besonderen Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes sah der BFH nicht. Durch die Begrenzung auf drei Monate werde im Rahmen einer sog. „Doppelverdienerehe“ keine „ökonomische Entwertung der beiderseitigen Berufstätigkeit“ verursacht. Verpflegungsmehraufwand falle auch bei allen anderen Arbeitnehmern an und bleibe dort ebenfalls nach drei Monaten unberücksichtigt.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 95 des BFH vom 03. November 2010

13.10.2010 Abgrenzung von Pkw und Lkw bei der 1%-Regelung

Der zehnte Senat des Finanzgerichts München hat sich der Frage angenommen, wann die 1%-Regelung anzuwenden ist, insbesondere wann es sich um einen Pkw oder einen Lkw handelt.

Im Leitsatz des Urteils heißt es, dass Kombinationskraftwagen von der 1%- Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2 EStG nicht erfasst werden, wenn sie aufgrund ihrer objektiven Beschaffenheit und Einrichtung typischerweise so gut wie ausschließlich nur zur Beförderung von Gütern bestimmt und daher als reiner Werkstattwagen zu qualifizieren sind. Ob ein reiner Werkstattwagen vorliegt, ist nach den gesamten Umständen des Einzelfalls zu bestimmen, insbesondere nach der Anzahl der Sitzplätze, dem äußeren Erscheinungsbild, der Verblendung der hinteren Seitenfenster und dem Vorhandensein einer Abtrennung zwischen Lade- und Fahrgastraum. Eine äußere oder innere Verschmutzung des Fahrzeugs beseitigt die Eignung des Fahrzeugs für eine private Nutzung grundsätzlich nicht. 

Im vorliegenden Fall gab es bei einem Malerbetrieb insgesamt vier Fahrzeuge. Hiervon war eines ein Mercedes Espania (Transporter) und ein anderes ein Ford Transit. Im Rahmen einer Außenprüfung kam die Prüferin zu dem Ergebnis, dass auch der Ford Transit einer privaten Nutzung unterliege. Hierfür wurde demnach durch das beklagte Finanzamt ebenfalls eine private Nutzung nach der 1%-Regelung berücksichtigt.

Die Münchener Richter gaben der Klage nur teilweise statt. Sie bestätigten zwar die Auffassung der Kläger, dass der Ford Transit keiner Privatnutzung unterliege, berücksichtigten aber im Gegenzug eine Privatnutzung des Mercedes Espania. Zur Begründung wird hier auf die Ausstattung der Fahrzeuge abgestellt. Während der Ford Transit im Fondbereich weder über eine Möglichkeit zur Befestigung von Sitzen verfügte noch Anschnallgurte vorhanden waren, war der Mercedes Espania mit einer weiteren Sitzbank ausgestattet. In diesem Fahrzeug konnten so insgesamt 5 Personen Platz finden. Ferner war der Fondbereich nicht durch eine Trennwand abgeteilt.

Wie sooft im Steuerrecht kommt es daher auf die Umstände des Einzelfalls an. Wichtig ist daher, auf die entsprechende Ausstattung eines Fahrzeugs zu achten, wenn eine private Nutzung unberücksichtigt bleiben soll. Dies trifft nach der Lebenserfahrung daher primär auf Werkstattwagen und Transportfahrzeuge zu,

Quelle: Urteil des FG München vom 19.05.2010 – 10 K 152/09

05.10.2010 Geringwertige Wirtschaftsgüter und Sammelposten

Auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Dr. Barbara Höll (Die Linke) teilt die Bundesregierung mit, dass für geringwertige Wirtschaftsgüter mit Anschaffungs-/Herstellungskosten bis 150 Euro, über 150 Euro und bis 410 Euro und über 410 Euro bis 1 000 Euro in allen drei Fallgruppen jeweils eine Abschreibung über die Nutzungsdauer als Wahlrecht möglich ist.

Durch das Unternehmensteuerreformgesetz wurde für geringwertige Wirtschafsgüter mit Anschaffungskosten zwischen 150 Euro und 1.000 Euro die Pflicht zu Bildung eines Sammelpostens eingeführt. Durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz wurde diese Regelung teilweise widerrufen und die Rechtlage bis 2007 wieder herbeigeführt. Allerdings existieren neue und alte Rechtslage nun nebeneinander und bieten den Steuerpflichtigen steuerliches Gestaltungspotential.

Allerdings ist für alle Wirtschaftsgüter mit Anschaffungskosten zwischen 150 Euro und 1.000 Euro ein Sammelposten zu bilden, wenn der Steuerpflichtige dieses Wahlrecht in Anspruch nimmt. Es handelt sich insoweit um eine wirtschaftsjahrbezogene, nicht aber um eine wirtschaftsgutsbezogene Betrachtungsweise.

Spätestens im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten ist es daher wichtig, die im Wirtschaftsjahr angeschafften Wirtschaftsgüter genauestens im Hinblick auf ihre Anschaffungskosten zu untersuchen, um ein steueroptimiertes Ergebnis zu erhalten.

Quelle: BT-Drucks. 17/2892

30.09.2010 Einkünfteerzielungsabsicht bei Gewerbeobjekten

Der IX. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Urteil vom 20. Juli 2010 IX R 49/09 entschieden, dass auch bei langfristiger Vermietung von Gewerbeobjekten – anders als bei Wohnobjekten – die Einkünfteerzielungsabsicht nicht vermutet wird, sondern im Einzelfall konkret festzustellen ist. Damit wird die Anerkennung von Verlusten erschwert.

Im entschiedenen Fall hatte der Kläger ein Gewerbeobjekt in den Streitjahren 2002 bis 2005 nicht vermietet, davor nur zum Teil, sporadisch und unter Wert. Er erzielte erhebliche Werbungskostenüberschüsse, vor allem wegen Abschreibungen, Grundsteuer und Gebäudeversicherung. Seine Vermietungsbemühungen waren wenig stringent und effektiv.

Das Finanzgericht (FG) hatte die geltend gemachten Werbungskosten mangels hinreichenden Nachweises der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers nicht anerkannt. Dies bestätigte der BFH im Ergebnis.

Der Abzug von Werbungskosten bei der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung erfordert, dass der Steuerpflichtige die Absicht hat, aus der Vermietung auf Dauer einen Einnahmeüberschuss zu erzielen. Hiervon ist bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit grundsätzlich auszugehen. Dies gilt aber nur für die Vermietung von Wohnungen, nicht indes für die Vermietung von Gewerbeobjekten. Bei Gewerbeimmobilien hat das FG im Einzelfall festzustellen, ob der Steuerpflichtige beabsichtigt (hat), auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen.

Den Steuerpflichtigen trifft im Zweifel die objektive Beweislast (Feststellungslast) für das Vorliegen der Einkünfteerzielungsabsicht. Zeigt sich aufgrund bislang vergeblicher Vermietungsbemühungen, dass für das Objekt, so wie es baulich gestaltet ist, kein Markt besteht und die Immobilie deshalb nicht vermietbar ist, so muss der Steuerpflichtige – will er seine Vermietungsabsicht belegen – zielgerichtet darauf hinwirken, unter Umständen auch durch bauliche Umgestaltungen einen vermietbaren Zustand des Objekts zu erreichen. Bleibt er untätig und nimmt den Leerstand auch künftig hin, spricht dieses Verhalten gegen den endgültigen Entschluss zu vermieten.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 83 des BFH vom 29. September 2010

28.09.2010 Solidaritätszuschlag – kein Ende in Sicht

Das Bundesverfassungsgericht hat mit Beschluss vom 08.09.2010 den Normenkontrollantrag zur verfassungsrechtlichen Prüfung des Solidaritätszuschlages als unzulässig abgewiesen.

In der Begründung führen die Verfassungsrichter aus, das vorlegende Finanzgericht habe sich nicht in ausreichendem Maße mit der Rechtsprechung zum Wesen der Ergänzungsabgabe auseinandergesetzt. Im Urteilstext heißt es:

Nach diesen Maßstäben ist die Vorlage unzulässig, da sie nicht den gesteigerten Anforderungen genügt, die im Anschluss an die verfassungsgerichtliche Entscheidung BVerfGE 32, 333 an eine Begründung für die Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit einer Ergänzungsabgabe im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 GG zu stellen sind.

Dies ist bedauernswert, da sich die Verfassungsrichter wegen der Unzulässigkeit des Kontrollantrags nicht mit der Begründetheit befassen mussten und somit der Solidaritätszuschlag vorerst nicht mehr auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand steht.

24.09.2010 Umsatzsteuer bei Firmenwagennutzung

Umsatzbesteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 19. Mai 2010 XI R 32/08 entschieden, dass die Umsatzbesteuerung der privaten Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW entweder pauschal in Anlehnung an die ertragsteuerliche sog. 1%-Regelung oder aber nach den tatsächlichen Kosten durchzuführen ist.

Die nichtunternehmerische Nutzung eines zum Unternehmen gehörenden PKW unterliegt der Umsatzsteuer. Bemessungsgrundlage für die Steuer sind grundsätzlich die anteilig auf die Privatnutzung entfallenden Kosten, soweit sie zum Abzug von Vorsteuern berechtigt haben. Aus Vereinfachungsgründen gestattet es die Finanzverwaltung aber, den zu versteuernden Betrag in Anlehnung an die ertragsteuerlich zulässige 1 %-Methode zu ermitteln. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wird monatlich 1 % des Listenpreises des PKW als Entnahme behandelt.

Im Streitfall hatte eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für die private Kfz-Nutzung ihres Gesellschafters bei der Umsatzsteuer eine unentgeltliche Wertabgabe (früher: Eigenverbrauch) in Höhe von 823,19 € erklärt, die sie wie folgt ermittelt hatte: Ertragsteuerrechtlicher Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 % Regelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG (hier: Listenpreis in Höhe von 66.410 € x 1 % x 12 Monate = 7.969,20 €) x 64,56 % = 5.144,91 € x 16 % Umsatzsteuer (das war der im Streitjahr 2003 geltende Regelsteuersatz) = 823,19 €. Der dabei angesetzte Prozentsatz von 64,56 folgte aus einer Aufstellung der konkret entstandenen PKW-Kosten nach solchen, die vorsteuerbehaftet waren, und solchen, die dies nicht waren.

Der BFH billigte die Vereinfachungsregelung der Finanzverwaltung, hielt allerdings die Kombination verschiedener Methoden der Ermittlung der umsatzsteuerrechtlichen Bemessungsgrundlage nicht für statthaft. Er entschied, dass ein Unternehmer nicht von dem ertragsteuerrechtlichen Wert der Nutzungsentnahme nach der sog. 1 % Regelung ausgehen und sodann den prozentualen Abschlag für die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten anhand der tatsächlichen Kosten ermitteln dürfe.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 80 des BFH vom 22. September 2010

21.09.2010 Aufbewahrung von elektronischen Kontoauszügen

Aufbewahrung und Archivierung eines elektronischen Kontoauszugs im Onlinebanking-Verfahren

Steuerpflichtige mit Gewinneinkünften nutzen verstärkt das sog. Homebanking- oder Onlinebanking-Verfahren und wollen gleichzeitig auf die Aufbewahrung der Kontoauszüge in Papierform verzichten.

Der am Homebanking-Verfahren teilnehmende Bankkunde erhält vom Kreditinstitut einen Kontoauszug in digitaler Form übermittelt. Lediglich mit dem Ausdruck dieses elektronischen Kontoauszugs genügt der Buchführungspflichtige den nach § 147 AO bestehenden Aufbewahrungspflichten nicht, da es sich beim elektronisch übermittelten Auszug um das originär digitale Dokument handelt.

Für die steuerliche Anerkennung des elektronisches Kontoauszug ist es daher erforderlich, diese Datei auf einem maschinell auswertbaren Datenträger zu archivieren, § 147 Abs. 2 und 5 AO sowie Tz. VIII/b Nr. 2 des BMF-Schreibens vom 7.11.1995 ( BStBl 1995 I S. 738). Dabei sind sowohl die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) als auch die Grundsätze DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) zu beachten, die als Anlage zum o. g. BMF-Schreiben veröffentlicht sind. Die GoBS setzen u. a. voraus, dass die übermittelten Daten vor dem Weiterverarbeiten im System des Kunden, vor dem Speichern bzw. bei einem möglichen späteren Ausdruck nicht bzw. nachvollziehbar verändert werden können. Die Übermittlung und Speicherung lediglich einer Datei im pdf-Format genügt diesen Grundsätzen nicht, da bei diesem Dateiformat eine leichte und nicht mehr nachvollziehbare Änderung möglich wäre.

Vermehrt bieten Kreditinstitut weitere Alternativen, mit deren Hilfe die GoB/GoBS eingehalten werden können, zur Aufbewahrung an. Dies kann beispielsweise durch die Übermittlung und Speicherung eines digital signierten elektronischen Kontoauszugs geschehen. Auch die Vorhaltung des Auszugs beim Kreditinstitut und die jederzeitige Zugriffsmöglichkeit während der Aufbewahrungsfrist des § 147 Abs. 3 AO stellt eine denkbare Lösung dar. Auch die Übersendung und Aufbewahrung sog. Monatssammelkontoauszüge in Papierform kann akzeptiert werden.

Häufig weisen Kreditinstitute in ihren Geschäftsbedingungen zum Onlinebanking ihre Kunden darauf hin, die Anerkennung des elektronischen Kontoauszugs sei mit dem zuständigen Finanzamt abzuklären. Die Beachtung der GoB/GoBS liegt in allen Fällen in der Verantwortung des Steuerbürgers.

Im Privatkundenbereich (Steuerzahler ohne Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten nach § 145 AO ff.) besteht mit Ausnahme der Steuerbürger i. S. des § 147a AO, für die obige Grundsätze sinngemäß gelten, keine Aufbewahrungspflicht für Kontoauszüge. Zur Aufbewahrung von privaten Belegen als Beweismittel im Besteuerungsverfahren vgl. Karte 1 zu § 97 AO. 

Quelle: Bayerisches Landesamt für Steuern v. 28.07.2010 – S 0317.1.1-3/1 St42

09.09.2010 Zinsen vom Finanzamt zur Einkommensteuer sind steuerfrei

Gesetzliche Zinsen, die das Finanzamt (FA) aufgrund von Einkommensteuererstattungen an den Steuerpflichtigen zahlt (sog. Erstattungszinsen) unterliegen nicht der Einkommensteuer. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15. Juni 2010 VIII R 33/07 entschieden und damit seine frühere Rechtsprechung teilweise geändert.

Bis 1999 konnten Nachzahlungszinsen, die der Steuerpflichtige an das Finanzamt zu zahlen hatte, als Sonderausgaben abgezogen werden. Nachdem diese Regelung ersatzlos entfallen war, mussten die Erstattungszinsen nach wie vor versteuert werden, während die Nachzahlungszinsen nicht mehr abgezogen werden durften. Das war bei vielen Steuerpflichtigen auf Unverständnis gestoßen. Nach der Änderung der Rechtsprechung sind nun gesetzliche Zinsen, die im Verhältnis zwischen Steuerpflichtigen und FA für Einkommensteuernachzahlungen oder erstattungen entstehen, insgesamt steuerrechtlich unbeachtlich.

Im Streitfall machte ein Steuerpflichtiger, der aufgrund desselben Einkommensteuerbescheids nicht abziehbare Nachzahlungszinsen an das FA zu leisten und zugleich vom FA bezogene Erstattungszinsen als Einahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern hatte, in erster Linie geltend, das in § 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geregelte Abzugsverbot für Nachzahlungszinsen sei verfassungswidrig.

Der BFH hat dieses gesetzliche Abzugsverbot als verfassungsgemäß bestätigt, aber die Beurteilung von Erstattungszinsen teilweise geändert. Erstattungszinsen wurden bisher in jedem Fall als steuerbare Einnahmen aus Kapitalvermögen angesehen. Der Steuerpflichtige überlasse dem Finanzamt mit der letztlich nicht geschuldeten (und deshalb später zu erstattenden) Steuerzahlung Kapital zur Nutzung und erhalte dafür als Gegenleistung vom Finanzamt die Erstattungszinsen. An dieser Rechtsprechung hält der BFH im Grundsatz zwar fest. Das gilt jedoch nicht, wenn die Steuer wie hier die Einkommensteuer und darauf entfallende Nachzahlungszinsen gemäß § 12 Nr. 3 EStG vom Abzug als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ausgeschlossen und damit dem nichtsteuerbaren Bereich zugewiesen sind mit der Folge, dass die Steuererstattung beim Steuerpflichtigen nicht zu Einnahmen führt. Diese gesetzliche Wertung strahlt auf die damit zusammenhängenden Zinsen in der Weise aus, dass Erstattungszinsen ebenfalls nicht steuerbar sind.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 78 des BFH vom 08. September 2010

Ausbilck:

Der Gesetzgeber hat jedoch bereits in den Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 eine „Klarstellung“ aufgenommen, wonach die Erstattungszinsen – zumindest zukünftig – wieder steuerpflichtig sein werden. Hieran wird dann der Bundesfinanzhof nichts mehr ändern können, da Entscheidungen der Gerichte nicht gegen einen eindeutigen Gesetzeswortlaut getroffen werden dürfen.

Ergänzung:

In einer weiteren Entscheidung (Aktenzeichen VIII R 33/07) hat der Bundesfinanzhof ergänzend entschieden, dass auch die Erstattungszinsen zur Körperschaftsteuer nicht steuerbar sind.

07.09.2010 Umsatzsteuer beim Forderungsverkauf

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betrieb im Streitjahr 2000 ein Fitness-Sportstudio und erbrachte umsatzsteuerpflichtige Leistungen. Die Steuer berechnete er nach vereinnahmten Entgelten. Im Fall des Zahlungsverzugs seiner Kundinnen trat er seine Gegenleistungsansprüche an ein Inkassobüro für 25% des Forderungsnennwerts ab. Das Ausfallrisiko für die Forderungen ging auf das Inkassobüro über.

Aufgrund der Abtretung ging der Kläger davon aus, dass er seine Umsätze nur in Höhe des tatsächlich von ihm vereinnahmten Forderungskaufpreises zu versteuern habe. Dem das Finanzamt im Anschluss an eine Außenprüfung nicht, sondern ging davon aus, dass der Kläger nach Maßgabe der mit seinen Leistungsempfängern (den Kundinnen des Fitnessstudios) vereinbarten Entgelte zu besteuern sei, weil diese mit der Abtretung als vereinnahmt gelten und nur im Umfang der Uneinbringlichkeit eine Berichtigung möglich sei. Das Finanzamt erließ einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerjahresbescheid.

Der Bundesfinanzhof stimmte der Auffassung des Finanzamtes teilweise zu. Der Forderungsverkauf als solcher habe keine Auswirkung auf die Umsatzbesteuerung des Klägers. Hierfür komme es ausschließlich auf das Vertragsverhältnis zwischen dem Forderungsverkäufer (hier Fitness-Sportstudio) und dessen Kunden an.

Die Besonderheit in dem verhandelten Fall lag darin, dass der Kläger seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten versteuerte. Das bedeutet, dass die Umsatzsteuer erst im Zeitpunkt des Zahlungseingangs an das Finanzamt abzuführen ist. Maßgeblich sei aber – so der Bundesfinanzhof – der Zahlungseingang des Kunden beim Forderungskäufer.

Das Urteil – so nachvollziehbar es auch sein mag – bringt jedoch erhebliche Praxisprobleme mit sich. In der Regel erfährt der Verkäufer der Forderungen nicht, welchen Anteil der Forderungskäufer endgültig eintreiben konnte. Im Streitfall hat das beklagte Finanzamt diese Information vom zuständigen Finanzamt des Forderungskäufers bekommen.

Es bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung auf dieses Urteil reagiert und ob es hierfür eine praxistaugliche Lösung geben wird.

25.08.2010 Regelmäßige Arbeitsstätte für Leiharbeitnehmer

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juni 2010 VI R 35/08 entschieden, dass ein Leiharbeitnehmer typischerweise nicht über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt und damit grundsätzlich Verpflegungsmehraufwand geltend machen kann.

Im Streitfall war der Kläger in einem Hafengebiet als Leiharbeitnehmer bei einem Unternehmen beschäftigt, das seine Bediensteten verschiedenen anderen Betrieben im Hafengebiet jeweils kurzfristig entsprechend deren Bedarf überlassen hatte. Der Kläger begehrte bei seiner Einkommensteuerveranlagung die Berücksichtigung von Verpflegungsmehraufwendungen. Das Finanzamt lehnte dies ebenso ab wie das Finanzgericht.

Die Revision des Klägers war erfolgreich. Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Sätze 1 und 2 EStG können Arbeitnehmer bei Auswärtstätigkeiten Mehraufwendungen für ihre Verpflegung als Werbungskosten abziehen. Eine solche Auswärtstätigkeit liegt unter anderem vor, wenn ein Arbeitnehmer vorübergehend von seiner Wohnung und dem Tätigkeitsmittelpunkt entfernt beruflich tätig wird. Keine Auswärtstätigkeit ist dagegen die an der (regelmäßigen) Arbeitsstätte, nämlich an der dauerhaften betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nachhaltig, fortdauernd und immer wieder aufsucht. Das ist regelmäßig im Betrieb des Arbeitgebers der Fall, nicht aber bei der Tätigkeitsstätte in einer betrieblichen Einrichtung des Kunden des Arbeitgebers.

Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass der Kläger seiner beruflichen Tätigkeit in Einrichtungen der verschiedenen Kunden seines Arbeitgebers nachgegangen ist. Er habe sich als Leiharbeitnehmer nicht darauf einrichten können, an einem bestimmten Tätigkeitsmittelpunkt und damit an einer regelmäßigen Arbeitsstätte dauerhaft tätig zu sein.

Offen ließ der BFH, ob der Auffassung der Finanzverwaltung zu folgen sei, dass ein Leiharbeitnehmer, der vom Verleiher für die gesamte Dauer seines Dienstverhältnisses dem Entleiher überlassen wird, über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt. Denn im Streitfall war der Kläger jeweils nur kurzfristig für verschiedene Kunden seines Arbeitgebers tätig.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 73 des BFH vom 25. August 2010