17.12.2014 Erbschaftsteuer ist verfassungswidrig

Mit Urteil vom 17.12.2014 (Aktenzeichen 1 BvL 21/12) hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts §§ 13a und 13b und § 19 Abs. 1 des Erbschaftsteuer? und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) für verfassungswidrig erklärt. Die Vorschriften sind zunächst weiter anwendbar; der Gesetzgeber muss bis 30. Juni 2016 eine Neuregelung treffen. Zwar liegt es im Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers, kleine und mittlere Unternehmen, die in personaler Verantwortung geführt werden, zur Sicherung ihres Bestands und zur Erhaltung der Arbeitsplätze steuerlich zu begünstigen. Die Privilegierung betrieblichen Vermögens ist jedoch unverhältnismäßig, soweit sie über den Bereich kleiner und mittlerer Unternehmen hinausgreift, ohne eine Bedürfnisprüfung vorzusehen. Ebenfalls unverhältnismäßig sind die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Einhaltung einer Mindestlohnsumme und die Verschonung betrieblichen Vermögens mit einem Verwaltungsvermögensanteil bis zu 50 %. §§ 13a und 13b ErbStG sind auch insoweit verfassungswidrig, als sie Gestaltungen zulassen, die zu nicht zu rechtfertigenden Ungleichbehandlungen führen. Die genannten Verfassungsverstöße haben zur Folge, dass die vorgelegten Regelungen insgesamt mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar sind. Die Entscheidung ist im Ergebnis und in der Begründung einstimmig ergangen; davon unberührt bleibt das von den Richtern Gaier und Masing sowie der Richterin Baer abgegebene Sondervotum.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts Nr. 116/2014 vom 17. Dezember 2014

08.12.2014 Sind Berufsausbildungskosten doch als vorweggenommene Werbungskosten abzugsfähig?

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat diese Frage für die erstmalig entstandenen Ausbildungskosten eines Piloten im Gegensatz zum Finanzgericht Münster negativ entschieden.

Das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht hat die Revision ebenso wie das Finanzgericht Münster zugelassen.

Hintergrund ist, dass nach Rechtsauffassung des Fiskus und somit auch des Finanzamts die Kosten der Erstausbildung keine Werbungskosten darstellen sollen, sondern nur eingeschränkt abziehbare und nicht in die Zukunft vortragsfähige Sonderausgaben. Problematisch ist dies insbesondere bei Piloten, deren Ausbildung gewöhnlich sehr teuer ist. Diese Kosten können in der Anfangszeit meistens steuerlich gar nicht verrechnet werden, da kein Einkommen erzielt wird. Folgt man der Auffassung des Gesetzgebers führen gerade solche Ausbildungskosten de facto nicht zu einer Steuerminderung. Das spätere Gehalt des Piloten wird aber gleichwohl in voller Höhe versteuert.

Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht, Urteil vom 04.09.2013, 2 K 159/11, Revision eingelegt; Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof: VI R 72/13

Finanzgericht Münster, Urteil vom 15.08.2014, 14 K 4281/11-F, Revision eingelegt; Aktenzeichen beim Bundesfinanzhof: VI R 50/14

23.10.2014 Mini-One-Stop-Shop (MOSS) bzw. kleine einzige Anlaufstelle (KEA)

Für Telekommunikations-, Rundfunk- und Fernseh- sowie auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer im Ausland gelten ab 01.01.2015 neue Regelungen. Die organisatorischen Vorbereitungen hierfür müssen zeitnah abgeschlossen werden.

Seit 01.07.2003 gilt diese Regelung bereits für im Drittland ansässige Unternehmen für auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen an Nichtunternehmer im Gemeinschaftsgebiet (Europäische Union).

Ab dem 01.01.2015 wird diese Regelung nun auf inländische Unternehmen ausgeweitet. Als Folge müssen bspw. auf elektronischem Weg erbrachte Dienstleistungen eines deutschen Unternehmens an einen Privatkunden in den Niederlanden (mit dem dort geltenden Umsatzsteuersatz) besteuert werden. Normalerweise müsste sich der deutsche Unternehmer nun für Umsatzsteuerzwecke in den Niederlanden registrieren lassen und dort (auch) Umsatzsteuer-Voranmeldungen bzw. Umsatzsteuererklärungen abgeben.

Um dieses Verfahren zu vereinfachen wird eine Anlaufstelle im Inland (sog. Mini-One-Stop-Shop [MOSS]) angeboten. Die im anderen EU-Land steuerpflichtigen Leistungen werden zentral dorthin gemeldet. Diese Erklärung ist bis zum 20. Tag nach Quartalsende zu übermitteln. Es handelt sich hierbei um ein freiwilliges Besteuerungsverfahren; d.h. dem Unternehmer steht es frei, sich im Ausland umsatzsteuerlich registrieren zu lassen oder den Mini-One-Stop-Shop zu nutzen.

In Anbetracht der gesetzlichen Änderungen ist zu prüfen, ob ein Unternehmen solche Dienstleistungen an Privatpersonen in verschiedenen EU-Mitgliedstaaten erbringt. Zukünftig müssen Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt der Kunden bekannt sein.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Fakturiersoftware anzupassen und die Umsatzsteuersätze der EU-Mitgliedsstaaten einzupflegen.

Das Bundeszentralamt für Steuern hat einen zum Mini-One-Stop-Shop zusammengestellt.

20.10.2014 Umsatzsteuer: PKW-Nutzung durch einen Unternehmer für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte

Der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat durch Urteil vom 5. Juni 2014 (XI R 36/12) entschieden, dass die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte nicht für Zwecke erfolgt, die außerhalb des Unternehmens liegen, und mithin nicht als unentgeltliche Wertabgabe der Umsatzbesteuerung zu unterwerfen ist.

Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) wird einer sonstigen Leistung gegen Entgelt gleichgestellt „die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands, der zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt hat, durch einen Unternehmer für Zwecke, die außerhalb des Unternehmens liegen, oder für den privaten Bedarf seines Personals, sofern keine Aufmerksamkeiten vorliegen“.

Der Kläger betrieb ein Einzelunternehmen. Zugleich war er alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH, deren Sitz am Wohnsitz des Klägers in A lag und deren Niederlassung (Produktionsstätte) sich in einem anderen Ort (B) befand. Zwischen dem Kläger (als Organträger) und der GmbH (als Organgesellschaft) bestand eine umsatzsteuerrechtlicheOrganschaft. Der Kläger hatte Anspruch auf Benutzung eines der GmbH gehörenden PKW auch für private Zwecke. Die GmbH nutzte im Wohnhaus des Klägers in A einen Kellerraum aufgrund vertraglicher Gestattung zur Unterbringung eines Serverschrankes.

Im Anschluss an eine Lohnsteuer-Außenprüfung bei der GmbH vertrat das Finanzamt (FA) die Auffassung, bei dem beruflich genutzten Kellerraum handele es sich um ein häusliches Arbeitszimmer des Klägers, sodass nicht wie vom Kläger angenommen Dienstreisen zwischen A und B, sondern vielmehr Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gegeben seien. Das FA erfasste dementsprechend beim Kläger einen lohnsteuerpflichtigengeldwerten Vorteil. Ferner unterwarf das FA was streitig war die Fahrten des Klägers zwischen seinem Wohnsitz in A und der GmbH-Niederlassung in B als unentgeltliche Wertabgabe gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer. Das Finanzgericht wies die Klage ab.

Dem folgte der BFH dagegen nicht. Auf die Revision des Klägers hin hob er die Vorentscheidung auf und gab der Klage statt. Während ein Arbeitnehmer (arbeitsrechtlich) verpflichtet sei, während der vereinbarten Zeit an der Arbeitsstätte zu sein, sodass es grundsätzlich keinen unternehmerischen (betrieblichen) Grund gebe, den Arbeitnehmer vom Wohnort zum Unternehmen (Betrieb) und zurück zu befördern, gelte dies bei entsprechenden Fahrten des Unternehmers nicht. Anders als ein Arbeitnehmer suche ein Unternehmer wie im Streitfall der Kläger als Organträger der GmbH seinen Betrieb auf, um dort unternehmerisch tätig zu sein. Seine Fahrten zwischen Wohnort und Unternehmen (Betrieb) dienten der Ausführung von Umsätzen. Angesichts des klaren Überwiegens der unternehmerischen Verwendung sei es unbeachtlich, dass die Heimfahrten auch privaten Charakter hätten.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 69/2014 des Bundesfinanzhofs vom 15.10.2014 zu dem BFH-Urteil vom 05.06.14 (XI R 36/12)

20.10.2014 Kein Werbungskostenabzug für nachträgliche Schuldzinsen bei Kapitaleinkünften nach Systemwechsel zur Abgeltungsteuer

Nach Auffassung des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) können Schuldzinsen für die Anschaffung einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung i.S. des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG), die auf Zeiträume nach der Veräußerung der Beteiligung entfallen, ab dem Jahr 2009 nicht als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden.

Der Kläger hatte eine größere GmbH-Beteiligung im September 2001 mit Verlust veräußert und in diesem Zusammenhang auf die Rückzahlung eines kreditfinanziertenGesellschafterdarlehens verzichten müssen. Nachdem er für die Jahre 2005 bis 2008 die Finanzierungskosten (Schuldzinsen) als nachträgliche Werbungskosten bei Ermittlung seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen abgezogen hatte, versagte das Finanzamt (FA) den Werbungskostenabzug für das Jahr 2009.

Der BFH hat die Rechtsauffassung des FA bestätigt. Mit Einführung der Abgeltungsteuer für private Kapitalerträge hat der Gesetzgeber in § 20 Abs. 9 EStG ab dem Jahr 2009 den Abzug der tatsächlich entstandenen Werbungskosten ausgeschlossen. Das Gesetz gestattet nur noch den Abzug des Sparer-Pauschbetrags von 801 €. Verfassungsrechtlichen Bedenken begegnet dies nach Auffassung des VIII. Senats des BFH nicht. Mit der Gewährung des Sparer-Pauschbetrags in Höhe von 801 € habe der Gesetzgeber eine verfassungsrechtlich grundsätzlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern niedriger Kapitaleinkünfte sowie mit der Senkung des Steuertarifs von bis zu 45 % auf nunmehr 25 % zugleich eine verfassungsrechtlich anzuerkennende Typisierung der Werbungskosten bei den Beziehern höherer Kapitaleinkünfte vorgenommen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 68/2014 des Bundesfinanzhofs vom 15.10.2014 zu dem BFH-Urteil vom 01.07.14 (VIII R 53/12)

22.09.2014 Anschaffungskosten für ein Grundstück sind keine außergewöhnlichen Belastungen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Juli 2014 entschieden, dass Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks zum Bau eines behindertengerechten Bungalows nicht als außergewöhnliche Belastung i.S. von § 33 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen sind.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag in bestimmtem Umfang ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstandes erwachsen.

Im Streitfall leidet die verheiratete Klägerin unter Multipler Sklerose und ist gehbehindert (Grad der Behinderung 80). Deshalb errichteten sie und ihr Ehemann nach einer fachkundigen Beratung einen behindertengerecht gestalteten eingeschossigen Bungalow. Dieser weist gegenüber einem Bungalow, der ohne Berücksichtigung der Behinderung der Klägerin hätte gebaut werden können, eine um 45,5 qm größere Grundfläche auf. Die Mehrkosten für den Erwerb des entsprechenden größeren Grundstücks in Höhe von 13.195,29 € machten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung vergeblich als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33 Abs. 1 EStG geltend. Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht dagegen statt.

Auf die Revision des Finanzamts hat der VI. Senat des BFH die Vorentscheidung nun aufgehoben und die Klage abgewiesen. Mehraufwendungen für die behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds sind zwar in der Regel aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig (§ 33 Abs. 2 Satz 1 EStG). Dies gilt insbesondere auch für behinderungsbedingte Mehrkosten eines Um- oder Neubaus. Denn eine schwerwiegende Behinderung des Steuerpflichtigen oder eines Angehörigen begründet eine tatsächliche Zwangslage, die eine behindertengerechte Gestaltung des Wohnumfelds unausweichlich macht. Anschaffungskosten für ein größeres Grundstück zählen nach Auffassung des BFH hierzu jedoch nicht. Ihnen fehlt es an der für den Abzug als außergewöhnliche Belastung gemäß § 33 Abs. 2 EStG erforderlichen Zwangsläufigkeit. Anders als Aufwendungen für bauliche Maßnahmen, wie beispielsweise der Einbau einer barrierefreien Dusche oder eines Treppenlifts, sind diese Mehrkosten nicht vornehmlich der Krankheit oder Behinderung geschuldet, sondern in erster Linie Folge der frei gewählten Wohnungsgröße (Wohnflächenbedarf) des Steuerpflichtigen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 64/2014 des Bundesfinanzhofs vom 17.09.2014 zu dem BFH-Urteil vom 17.07.14 (VI R 42/13)

25.08.2014 Abgeltungsteuersatz bei Darlehen zwischen Angehörigen

Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit drei Urteilen jeweils vom 29. April 2014 VIII R 9/13, VIII R 44/13 und VIII R 35/13 entschieden, dass die Anwendung des gesonderten Steuertarifs für Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 25 % (sog. Abgeltungsteuersatz) nicht schon deshalb nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG ausgeschlossen ist, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge Angehörige i.S. des § 15 der Abgabenordnung sind.

In dem Verfahren VIII R 9/13 gewährten die verheirateten Kläger ihrem Sohn und ihren Enkeln, in dem Verfahren VIII R 44/13 gewährte der Kläger seiner Ehefrau und seinen Kindern fest verzinsliche Darlehen zur Anschaffung von fremd vermieteten Immobilien durch die Darlehensnehmer. Im Streitfall VIII R 35/13 stundete die Klägerin ihrem Bruder den Kaufpreis für die Veräußerung von Gesellschaftsanteilen. Der Kaufpreis war ab dem Zeitpunkt ihres Ausscheidens aus der Gesellschaft zu verzinsen. Die jeweiligen Finanzämter besteuerten die Kapitalerträge mit der tariflichen Einkommensteuer: Der niedrigere Abgeltungsteuersatz nach § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG sei nicht anzuwenden, weil Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ seien. Die jeweiligen Finanzgerichte (FG) hatten sich dieser Auffassung angeschlossen und die Klagen abgewiesen.

Der BFH hat die FG-Urteile aufgehoben und entschieden, dass die Kapitalerträge der Darlehensgeber gemäß § 32d Abs. 1 EStG nach dem günstigeren Abgeltungsteuersatz besteuert werden. Zwar ist nach dem Wortlaut des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG der Abgeltungsteuersatz ausgeschlossen, wenn Gläubiger und Schuldner der Kapitalerträge „einander nahe stehende Personen“ sind. Der gesetzliche Tatbestand ist nach dem Willen des Gesetzgebers jedoch dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein solches Näheverhältnis nur dann vorliegt, wenn auf eine der Vertragsparteien ein beherrschender oder außerhalb der Geschäftsbeziehung liegender Einfluss ausgeübt werden kann oder ein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Erzielung der Einkünfte des anderen besteht. Danach ist ein lediglich aus der Familienangehörigkeit abgeleitetes persönliches Interesse nicht ausreichend, um ein Näheverhältnis i.S. des § 32d Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a EStG zu begründen. Eine enge Auslegung des Ausschlusstatbestandes ist auch aus verfassungsrechtlichen Gründen geboten. Hält der Darlehensvertrag einem Fremdvergleich stand, kann nicht bereits aufgrund des Fehlens einer Besicherung oder einer Regelung über eine Vorfälligkeitsentschädigung auf eine missbräuchliche Gestaltung zur Ausnutzung des Abgeltungsteuersatzes geschlossen werden. Dies gilt auch dann, wenn aufgrund des Steuersatzgefälles ein Gesamtbelastungsvorteil entsteht, da Ehe und Familie bei der Einkünfteermittlung keine Vermögensgemeinschaft begründen.

Siehe auch Urteile des VIII. Senats vom 29. April 2014 VIII R 23/13 und vom 14. Mai 2014 VIII R 31/11

Quelle: Pressemitteilung Nr. 59/2014 des Bundesfinanzhofes vom 20. August 2014 zu drei Urteilen des BFH vom 29.04.2014 (Urteil des VIII. Senats vom 29.4.2014 – VIII R 44/13 -, Urteil des VIII. Senats vom 29.4.2014 – VIII R 9/13 -, Urteil des VIII. Senats vom 29.4.2014 -VIII R 35/13 -, Urteil des VIII. Senats vom 14.5.2014 – VIII R 31/11 -, Urteil des VIII. Senats vom 29.4.2014 – VIII R 23/13 -, siehe auch ferner Pressemitteilung Nr. 61/14 vom 20.8.2014, Pressemitteilung Nr. 60/14 vom 20.8.2014)

04.08.2014 Kein Splittingtarif für nicht eingetragene Lebenspartner

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 26. Juni 2014 III R 14/05 entschieden, dass die Partner einer Lebensgemeinschaft für Jahre, in denen das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) noch nicht in Kraft war, das steuerliche Splittingverfahren nicht beanspruchen können.

Der Kläger lebt seit 1997 mit seinem Partner, dem er vertraglich zum Unterhalt verpflichtet war, in einer Lebensgemeinschaft. Er beantragte beim Finanzamt und später beim Finanzgericht vergeblich, für das Jahr 2000 zusammen mit seinem Partner zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Das anschließende Revisionsverfahren beim BFH war bis zum Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 7. Mai 2013 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07, durch den die einkommensteuerliche Ungleichbehandlung von Ehegatten und von eingetragenen Lebenspartnern für verfassungswidrig erklärt wurde, ausgesetzt. Der Kläger hielt auch nach Ergehen des BVerfG-Beschlusses an seiner Revision fest, obwohl im Jahr 2000, für das er die Zusammenveranlagung begehrte, die Möglichkeit zur Eingehung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft nach dem LPartG noch gar nicht bestanden hatte.

Der BFH wies die Revision zurück. Er entschied, dass für das Jahr 2000 nur Ehegatten den Splittingtarif in Anspruch nehmen konnten. Auch aus § 2 Abs. 8 des Einkommensteuergesetzes (EStG), der nunmehr rückwirkend die Gleichstellung von Ehegatten und Lebenspartnern regelt, ergibt sich kein Anspruch auf Zusammenveranlagung. Zwar spricht das Gesetz lediglich von „Lebenspartnern“ und nicht etwa von „Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft“. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass die Einfügung des § 2 Abs. 8 EStG eine Reaktion des Gesetzgebers auf die Entscheidung des BVerfG zur Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften war. Für das BVerfG war ausschlaggebend, dass wegen des Inkrafttretens des LPartG zum 1. August 2001 und der damit für gleichgeschlechtlich veranlagte Menschen bestehenden Möglichkeit, eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen, derartige Partnerschaften sich herkömmlichen Ehen so sehr angenähert hätten, dass eine steuerliche Ungleichbehandlung nicht mehr zu rechtfertigen sei. Außerhalb der Ehe und der eingetragenen Lebenspartnerschaft besteht somit auch nach Ansicht des BVerfG kein Anspruch auf Zusammenveranlagung. Deshalb kann z.B. ein nicht verheiratetes, verschiedengeschlechtliches Paar auch dann nicht die Zusammenveranlagung beanspruchen, wenn die Partner einander vertraglich zu Unterhalt und Beistand verpflichtet sind.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 54/2014 des Bundesfinanzhofs vom 30.07.2014 zu dem BFH-Urteil vom 26.06.14 (III R 14/05)

29.07.2014 Immobilien-Preis-Kalkulator ungeeignet

Wird Grundvermögen in Form von Wohnungs-, Teileigentum, Ein- oder Zweifamilienhäusern vererbt oder verschenkt, ist der Grundbesitzwert im Vergleichswertverfahren zu ermitteln und für Zwecke der Erbschaft– oder Schenkungsteuer-festsetzung gesondert festzustellen. Bei Anwendung des Vergleichswertverfahrens sind Kaufpreise von Grundstücken heranzuziehen, die hinsichtlich der ihren Wert beeinflussenden Merkmale mit dem zu bewertenden Grundstück hinreichend übereinstimmen (Vergleichsgrundstücke). Grundlage sind vorrangig die von den Gutachterausschüssen für Grundstückswerte (GAG) mitgeteilten Vergleichspreise (§ 183 Abs. 1 Bewertungsgesetz – BewG).

Das Niedersächsische Finanzgericht hat mit Urteil vom 11. April 2014 (Az. 1 K 107/11) entschieden, die bei den niedersächsischen Finanzämtern übliche Praxis, den Grundbesitzwert mithilfe des von den GAG in ihren Internetauftritten angebotenen Immobilien-Preis-Kalkulators selbst zu ermitteln, genüge nicht den Vorgaben des § 183 Abs. 1BewG. Gleiches gelte, wenn die Finanzämter den Grundbesitzwert aus den Grundstücksmarktberichten ableiteten oder einen Auszug aus der Kaufpreissammlung der Gutachterausschüsse vorlegten. Die gesetzlich verlangte Mitteilung von Vergleichspreisen durch die Gutachterausschüsse setze voraus, dass der örtlich zuständige Gutachteraus-schuss tätig werde und Vergleichsgrundstücke und -preise benenne bzw. erkläre, solche seien nicht vorhanden. Die Finanzämter seien verpflichtet, die vorrangig zu berücksichtigenden Vergleichspreise von den GAG anzufordern.

Unterbleibe dies, sei der Bescheid aufzuheben. Der Steuerpflichtige müsse nicht nachweisen, dass tatsächlich geeignete Vergleichspreise existierten. Er könne auch nicht darauf verwiesen werden, einen niedrigeren gemeinen Wert (Verkehrswert) des Objekts nachzuweisen (§ 198 BewG). Könne der niedrigere gemeine Wert nämlich nicht ausnahmsweise durch einen zeitnah zum Bewertungsstichtag vereinbarten Kaufpreis für das Objekt belegt werden, sei dafür ein Sachverständigengutachten erforderlich, dessen Kosten nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs immer – auch im Fall des Obsiegens vor Gericht – von dem Steuerpflichtigen zu tragen seien. Der aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG) folgende Anspruch auf einen umfassenden und effektiven gerichtlichen Rechtsschutz wäre verletzt, hätte der Steuerpflichtige nicht die Möglichkeit, das Finanzamt zu einer dem Gesetz entsprechenden Wertermittlung zu veranlassen, bevor er entscheide, ob er ein von ihm zu bezahlendes Gutachten einhole.

Das Urteil ist vorläufig nicht rechtskräftig. Die Revision ist zugelassen.

Quelle: Pressemitteilung des FG Niedersachsen vom 18.07.2014 zu dem Urteil des 1. Senats des FG Niedersachsen vom 11.04.2014 (1 K 107/11); Einstellungsdatum: 21.07.2014

01.07.2014 Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale umfasst auch Kosten einer Falschbetankung

Mit Urteil vom 20. März 2014 hat der VI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass auch außergewöhnliche Kosten, wie die Kosten einer Falschbetankung, durch die Entfernungspauschale abgegolten sind.

Der abhängig beschäftigte Kläger hatte im Jahr 2009 auf dem Weg von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle an der Tankstelle irrtümlich Benzin anstatt Diesel getankt. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung beantragte er neben der Entfernungspauschale (0,30 € für jeden vollen Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte; jetzt: erste Tätigkeitsstätte) den Abzug der durch die Falschbetankung verursachten Reparaturaufwendungen in Höhe von ca. 4.200 €. Das Finanzamt versagte den Werbungskostenabzug. Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen erhobenen Klage mit der Begründung statt, die Entfernungspauschale greife für außergewöhnliche Aufwendungen nicht ein.

Der BFH hob die Vorentscheidung des FG auf. Er hat entschieden, dass die Reparaturaufwendungen nicht als Werbungskosten neben der Entfernungspauschale abziehbar sind, da auch außergewöhnliche Aufwendungen durch die Entfernungspauschale abgegolten sind. Dies folge aus dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes („sämtliche Aufwendungen“), aus der Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale zum Veranlagungszeitraum 2001 habe neben umwelt- und verkehrspolitischen Erwägungen auch und vor allem der Steuervereinfachung gedient. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auffassung hat der BFH nicht gesehen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 46/2014 des Bundesfinanzhofes vom 25.06.2014 zu dem BFH-Urteil vom 20.03.2014 (VI R 29/13)