Mandanteninformation 04/2019

Ausgabe Nr. 4/2019 (Juli/August)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Ausfall von Gesellschafterdarlehen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich zur geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) geäußert, nach der der Ausfall von Gesellschafterdarlehen bei GmbH-Gesellschaftern und Aktionären grundsätzlich nicht mehr steuerlich berücksichtigt wird. Das BMF folgt damit der neuen Rechtsprechung, erkennt aber ebenso wie der BFH aus Gründen des Vertrauensschutzes die vormaligen Grundsätze für eine Übergangszeit an.

Hintergrund: Ein GmbH-Gesellschafter, der mit mindestens 1 % und damit wesentlich beteiligt ist und dessen Beteiligung zu seinem Privatvermögen gehört, erzielt bei der Veräußerung oder Aufgabe seiner GmbH-Beteiligung einen Gewinn oder Verlust, der nach dem Teileinkünfteverfahren zu 60 % steuerlich berücksichtigt wird. Hierbei werden zu Gunsten des Gesellschafters auch nachträgliche Anschaffungskosten auf seine Beteiligung berücksichtigt. 

Hierzu zählten nach der früheren Rechtsprechung auch der Ausfall von Darlehensforderungen und die Inanspruchnahme aus einer Bürgschaft, die für eine Verbindlichkeit der GmbH bzw. AG übernommen worden war. Diese Rechtsprechung hat der BFH allerdings im Jahr 2017 geändert und erkennt nunmehr nur noch offene und verdeckte Einlagen des GmbH-Gesellschafters als nachträgliche Anschaffungskosten an. Die bisherigen Grundsätze hatten nämlich an das sog. Eigenkapitalersatzrecht angeknüpft, das zivilrechtlich bereits seit dem 1.11.2008 nicht mehr gilt. Allerdings hat der BFH eine Übergangsfrist für solche Darlehensforderungen eingeräumt, die bis zum 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden sind (lesen Sie zu der Entscheidung des BFH auch den ersten Beitrag unserer Mandanten-Information 1/2018).

Inhalt des BMF-Schreibens: Das BMF wendet aus Gründen des Vertrauensschutzes die bisherigen Grundsätze auch weiterhin in allen offenen Fällen an, in denen das Darlehen oder die Bürgschaft des GmbH-Gesellschafters bis einschließlich 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden ist.

Hinweise: Dem Grunde nach steuerlich absetzbar ist damit der Ausfall eines Darlehens, das bis einschließlich 27.9.2017 als sog. Finanzplandarlehen oder als krisenbestimmt gewährt wurde oder das bis zu diesem Tag trotz Eintritts der Krise stehengelassen wurde. Relevant wird dies in Fällen, in denen das Insolvenzverfahren nach dem 1.11.2008 eröffnet worden ist und damit das bisherige Eigenkapitalersatzrecht nicht mehr gilt. Ist das Insolvenzverfahren hingegen vor dem 1.11.2008 eröffnet worden, gilt zivilrechtlich ohnehin noch das Eigenkapitalersatzrecht, so dass der Darlehensausfall bzw. die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft ebenfalls steuerlich absetzbar sein dürfte; das BMF nimmt hierzu allerdings nicht ausdrücklich Stellung.

In allen anderen Fällen ist die steuerliche Absetzbarkeit des Darlehensausfalls oder der Bürgschaftsinanspruchnahme grundsätzlich zu verneinen.

Hinweis: Dies betrifft Fälle, in denen das Darlehen erst nach dem 27.9.2017 gewährt wurde oder die Bürgschaft nach dem 27.9.2017 eingegangen wurde oder in denen ein bis zum 27.9.2017 gewährtes Darlehen oder eine bis zum 27.9.2017 übernommene Bürgschaft nicht bis zum 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden ist.

Steuerlich wirken sich nunmehr nur noch offene oder verdeckte Einlagen aus. Dies sind Nachschüsse oder Zahlungen in die Kapitalrücklage, Barzuschüsse oder der Verzicht auf eine werthaltige Forderung.

Hinweis: Der Darlehensausfall wird nur dann berücksichtigt, wenn ein Rangrücktritt vereinbart wird, bei dem eine Tilgung aus freiem Vermögen ausgeschlossen wird. Denn dann wird das Darlehen wie Eigenkapital und damit wie eine Einlage behandelt. Die Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage genügt nicht.

Erweiterte Gewerbesteuerkürzung bei Grundstücksverwaltung

Einer Gesellschaft, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als gewerbesteuerpflichtig behandelt wird und selbst nicht Eigentümerin einer Immobilie ist, steht die sog. erweiterte Kürzung zu, wenn sie an einer grundstücksverwaltenden Personengesellschaft beteiligt ist, die ihrerseits nicht gewerblich geprägt ist. Der Beteiligungsertrag unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer.

Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform oder ihrer gewerblichen Prägung gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber nur eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Relevant ist dies insbesondere für GmbHs und für gewerblich geprägte GmbH & Co. KGs, die Immobilien vermieten.

Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, deren Geschäftsführerin die Komplementär-GmbH war; sie galt daher als gewerblich geprägt und unterlag grundsätzlich der Gewerbesteuer. Die Klägerin war mit 2/3 an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt, der A-GbR. Die A-GbR war Eigentümerin einer vermieteten Immobilie. Die Klägerin hatte keine eigenen Immobilien, sondern erzielte in den Jahren 2007 bis 2011 nur Einnahmen aus ihrer Beteiligung an der A-GbR sowie in geringem Umfang Zinsen. Sie machte die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer geltend. Der zuständige Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) rief den Großen Senat des BFH an, da es unter den BFH-Senaten unterschiedliche Entscheidungen und Meinungen zur der Falllösung gibt.

Entscheidung: Der Große Senat entschied zugunsten der Klägerin:

  • Grundsätzlich kann die Klägerin die erweiterte Kürzung beantragen, da sie nur aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG mit der Komplementär-GmbH als Geschäftsführerin gewerbesteuerpflichtig ist.
  • Zwar verlangt das Gesetz die Verwaltung „eigenen“ Grundbesitzes, während die Klägerin zivilrechtlich keinen eigenen Grundbesitz hatte, den sie verwalten konnte. Denn Eigentümerin der vermieteten Immobilie war schließlich die A-GbR.
  • Maßgeblich für die erweiterte Kürzung ist jedoch nicht das Zivilrecht sondern das Steuerrecht. Und steuerrechtlich wird der Klägerin die vermietete Immobilie im Umfang ihrer Beteiligung, d. h. zu 2/3, als eigene Immobilie zugerechnet. Da die A-GbR vermögensverwaltend tätig war, also weder gewerblich noch freiberuflich, werden die von ihr gehaltenen Immobilien nach der sog. Bruchteilsbetrachtung jedem einzelnen Gesellschafter anteilig zugerechnet. Damit gehörte steuerlich der Klägerin die vermietete Immobilie zu 2/3, so dass sie eigenen Grundbesitz verwaltete.
  • Unschädlich war, dass die Klägerin auch die Geschäftsführung der A-GbR übernommen hatte. Denn zur Verwaltung von Grundbesitz gehört auch die Geschäftsführung.

Hinweise: Unschädlich war ebenfalls, dass die Klägerin neben dem Beteiligungsertrag auch Zinseinkünfte erzielte. Denn der Gesetzgeber sieht Zinserträge ausdrücklich als unschädlich an, wenn sie neben der Verwaltung eigenen Grundbesitzes erwirtschaftet werden.

Die Klägerin muss daher auf den Beteiligungsertrag keine Gewerbesteuer zahlen. Dem Grunde nach gewerbesteuerpflichtig bleiben jedoch die Zinsen, sofern sie nicht unter dem Freibetrag bleiben. Sie stehen der erweiterten Kürzung nicht entgegen, bleiben jedoch aufgrund der gewerblichen Prägung selbst gewerbesteuerpflichtig.

Kein Vorsteuerabzug im Umsatzsteuer-karussell

Der Vorsteuerabzug eines Unternehmers setzt u. a. voraus, dass der Rechnungsaussteller und der leistende Empfänger identisch sind. Ist der Rechnungsaussteller nicht der leistende Unternehmer gewesen, weil die Lieferung in einem sog. Umsatzsteuerkarussell stattfand, scheitert der Vorsteuerabzug.

Hintergrund: Von einem Umsatzsteuerkarussell spricht man, wenn mehrere Personen einander in einer Kette (Karussell) Ware liefern, dabei auch die Steuerfreiheit für Lieferungen in andere EU-Staaten ausnutzen und einer von ihnen die Umsatzsteuer nicht abführt, während die anderen den Vorsteuerabzug gegenüber dem FA geltend machen.

Sachverhalt: Der Kläger kaufte in den Jahren 2008 und 2009 Computerzubehör und Spielkonsolen und erhielt hierfür Rechnungen von der T-GmbH und der F-KG. Die Angebote hatte die A-AG erstellt. Der Kläger holte die Waren im Lager der A-AG ab, oder aber die A-AG lieferte direkt an die Kunden des Klägers. Der Sitz der T-GmbH und der F-KG, die die Rechnungen erstellt hatten, befand sich in einem Büroservice-Center, in dem die beiden Firmen über Ablagefächer oder Ablagecontainer verfügten. Die Beteiligungen an der T-GmbH und an der F-KG waren von einer Person, die einen gefälschten Ausweis vorgelegt hatte, erworben worden. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug des Klägers nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist u. a. das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Rechnung. Die Rechnung muss vom leistenden Unternehmer erstellt worden sein, so dass leistender Unternehmer und Rechnungsaussteller identisch sein müssen.
  • Wer leistender Unternehmer ist, ergibt sich aus der zivilrechtlichen Vereinbarung. Leistender Unternehmer ist derjenige, der die Leistung im eigenen Namen selbst ausführt oder aber durch einen Beauftragten ausführen lässt.
  • Im Streitfall ist die Leistung von der A-AG ausgeführt worden. Denn sie hat entweder die Waren direkt an die Kunden des Klägers gesandt oder dem Kläger in ihrem Lager übergeben. Dabei ist die A-AG nicht als Beauftragte der T-GmbH oder der F-KG aufgetreten. Die Rechnungen sind hingegen von der T-GmbH und der F-KG ausgestellt worden. Damit fehlt es an der Identität zwischen Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer.

Hinweise: Der Vorsteuerabzug des Klägers war auch nicht im Billigkeitswege zu gewähren. Denn dies setzt die Gutgläubigkeit des Klägers voraus und erfordert, dass der Kläger alle Maßnahmen ergriffen hat, um sich von der Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu überzeugen, und dass seine Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung ausgeschlossen ist. Dies war im Streitfall zu verneinen, da der Kläger wusste, dass die Lieferungen von der A-AG ausgeführt worden waren. Der gute Glaube des Klägers an die Rechnungsangaben genügt nicht.

Der BFH ging von einem Umsatzsteuerkarussell aus, bei dem die Rechnungsaussteller, nämlich die T-GmbH und die F-KG, als sog. missing trader, d. h. als Scheinfirmen, zwischengeschaltet worden waren und bei der der Kläger der sog. buffer war, d. h. der Zwischenhändler, der tatsächlich unternehmerisch tätig wurde. Der Kläger als Zwischenhändler trug das Risiko, dass er an einem Umsatzsteuerkarussell teilnahm und damit seinen Vorsteuerabzug verlor.

Alle Steuerzahler

Spendenabzug nach vorheriger Schenkung unter Ehegatten

Ein Ehegatte kann eine Spende als Sonderausgaben abziehen, wenn ihm der Betrag zuvor vom Ehegatten unter der Auflage geschenkt worden ist, einen Teil des geschenkten Betrags an einen gemeinnützigen Verein zu spenden. Handelt es sich hingegen nicht um eine Schenkung unter Auflage sondern um einen sog. durchlaufenden Posten, kann nur der andere Ehegatte die Spende abziehen und benötigt hierfür eine auf seinen Namen lautende Spendenbescheinigung.

Hintergrund: Spenden an gemeinnützige Vereine sind als Sonderausgabe absetzbar. Die Spende muss u. a. freiwillig geleistet werden und den Spender wirtschaftlich belasten.

Sachverhalt: Die Klägerin erhielt im Januar 2007 von ihrem kurz danach verstorbenen Ehemann E einen Betrag von 400.000 €. Ein notarielles Schenkungsversprechen oder eine privatschriftliche Vereinbarung hierzu gab es nicht. Die Klägerin spendete insgesamt 130.000 € an zwei gemeinnützige Vereine und erhielt hierüber Spendenbescheinigungen. Das Finanzamt erkannte den geltend gemachten Spendenabzug nicht an.

Entscheidung: Der BFH hielt einen Spendenabzug für möglich und verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Sollte E im Innenverhältnis der Ehegatten Spender gewesen sein, so wäre der Betrag von 130.000 € bei der Klägerin nur ein durchlaufender Posten gewesen, so dass nur der E die Spende abziehen kann. Hierzu fehlen bislang aber auf seinen Namen lautende Spendenbescheinigungen.
  • Denkbar ist auch, dass E der Klägerin einen Betrag von 400.000 € unter der Auflage geschenkt hat, dass die Klägerin einen Teilbetrag von 130.000 € an gemeinnützige Vereine spenden muss. In diesem Fall könnte die Klägerin die Spende als Sonderausgabe abziehen.
  • Denn die Klägerin hätte dann die Spende freiwillig geleistet, obwohl sie aufgrund der Auflage dazu verpflichtet gewesen ist. Entscheidend ist, dass die Klägerin den Schenkungsvertrag und damit auch die Auflage freiwillig eingegangen ist.
  • Auch wäre die Klägerin aufgrund der Spende wirtschaftlich belastet. Zwar hat sie den Spendenbetrag von E erhalten und ist selbst zunächst nicht belastet. Die wirtschaftliche Belastung ist jedoch bei E eingetreten und kann der Klägerin aufgrund der Zusammenveranlagung mit E zugerechnet werden. Beim Sonderausgabenabzug werden Ehegatten nämlich wie eine Einheit behandelt.

Hinweise: Das FG muss nun aufklären, ob es sich um eine Schenkung unter Auflage oder um einen durchlaufenden Posten gehandelt hat. Im ersten Fall wäre der Klage stattzugeben. Hingegen wäre bei einem durchlaufenden Posten eine Spendenbescheinigung erforderlich, die auf den E lautet; der Sonderausgabenabzug würde damit bei E erfolgen und sich aufgrund der Zusammenveranlagung im gemeinsamen Steuerbescheid der Eheleute auswirken.

Verluste eines Übungsleiters

Ein nebenberuflich tätiger Übungsleiter, wie z. B. ein Trainer, kann einen Verlust auch dann steuerlich absetzen, wenn seine Einnahmen unterhalb des Freibetrags von 2.400 € liegen. Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung des Verlustes ist eine Gewinnerzielungsabsicht des Übungsleiters.

Hintergrund: Nebenberuflich tätige Übungsleiter und Ausbilder erhalten einen sog. Übungsleiterfreibetrag von 2.400 € jährlich. Überschreiten die Einnahmen diesen Freibetrag, dürfen die Ausgaben nur insoweit steuerlich abgezogen werden, als sie den Betrag der steuerfreien Einnahmen übersteigen.

Sachverhalt: Der Kläger war nebenberuflich als Übungsleiter tätig und erzielte hieraus Einnahmen in Höhe von ca. 100 € pro Jahr. Im Zusammenhang mit seiner Übungsleitertätigkeit hatte er Ausgaben in Höhe von rund 600 €. Seinen so entstandenen Verlust von 500 € machte er steuerlich geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an, weil sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben unter dem Übungsleiterfreibetrag von 2.400 € lagen.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt, verwies die Sache aber an das Finanzgericht (FG) zur Prüfung einer Gewinnerzielungsabsicht zurück:

  • Der Verlust ist grundsätzlich anzuerkennen, auch wenn die Einnahmen und Ausgaben jeweils unter dem Übungsleiter-Freibetrag von 2.400 € liegen. Zwar enthält das Gesetz eine Beschränkung des Ausgabenabzugs; diese Beschränkung greift jedoch erst dann, wenn die Einnahmen über dem Freibetrag von 2.400 € liegen.
  • Dem Gesetz zufolge ist zwar auch dann ein Abzug der Ausgaben ausgeschlossen, soweit diese mit steuerfreien Einnahmen in Zusammenhang stehen. Dies führt jedoch nur zu einer Ausgabenbeschränkung bis zur Höhe der steuerfreien Einnahmen. Darüber hinaus ist ein Ausgabenabzug grundsätzlich möglich. Andernfalls würde der Freibetrag zu steuerlichen Nachteilen führen, wenn der Übungsleiter einen Verlust erleidet.
  • Das FG muss nun prüfen, ob der Kläger überhaupt mit Gewinnerzielungsabsicht tätig geworden ist oder ob er den Verlust aus privaten Gründen hingenommen hat. Im Streitjahr waren die Ausgaben in Höhe von 600 € immerhin deutlich höher als die Einnahmen in Höhe von 100 €.

Hinweise: Die Gewinnerzielungsabsicht wird jahresübergreifend geprüft. Es genügt also, wenn der Steuerpflichtige nachweist, dass er über die gesamte Dauer seiner Tätigkeit einen Gewinn erzielen will. Gerade bei Trainern, die häufig nur geringe Einnahmen erhalten, die unterhalb der Fahrt- und Telefonkosten liegen, kann die Gewinnerzielungsabsicht fehlen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die eigenen Kinder in dem Sportverein tätig sind, so dass die Trainertätigkeit privat veranlasst sein kann.

Zinsen werden vorläufig festgesetzt

Die Finanzverwaltung ordnet an, dass Zinsfestsetzungen künftig mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen werden. Damit reagiert sie auf die verfassungsrechtlich umstrittene Frage, ob der Zinssatz von 6 % für Nachzahlungszinsen bei Steuernachforderungen überhöht ist. Bei einer Zinsfestsetzung mit einem Vorläufigkeitsvermerk (vorläufigen Zinsfestsetzung) sind Einsprüche gegen die Zinsfestsetzung nicht mehr erforderlich, soweit die Höhe des Zinssatzes angegriffen wird.

Hintergrund: Der gesetzliche Zinssatz im Steuerrecht beträgt 6 % jährlich. Dies betrifft Zinsen für Steuernachzahlungen, für gestundete oder ausgesetzte Beträge und für hinterzogene Steuern. Die Höhe des Zinssatzes ist verfassungsrechtlich umstritten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hält den Zinssatz nach einer vorläufigen Prüfung für den Verzinsungszeitraum ab 2012 für verfassungsrechtlich zweifelhaft. Das Bundesfinanzministerium (BMF) gewährt Aussetzung der Vollziehung für Zinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2012 (lesen Sie hierzu unsere Mandanten-Information 2/2019).

Wesentliche Aussagen des BMF: Das BMF ordnet nun an, dass Zinsfestsetzungen grundsätzlich vorläufig festgesetzt werden.

  • Der Vorläufigkeitsvermerk gilt für erstmalige Zinsfestsetzungen, aber auch bei der Korrektur einer Zinsfestsetzung.
  • Hat der Steuerpflichtige Einspruch gegen eine Zinsfestsetzung eingelegt, die noch nicht mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen war, so ruht das Einspruchsverfahren, bis die anhängigen Verfahren beim Bundesverfassungsgericht und beim BFH entschieden werden.

Hinweis: Befindet sich der Steuerpflichtige schon im Klageverfahren beim Finanzgericht oder beim BFH, darf der Vorläufigkeitsvermerk für die Zinsfestsetzung nur auf Antrag des Steuerpflichtigen vorgenommen werden.

  • Ergeht die Zinsfestsetzung vorläufig und wird hiergegen Einspruch eingelegt, so ist der Einspruch als unbegründet zurückzuweisen. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Steuerpflichtige neben dem Einspruch auch die Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung beantragt.

Hinweise: Die Vorläufigkeitsfestsetzung bewirkt, dass bei einer für den Steuerzahler positiven Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts die Zinsfestsetzung zugunsten des Steuerzahlers geändert werden kann, ohne dass dieser vorher Einspruch eingelegt haben muss.

Der Vorläufigkeitsvermerk wird auch für Erstattungszinsen gelten. Vor einer künftigen Änderung einer Festsetzung über Erstattungszinsen dürfte der Steuerzahler aber durch eine Regelung zum Vertrauensschutz, die auch für Zinsfestsetzungen gilt, geschützt sein. Allerdings ist zu erwarten, dass der Gesetzgeber jedenfalls für die Zukunft den Zinssatz auch für Erstattungszinsen mindern wird, falls das Bundesverfassungsgericht den aktuellen Zinssatz von 6 % für Nachzahlungszinsen für zu hoch erachten sollte.

Mandanteninformation 03/2019

Ausgabe Nr. 3/2019 (Mai/Juni)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Briefkastenanschrift des Rechnungsausstellers – Beweislast des Empfängers

Zwar ist der Vorsteuerabzug auch aus einer Rechnung möglich, in der der Rechnungsaussteller nur seine Briefkastenanschrift angegeben hat (lesen Sie hierzu unsere Mandanten-Information 6/2018). Der Rechnungsempfänger trägt allerdings die Beweislast dafür, dass der Rechnungsaussteller unter der angegebenen Briefkastenanschrift im Ausstellungszeitpunkt postalisch erreichbar gewesen ist.

Sachverhalt: Der Kläger betrieb mehrere Unternehmen. Er machte im Jahr 2007 die Vorsteuer aus den Rechnungen zweier Unternehmer geltend, die jeweils eine eigene Adresse angaben, unter denen sie nach den Feststellungen des Finanzamts wirtschaftlich nicht aktiv geworden waren. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück:

  • Zwar ist es ist nach der neuen Rechtsprechung des BFH und des EuGH nicht erforderlich, dass der Rechnungsaussteller und Lieferant unter der in der Rechnung angegebenen Anschrift wirtschaftlich aktiv geworden ist. Es genügt, wenn er eine Anschrift verwendet, unter der er postalisch erreichbar ist.
  • Maßgeblicher Zeitpunkt für die postalische Erreichbarkeit ist der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung.
  • Der Rechnungsempfänger, der die Vorsteuer aus der Rechnung geltend machen will, trägt allerdings die Beweislast dafür, dass der Rechnungsaussteller im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung unter der von ihm angegebenen Adresse postalisch erreichbar ist. Dies muss das FG nun noch aufklären.

Hinweise: Für die postalische Erreichbarkeit genügt ein Briefkasten, ein Postfach, eine Großkundenadresse oder eine c/o-Adresse des Rechnungsausstellers. Die Finanzverwaltung folgt der neuen Rechtsprechung und erkennt den Vorsteuerabzug aus sog. Briefkastenrechnungen an.

Das Urteil verdeutlicht die Schwierigkeiten für denjenigen, der die Vorsteuer aus einer derartigen Rechnung geltend machen will: Er muss nachweisen, dass der Rechnungsaussteller im Zeitpunkt der Rechnungsausstellung unter der genannten Rechnungsanschrift postalisch erreichbar war; im Streitfall ging es immerhin um das Jahr 2007, so dass der Kläger nun die postalische Erreichbarkeit der Rechnungsaussteller im Jahr 2007 nachweisen muss.

Dienstwagenüberlassung bei einem Minijob-Ehegattenarbeitsverhältnis

Die Überlassung eines Dienstwagens an einen beschäftigten Ehegatten im Minijob-Arbeitsverhältnis ist nicht fremdüblich. Der Arbeitslohn für den Ehegatten wird daher nicht als Betriebsausgabe anerkannt. Ob die Aufwendungen für den Dienstwagen als Betriebsausgaben absetzbar sind, hängt davon ab, ob und inwieweit der Dienstwagen für betriebliche Fahrten genutzt wurde.

Hintergrund: Arbeitsverhältnisse mit Kindern oder dem Ehegatten werden steuerlich nur anerkannt, wenn sie einem sog. Fremdvergleichstandhalten, also dem entsprechen, was fremde Dritte untereinander vereinbart hätten. Außerdem muss der Arbeitsvertrag klar und eindeutig sein und auch tatsächlich durchgeführt werden.

Sachverhalt: Der Kläger betrieb in den Jahren 2012 bis 2014 ein Sportgeschäft und beschäftigte seine Ehefrau im Rahmen eines Minijobs als Büro-, Organisations- und Kurierkraft für neun Wochenstunden gegen ein Monatsgehalt von 400 €. Außerdem überließ er ihr als Dienstwagen einen gebrauchten Opel Astra und nach dessen Verkauf einen gebrauchten Saab Vector Kombi. Die Ehefrau durfte den jeweiligen Dienstwagen unbeschränkt und ohne Kostenbeteiligung privat nutzen.

Den Nutzungsvorteil aus der Überlassung des Dienstwagens zu privaten Zwecken ermittelte der Kläger nach der sog. 1 %-Methode und zog den sich hiernach ergebenden Wert vom Gehalt ab. Die Ehefrau erhielt daher nur einen Differenzbetrag von 137 € während der Nutzung des Opel bzw. von 15 € während der Nutzung des Saab. Das Finanzamt erkannt den Lohnaufwand und den Aufwand für den jeweiligen Dienstwagen nicht als Betriebsausgaben an.

Entscheidung: Der BFH erkannte den Lohnaufwand ebenfalls nicht an, verwies die Sache allerdings wegen der Abziehbarkeit der Kfz-Aufwendungen als Betriebsausgaben an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Der Arbeitsvertrag war nicht fremdüblich, da ein fremder Dritter einem Minijobber keinen Dienstwagen zur uneingeschränkten Privatnutzung ohne Selbstbeteiligung überlassen hätte. Es besteht für den Arbeitgeber nämlich das Risiko, dass der Arbeitnehmer den Dienstwagen ausgiebig privat nutzt und sich dadurch die Aufwendungen für den Dienstwagen deutlich erhöhen.
  • Steigen die Kfz-Aufwendungen aufgrund der ausgiebigen Privatnutzung z. B. von 100 € auf 200 € monatlich, führt dies bei einem Minijob-Arbeitsverhältnis mit einem Monatsgehalt von 400 € zu einer Erhöhung des wirtschaftlichen Lohnaufwands auf 500 € und damit von 25 %. Bei einem regulär angestellten Arbeitnehmer, der ein Monatsgehalt von 3.000 € erhält, wäre eine Steigerung des Lohnaufwands von 100 € monatlich relativ gering und würde lediglich 3,33 % ausmachen.
  • Unbeachtlich ist, ob die Ehefrau des Klägers den Dienstwagen für betriebliche Zwecke benötigte und ob es sich bei dem Dienstwagen um gehobene oder neue Kfz handelte. Der Lohnaufwand ist damit nicht als Betriebsausgabe absetzbar.
  • Ob die Kfz-Aufwendungen als Betriebsausgaben absetzbar sind, hängt davon ab, in welchem Umfang die Dienstwagen für betriebliche Fahrten eingesetzt wurden. Der Betriebsausgabenabzug wäre möglich bei einer betrieblichen Nutzung von mindestens 10 %, weil der Dienstwagen dann zum sog. gewillkürten Betriebsvermögen gehören würde; allerdings wäre dann auch ein Veräußerungserlös als Betriebseinnahme zu versteuern. Bei einer betrieblichen Nutzung von weniger als 10 % wäre der Betriebsausgabenabzug dagegen ausgeschlossen; ein Veräußerungserlös wäre dann keine Betriebseinnahme.

Hinweise: Ob die Überlassung eines Dienstwagens an einen Minijobber einen Gestaltungsmissbrauch darstellt, ließ der BFH offen. Soll einem Angehörigen im Minijob-Arbeitsverhältnis ein Dienstwagen überlassen werden, sollte unbedingt eine Nutzungsbeschränkung für die Privatnutzung vereinbart werden, z. B. eine Privatkilometer-Begrenzung, Nutzungsverbote für Angehörige des Ehegatten oder für Urlaubsfahrten oder eine Kostenbeteiligung des Ehegatten.

Bruchteilsgemeinschaft kein umsatzsteuerlicher Unternehmer 

Eine Bruchteilsgemeinschaft, bei der jeder Gemeinschafter einen Anteil am Vermögen hält, ohne dass die Gemeinschafter einen gemeinschaftlichen Zweck verfolgen, ist kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinne. Die Bruchteilsgemeinschaft schuldet daher weder Umsatzsteuer, noch ist sie zum Vorsteuerabzug berechtigt.

Hintergrund: Eine Bruchteilsgemeinschaft besteht, wenn mehrere Personen Eigentümer oder Inhaber eines Gegenstands oder Rechts sind, aber keinen gemeinsamen Zweck verfolgen. Hiervon abzugrenzen ist eine Personengesellschaft wie z. B. eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), bei der die Gesellschafter einen gemeinschaftlichen Zweck verfolgen, z. B. den Betrieb einer Arztpraxis.

Sachverhalt: Der Kläger hatte zusammen mit weiteren Personen Erfindungen im medizinischen Bereich getätigt. Er und die anderen Erfinder schlossen mit einer Kommanditgesellschaft (KG) Lizenzverträge über die Vermarktung der Erfindungen. Die KG erteilte den einzelnen Erfindern Gutschriften und wies hierin die Umsatzsteuer mit dem Regelsteuersatz von 19 % aus. Der Kläger gab Umsatzsteuererklärungen ab und erklärte Umsätze aus dem Lizenzvertag nur mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %. Dem folgte das Finanzamt zunächst, änderte allerdings im Jahr 2011 nach einer Außenprüfung die Umsatzsteuer für die Jahre 1998 bis 2010 und besteuerte die Umsätze des Klägers mit 19 %. Der Kläger machte geltend, dass nicht er die Umsatzsteuer schulde, sondern die Bruchteilsgemeinschaft.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Eine Bruchteilsgemeinschaft ist kein Unternehmer im umsatzsteuerlichen Sinn. Denn zivilrechtlich hat die Bruchteilsgemeinschaft keine Rechte und Pflichten. Sie selbst nimmt nicht am Rechtsverkehr teil, sondern nur ihre Gemeinschafter.
  • Daher sind nur die einzelnen Gemeinschafter Unternehmer, so dass ihnen die Umsätze anteilig zugerechnet werden. Damit schuldet der Kläger als Gemeinschafter der Erfinder-Bruchteilsgemeinschaft die auf ihn entfallende Umsatzsteuer. Auch der Vorsteuerabzug steht nicht der Bruchteilsgemeinschaft zu, sondern nur anteilig den einzelnen Gemeinschaftern.
  • Das Finanzamt durfte im Jahr 2011 die Umsatzsteuer für die Jahre 1998 bis 2010 noch ändern. Denn im Streitfall galt eine zehnjährige Verjährungsfrist, weil der Kläger die Umsatzsteuer hinterzogen hat. Die ihm erteilten Gutschriften wiesen eine Umsatzsteuer von 19 % aus, während der Kläger Umsätze mit einem Umsatzsteuersatz von lediglich 7 % erklärte. Ihm hätte bewusst sein müssen, dass der Steuersatz von 7 % nicht korrekt ist, so dass er in seinen Umsatzsteuererklärungen zumindest darauf hätte hinweisen müssen, dass in den Gutschriften die Umsatzsteuer mit 19 % ausgewiesen wurde. Die Verjährungsfrist von zehn Jahren begann erst mit Abgabe der Umsatzsteuererklärungen, so dass im Jahr 2011 noch keine Verjährung eingetreten war.

Hinweise: Der BFH ändert seine Rechtsprechung, da er bislang die Bruchteilsgemeinschaft als Unternehmer und damit als Umsatzsteuerschuldner angesehen hat. Allerdings hat der BFH zum Vorsteuerabzug bereits entschieden, dass dieser nicht der Bruchteilsgemeinschaft zusteht, sondern dem einzelnen Gemeinschafter, soweit die Vorsteuer auf ihn entfällt. Nach dem neuen Urteil steht nun fest, dass die Bruchteilsgemeinschaft umsatzsteuerlich nicht existiert, weil auch die Umsatzsteuer nicht von der Bruchteilsgemeinschaft geschuldet wird, sondern anteilig vom einzelnen Gemeinschafter, dem dafür im Gegenzug auch die Vorsteuer zusteht.

Die Rechtsprechungsänderung erfasst nicht nur Erfindergemeinschaften wie im Streitfall, sondern ist z. B. auch für die im Immobilienbereich weit verbreiteten Grundstücksgemeinschaften von großer Bedeutung.

Schwierig bleibt in der Praxis die Abgrenzung zwischen einer Bruchteilsgemeinschaft und einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Die Gesellschafter einer GbR verfolgen im Gegensatz zur Bruchteilsgemeinschaft einen gemeinsamen Zweck. Im Streitfall hätten sich also die Erfinder auch zu einer GbR zusammenschließen können, deren gemeinsamer Zweck die Vermarktung der Erfindungen ist. Ein entsprechender Gesellschaftsvertrag ist zwar auch mündlich möglich, sollte aber schriftlich getroffen werden, um Unklarheiten zu vermeiden. Hätte im Streitfall eine GbR bestanden, wäre der Erlass eines Umsatzsteuerbescheids gegenüber dem Kläger rechtswidrig gewesen; der Umsatzsteuerbescheid hätte gegenüber der GbR ergehen müssen.

Liebhaberei bei Dauerverlusten

Ergeben sich aus dem Betrieb eines Geschäftes über Jahre erhebliche Verluste, ohne dass Umstrukturierungsmaßnahmen ergriffen werden, können die Verluste nach einer gewissen Anlaufphase als Liebhaberei eingestuft werden und sind damit ab diesem Zeitpunkt steuerlich nicht mehr anzuerkennen.

Hintergrund: Die Erzielung von Einkünften setzt eine Einkünfteerzielungsabsicht voraus. Fehlt die Einkünfteerzielungsabsicht, spricht man von Liebhaberei. Es ist dann anzunehmen, dass die Verluste aus privaten Gründen in Kauf genommen werden. Eine steuerliche Berücksichtigung scheidet aus.

Sachverhalt: Die Antragstellerin in dem Eilverfahren war hauptberuflich Geschäftsführerin einer GmbH. Nebenberuflich betrieb sie seit 2007 in einem kleinen Wintersportort mit ca. 2.300 Einwohnern ein Modegeschäft für hochwertige Damen- und Herrenmode und beschäftigte Arbeitnehmer, u. a. eine Freundin. Im Zeitraum von 2007 bis 2017 erzielte sie Verluste in Höhe von ca. 800.000 €. Das Finanzamt erkannte die Verluste bis einschließlich 2012 an, danach allerdings nicht mehr. Im Jahr 2018 stellte die Antragstellerin den Betrieb des Modegeschäftes ein.

Entscheidung: Das Finanzgericht München (FG) wies den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab:

  • Die Berücksichtigung von Verlusten setzt voraus, dass der Steuerpflichtige über die gesamte Dauer seiner Tätigkeit einen „Totalgewinn“ erzielen will. Dabei kommt es nicht nur auf dessen Absicht an; denn diese ist schwer überprüfbar. Es sind äußere Merkmale zu prüfen, nämlich der Erfolg und die Art der Tätigkeit. Daher ist zu ermitteln, ob der Betrieb überhaupt geeignet ist, einen Gewinn zu erwirtschaften.
  • Bei einem Verlustbetrieb ist zu prüfen, ob die Tätigkeit der Befriedigung persönlicher Neigungen oder der Erlangung wirtschaftlicher Vorteile außerhalb des Steuerrechts dient oder ob die Verluste aus persönlichen Gründen hingenommen werden. Ist beides nicht der Fall, kann aus dem Umstand, dass auf die Verluste nicht mit geeigneten Umstrukturierungsmaßnahmen reagiert wird, auf das Fehlen einer Totalgewinnabsicht geschlossen werden.
  • Im Streitfall hat die Antragstellerin jahrelang Verluste hingenommen, ohne hierauf mit Umstrukturierungsmaßnahmen reagiert oder ein schlüssiges Betriebskonzept erstellt zu haben. Spätestens 2013 hätte sie erkennen müssen, dass der kleine Wintersportort nicht geeignet ist, um hochwertige Mode zu verkaufen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin die Verluste mit ihren Einkünften als Geschäftsführerin verrechnen konnte. Hinzu kommt, dass sie in dem Geschäft eine Freundin beschäftigte, das Betriebsfahrzeug auch für Privatfahrten nutzen konnte und sie über ihr Geschäft am sozialen Leben im Wintersportort, z. B. in der dortigen Wirtschaftsgemeinschaft „Die Kaufleute“ teilnehmen konnte.

Hinweise: Sobald das Finanzamt Zweifel an der Einkünfteerzielungsabsicht hat, erlässt es die Steuerbescheide hinsichtlich der Verluste nur noch vorläufig. Stellt sich später heraus, dass tatsächlich keine Gewinne erzielt werden, werden die Steuerbescheide zu Ungunsten des Steuerpflichtigen geändert und Steuern zuzüglich Zinsen nachgefordert.

Da die Dauer der Anlauf- oder Aufbauphase bei Neugründungen für jeden Betrieb individuell und branchentypisch ist, gibt es keine feste Zeitbegrenzung für die Berücksichtigung anfänglicher Verluste. Es wird für gewöhnlich ein Zeitraum von mindestens fünf Jahren in Betracht kommen. Danach wird das FA allerdings Umstrukturierungsmaßnahmen erwarten.

Keine Umsatzsteuerfreiheit für allgemeinen Fahrschulunterricht

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnt eine Umsatzsteuerbefreiung für den Fahrschulunterricht für die Kfz Klassen B (bis 3,5 t) und C1 (3,5 t bis 7,5 t) ab. Denn Fahrschulunterricht ist nicht mit einem umsatzsteuerfreien Schul- bzw. Hochschulunterricht vergleichbar.

Hintergrund: Nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht sind nur bestimmte Unterrichtsleistungen umsatzsteuerfrei, z. B. der Unterricht durch Ersatzschulen, Hochschulen oder durch Privatschulen, der nach einer Bescheinigung der Kultusbehörde auf einen Beruf oder auf eine Prüfung vorbereitet.

Sachverhalt: Die Klägerin ist eine Fahrschule (GmbH). Sie machte für den Fahrschulunterricht für die Klassen B und C1 die Umsatzsteuerfreiheit geltend. Das Finanzamt erkannte die Umsatzsteuerfreiheit nicht an. Der Fall kam zum Bundesfinanzhof (BFH), der im Jahr 2017 ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH richtete, damit dieser die Frage beantwortet, ob der Fahrschulunterricht für Kfz umsatzsteuerfrei ist. Über dieses Ersuchen hat der EuGH nun entschieden.

Entscheidung: Der EuGH lehnt eine Steuerbefreiung ab:

  • Ein Fahrschulunterricht erfüllt die Anforderungen an einen umsatzsteuerbefreiten Schul-/ Hochschulunterricht nicht.
  • Vielmehr handelt es sich um einen spezialisierten Unterricht, „der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkommt.“

Hinweise: Die abschließende Entscheidung über die Umsatzsteuerfreiheit der Fahrschule muss nun zwar der BFH treffen. Allerdings wird es nach dem Urteil des EuGH keinen Zweifel geben, dass die Umsatzsteuerfreiheit für den Fahrschulunterricht für die Klassen B und C1 zu verneinen ist. In Bezug auf die Klassen C und D (große Lkw und Busse) kommt dagegen weiterhin eine Befreiung als Berufsausbildung in Betracht.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern an Mitarbeiter

Die obersten Finanzbehörden der Länder haben den monatlichen Durchschnittswert für die Besteuerung aus der Privatnutzung eines (Elektro-)Fahrrads ab 2019 festgelegt.

Hintergrund: Arbeitgeber können ihren Arbeitnehmern Fahrräder zur privaten Nutzung überlassen. Sofern sie das Fahrrad zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn bereitstellen, ist dies seit diesem Jahr bis zum 31.12.2021 steuerfrei (lesen Sie hierzu unsere Mandanten-Information 1/2019). Häufiger wird allerdings die Überlassung im Rahmen einer Entgeltumwandlung erfolgen. Dieser Vorgang führt – im Fall der privaten Nutzung durch den Arbeitnehmer – grundsätzlich zu einem geldwerten Vorteil, der als Arbeitslohn zu versteuern ist.

Kernaussagen der obersten Länder-Finanzbehörden: Es gelten folgende Grundsätze, wenn die Überlassung des (Elektro-)Fahrrads arbeitsvertraglich vereinbart wird:

  • Der Wert der privaten Nutzung ist mit 1 % der unverbindlichen Preisempfehlung einschließlich Umsatzsteuer des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers zu bewerten; die Preisempfehlung wird auf volle 100 € abgerundet. Maßgeblich ist die Preisempfehlung im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des(Elektro-)Fahrrads.
  • Wird das (Elektro-)Fahrrad erstmals ab dem 1.1.2019 oder bis Ende 2021 an einen Arbeitnehmer zur Privatnutzung überlassen, sind lediglich 50 % der unverbindlichen Preisempfehlung zu Grunde zu legen. Dies gilt nicht, wenn das (Elektro-)Fahrrad vor dem 1.1.2019 bereits einmal irgendeinem Arbeitnehmer zur Privatnutzung überlassen worden ist.
  • Auf den Anschaffungszeitpunkt des Fahrrads kommt es nicht an, so dass der hälftige Ansatz der Preisempfehlung auch für solche (Elektro-)Fahrräder in Betracht kommt, die bereits vor dem 1.1.2019 angeschafft worden sind, sofern sie vor dem 1.1.2019 noch nicht an einen Arbeitnehmer überlassen worden sind.
  • Die Freigrenze für Sachbezüge i.H.v. 44 € monatlich ist nicht anzuwenden.
  • Ist der Arbeitgeber ein Fahrradverleiher, kann der sog. Rabattfreibetrag i. H. v. 1.080 € berücksichtigt werden, sofern die Lohnsteuer nicht pauschaliert wird.

Hinweise: Ist das (Elektro-)Fahrrad verkehrsrechtlich als Kfz anzusehen, weil der Motor z. B. auch Geschwindigkeiten von mehr als 25 km/h unterstützt, gelten die Grundsätze für die Überlassung von Elektro-/Hybridelektro-fahrzeugen. Hier wird nach aktueller Rechtlage ebenfalls nur der halbe Bruttolistenpreis für das Elektro-Kfz angesetzt, wenn das Fahrzeug dem Arbeitnehmer erstmalig nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2022 zur privaten Nutzung überlassen wird.

Mandanteninformation 02/2019

Ausgabe Nr. 2/2019 (März/April)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Einschränkung der Sollbesteuerung

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) schränkt die umsatzsteuerliche Sollbesteuerung, nach der die Umsatzsteuer mit Ausführung der Leistung entsteht, bei Ratenzahlungen ein. Danach gilt die Sollbesteuerung bei Ratenzahlungen für Dienstleistungen dann nicht, wenn die Raten vertragsgemäß über mehrere Jahre gezahlt werden sollen.

Hintergrund: Grundsätzlich gilt im Umsatzsteuerrecht die Sollbesteuerung. Danach entsteht die Umsatzsteuer mit der Ausführung der Lieferung oder Dienstleistung unabhängig davon, wann der Kunde bezahlt. Im Ergebnis muss der Unternehmer damit die Umsatzsteuer vorfinanzieren. Anders ist dies bei der Istbesteuerung, die nur auf Antrag u. a. bei kleineren Unternehmen mit einem Jahresumsatz von maximal 500.000 € und bei Freiberuflern in Betracht kommt; hier entsteht die Umsatzsteuer erst bei Bezahlung durch den Kunden.

Sachverhalt: Die Klägerin ist im bezahlten Fußball als Spielervermittlerin tätig. Im Jahr 2012 vermittelte sie einen Spieler für ein dreijähriges Engagement und vereinbarte mit dem Verein, dass dieser die Vermittlungsprovision in Raten über drei Jahre leisten soll. Das Finanzamt verlangte von der Klägerin für 2012 die gesamte Umsatzsteuer unter Hinweis auf die ausgeführte Vermittlungsleistung. Hiergegen wehrte sich die Klägerin. Der Fall kam zum Bundesfinanzhof (BFH), der ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH richtete.

Entscheidung: Dem EuGH zufolge entsteht die Umsatz-steuer erst mit der jeweiligen Ratenzahlung:

  • Bei Leistungen, die durch bedingte Ratenzahlungen erst über mehrere Jahre nach der eigentlichen Vermittlung vergütet werden, entsteht die Umsatzsteuer nicht bereits mit Ausführung der Vermittlung. Vielmehr entsteht die Umsatzsteuer erst mit Ablauf des jeweiligen Zeitraums, auf den sich die geleisteten Zahlungen beziehen; dies ist die jeweilige Rate.
  • Der EuGH begründet dies mit der europäischen Regelung für Teilleistungen. Danach gelten Dienstleistungen unter bestimmten Voraussetzungen erst mit der jeweiligen Rate als bewirkt. Diese Voraussetzung dürfte dem EuGH zufolge im Streitfall erfüllt sein, so dass die Umsatzsteuer erst mit der jeweiligen Jahresrate entsteht.

Hinweise: Die Sache muss nun vom BFH abschließend entschieden werden. Zwar hat der EuGH angedeutet, dass der Klage stattzugeben sein dürfte; es liegt nun aber am BFH, die nicht leicht verständliche EuGH-Entscheidung umzusetzen und deutlich zu machen, in welchen Fällen die Sollbesteuerung nicht gilt, weil eine Leistung in mehrere Teilleistungen – entsprechend den Ratenzahlungen – unterteilt wird.

Noch nicht klar ist, ob sich die EuGH-Entscheidung auch auf Leasingverträge und Mietkaufgeschäfte übertragen lässt. In der Praxis werden hier häufig Finanzierungsbanken zwischengeschaltet, die den Kaufpreis für den Käufer sogleich an den Unternehmer (Lieferanten) in voller Höhe bezahlen, während der Käufer Raten an die Bank leistet. Der Unternehmer bekommt seinen Kaufpreis dann also sofort, so dass er die Umsatzsteuer nicht vorfinanzieren muss. Zumindest in diesen Fällen mit einer zwischengeschalteten Bank dürfte es also bei der Sollbesteuerung bleiben.

Ebenfalls in der Praxis üblich ist es, einem zum Vorsteuerabzug berechtigen Käufer zusätzlich zur ersten Rate auch die gesamte Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, so dass der Verkäufer die Umsatzsteuer sogleich in voller Höhe erhält und diese nicht vorfinanzieren muss. Der Käufer kann die ihm mit der ersten Rate in Rechnung gestellte Umsatzsteuer in voller Höhe beim Finanzamt geltend machen.

Bundesfinanzministerium zur Realteilung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat ein neues Schreiben zur Realteilung von unternehmerisch tätigen Personengesellschaften veröffentlicht. Das Schreiben übernimmt die aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und ersetzt das bisherige Schreiben aus dem Jahr 2016. Das BMF-Schreiben ist für die Finanzämter bindend, nicht jedoch für die Finanzgerichte.

Hintergrund: Bei einer Realteilung wird eine unternehmerisch tätige Personengesellschaft in der Weise aufgelöst, dass jeder der Gesellschafter einen Teil des Gesellschaftsvermögens erhält und damit weiterhin unternehmerisch tätig ist, z. B. als Einzelunternehmer. Eine Realteilung hat den Vorteil, dass die sog. stillen Reserven der Wirtschaftsgüter, die der einzelne Gesellschafter übernimmt, nicht versteuert werden müssen. Unter den stillen Reserven versteht man die Differenz zwischen dem aktivierten Buchwert und dem höheren Verkehrswert.

Kernaussagen des BMF:

  • Das BMF unterscheidet nunmehr ebenso wie der BFH zwischen echter und unechter Realteilung.
  • Bei der echten Realteilung wird die Personengesellschaft aufgelöst, und jeder Gesellschafter übernimmt einen Teil des Gesellschaftsvermögens (s. Hintergrund).
  • Daneben gibt es noch die unechte Realteilung, bei der einer der Gesellschafter aus der Personengesellschaft ausscheidet und einen Teil des Gesellschaftsvermögens mitnimmt und damit unternehmerisch tätig wird. Die übrigen Gesellschafter führen den Betrieb der bisherigen Personengesellschaft fort.
  • Beide Arten der Realteilung sind begünstigt, so dass die stillen Reserven der Wirtschaftsgüter, die auf die Gesellschafter der aufgelösten Gesellschaft (echte Realteilung) bzw. auf den ausscheidenden Gesellschafter übergehen (unechte Realteilung), grundsätzlich nicht versteuert werden müssen.

Bei der unechten Realteilung erkennt das BMF eine steuerbegünstigte Realteilung auch dann an, wenn der aus-scheidende Gesellschafter nur Einzelwirtschaftsgüter übernimmt und nicht einen Teilbetrieb/Mitunternehmeranteil.

Hinweise: Damit hält das BMF an seiner bisherigen Auffassung nicht mehr fest, nach der der ausscheidende Gesellschafter bei einer unechten Realteilung einen Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil erhalten müsse, damit eine begünstigte (unechte) Realteilung vorliegt. Die Mitnahme von Einzelwirtschaftsgütern reicht aus; diese müssen jedoch weiterhin betrieblich genutzt werden.

Alle Gesellschafter können beantragen, dass die aktuellen Ausführungen des BMF zur unechten Realteilung nicht angewendet werden, wenn die unechte Realteilung vor dem 1.1.2019 stattgefunden hat.

Das aktuelle Schreiben enthält darüber hinaus zahlreiche weitere Ausführungen zur Realteilung wie z. B. die steuerliche Behandlung von Ausgleichszahlungen unter den Gesellschaftern, die Bewertung des übernommenen Betriebsvermögens oder die Sperrfrist, die zu beachten ist, damit die stillen Reserven nicht versteuert werden müssen. Insoweit werden allerdings die Grundsätze aus dem bisherigen Schreiben zur Realteilung übernommen.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Überlassung von Elektrofahrzeugen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich in einem inoffiziellen Schreiben an den Verband der Automobilindustrie e.V. zur Neuregelung der Besteuerung von Elektro-Dienstwagen geäußert (s. hierzu unsere Mandanten-Information 1/2019). Danach wird der neue steuerliche Vorteil nicht gewährt, wenn der Dienstwagen bereits vor dem 1.1.2019 an irgendeinen Arbeitnehmer schon einmal als Dienstwagen überlassen worden ist.

Hintergrund: Der Gesetzgeber hat den zu versteuernden Vorteil aus der Privatnutzung von betrieblichen Elektro-Kfz und extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen gemindert, indem der Wert von 1 % auf 0,5 % des Bruttolistenpreises monatlich gesenkt wird. Wird die Fahrtenbuchmethode angewendet, werden die Anschaffungskosten für das Elektro- bzw. Hybridelektrofahrzeug ebenfalls nur zur Hälfte angesetzt. Voraussetzung für die jeweilige Minderung ist, dass das Elektro- bzw. Hybridfahrzeug in den Jahren vom 1.1.2019 bis 31.12.2021 angeschafft wird.

Schreiben des BMF: Das BMF hat nun eine Anfrage des Verbands der Automobilindustrie e.V. zur zeitlichen Anwendung der Neuregelung beantwortet.

  • Dem BMF zufolge setzt die Anwendung der Neuregelung – und damit die Minderung des steuerlichen Vorteils aus der Privatnutzung – bei der Überlassung eines Elektro- bzw. Hybridelektrofahrzeugs an einen Arbeitnehmer voraus, dass der Firmenwagen einem Arbeitnehmer erstmals nach dem 31.12.2018 und vor dem 1.1.2022 überlassen worden ist.
  • Eine Überlassung zur privaten Nutzung liegt vor, wenn der Firmenwagen dem Arbeitnehmer für Privatfahren oder für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung überlassen wird.
  • Die Neuregelung greift damit bei solchen Fahrzeugen nicht, die dem Arbeitnehmer bereits vor dem 1.1.2019 zur privaten Nutzung überlassen worden sind. Hier bleibt es bei der bisherigen Regelung, dass 1 % des Bruttolistenpreises angesetzt wird bzw. bei der Fahrtenbuchmethode die Anschaffungskosten für den Pkw und damit die Abschreibungen zu Grunde gelegt werden.

Hinweis: Der Bruttolistenpreis bzw. die Anschaffungskosten werden dann aber um einen pauschalen Abzug für den teureren Elektromotor gemindert (sog. Nachteilsausgleich). Dieser Abzug hängt von der Batteriekapazität ab.

Hinweise: Das BMF-Schreiben ist bemerkenswert, da das Gesetz auf die Anschaffung nach dem 31.12.2018 abstellt. Das BMF wendet die Neuregelung hingegen auch auf Fahrzeuge an, die vor diesem Zeitpunkt angeschafft oder geleast worden sind, sofern sie erst nach dem 31.12.2018 dem Arbeitnehmer zur Privatnutzung überlassen werden. Insofern ist das Schreiben positiv, weil nunmehr auch Altfahrzeuge unter die Regelung fallen, die nach dem 1.1.2019 erstmalig einem Arbeitnehmer zur privaten Nutzung überlassen werden. Eine Überlassung zur Privatnutzung vor dem 1.1.2019 ist hingegen schädlich. Die Anwendung der Neuregelung kann darüber hinaus nicht durch einen bloßen Wechsel des Nutzungsberechtigten zum Stichtag 1.1.2019 herbeigeführt werden.

Alle Steuerpflichtigen

Zinsen: Aussetzung der Vollziehung

Das Bundesfinanzministerium (BMF) folgt im Ergebnis der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und gewährt auf Antrag Aussetzung der Vollziehung für Zinsen für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2012. Der BFH hat nämlich erneut ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des gesetzlichen Zinssatzes von 6 % geäußert.

Hintergrund: Der gesetzliche Zinssatz im Steuerrecht beträgt 6 % jährlich. Dies betrifft Zinsen für Steuernachzahlungen, für gestundete oder ausgesetzte Beträge und für hinterzogene Steuern. Die Höhe dieses Zinssatzes wird von Fachleuten für verfassungswidrig gehalten. Der BFH hat in zwei aktuellen Eilverfahren den Zinssatz in einer vorläufigen Prüfung zunächst für den Verzinsungszeitraum ab dem 1.4.2015 als verfassungswidrig angesehen (s. hierzu unsere Mandanten-Information 4/2018) und jüngst auch für den Verzinsungszeitraum ab 2012.

Aktuelles Schreiben: Das BMF akzeptiert die beiden BFH-Entscheidungen zur möglichen Verfassungswidrigkeit und gewährt nunmehr auf Antrag des Zinsschuldners Aussetzung der Vollziehung für Verzinsungszeiträume ab dem 1.4.2012.

Hinweis: Das aktuelle BMF-Schreiben gilt in allen offenen Fällen und ersetzt das bisherige BMF-Schreiben, das eine Aussetzung der Vollziehung nur für den Verzinsungszeitraum ab dem 1.4.2015 vorsah.

Für Verzinsungszeiträume vor dem 1.4.2012 gewährt das BMF nicht ohne Weiteres Aussetzung der Vollziehung. Hier muss ein besonderes berechtigtes Interesse an der Aussetzung der Vollziehung dargelegt werden. Dieses ist dann gegeben, wenn dem Steuerpflichtigen die Zahlung der Zinsen nicht zuzumuten ist, weil er ansonsten z. B. Insolvenz anmelden müsste. Insoweit kommt es möglicherweise aber noch zu weiteren Gerichtsentscheidungen, in denen auch für Verzinsungszeiträume vor dem 1.4.2012 verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes von 6 % geäußert werden und Aussetzung der Vollziehung gewährt wird.

Betrieb eines Blockheizkraftwerks

Betreibt eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ein Blockheizkraftwerk, das vorwiegend der Wärmeversorgung des Hauses dient und speist sie den überschüssigen Strom gegen Entgelt in das Stromnetz ein, erzielt sie mit dem Verkauf des Stroms gewerbliche Einkünfte. Sie ist zur Abgabe einer Feststellungserklärung verpflichtet. Ob die Wohnungseigentümer eine eigenständige Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) gegründet haben, ist unerheblich.

Hintergrund: Erzielen mehrere Personen als Mitunternehmer gemeinschaftlich Einkünfte, werden die Einkünfte einheitlich und gesondert festgestellt, indem die Höhe und Art der Einkünfte für die Gemeinschaft festgestellt und dem einzelnen Mitunternehmer anteilig zugerechnet werden. Voraussetzung für eine Mitunternehmerstellung sind Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko.

Sachverhalt: Eine aus elf Reihenhäusern bestehende WEG errichtete ein Blockheizkraftwerk, um hieraus den eigenen Energiebedarf zu decken und den überschüssigen Strom gegen Entgelt in das allgemeine Stromnetz einzuspeisen. Den Vertrag mit dem Stromversorgungsunternehmen schloss die WEG, vertreten durch ihre Hausverwaltung. Das Finanzamt sah in der Einspeisung des überschüssigen Stroms gegen Entgelt eine gewerbliche Tätigkeit und erließ einen Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung. Hiergegen wehrte sich die WEG.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab im Grundsatz dem Finanzamt Recht, verwies die Sache allerdings an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:

  • Eine Mitunternehmerschaft kann nicht nur bei einer Personengesellschaft bestehen, sondern auch bei einem vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnis. Ein solches Gemeinschaftsverhältnis liegt bei einer WEG vor. Die einzelnen Wohnungseigentümer haben Mitunternehmerinitiative, weil sie ein Weisungsrecht gegenüber dem Verwalter sowie Stimm- und Kontrollrechte haben. Und die einzelnen Wohnungseigentümer tragen auch ein Mitunternehmerrisiko, weil sie am Gewinn und Verlust der WEG beteiligt sind und zudem mit ihrem Vermögen nach außen in Höhe ihrer Miteigentumsquote haften.
  • Es bedarf daher keines Zusammenschlusses in Gestalt einer GbR, sondern die WEG ist die Mitunternehmerschaft. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sie innerhalb ihres Verbandszwecks tätig wird. Zum Verbandszweck gehört auch die Erzeugung und Vermarktung von Strom, sofern dies ein Nebenprodukt des für die Wohnanlage produzierten Wärmebedarfs ist. Dies war im Streitfall zu bejahen, da das Blockheizkraftwerk zu 3/4 Wärme für die elf Reihenhäuser produzierte und nur zu 1/4 Strom erzeugte, der in das allgemeine Stromnetz eingespeist wurde.
  • Für die Abgabe der Feststellungserklärung ist der bestellte Wohnungsverwalter verantwortlich, weil er das Organ der WEG ist. Der Verwalter verstößt mit der Erstellung und Abgabe der Feststellungserklärung nicht gegen das Steuerberatungsgesetz, weil er insoweit in eigenen Angelegenheiten, nämlich als Organ der WEG, tätig wird.
  • Das FG muss nun noch die Höhe der Anschaffungskosten des Blockheizkraftwerks ermitteln, da hiervon die Abschreibung abhängt. Zu den Anschaffungskosten gehört auch die nicht abziehbare Vorsteuer. Diese ist nicht abziehbar, soweit die Wärme den Mitgliedern der WEG zur Verfügung gestellt wird. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Wärme den WEG-Mitgliedern verkauft wird – dies wäre steuerfrei, weil Leistungen einer WEG an ihre Mitglieder steuerfrei gestellt sind, und würde deshalb zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs führen – oder ob die Wärme unentgeltlich überlassen wird und aus diesem Grund den Vorsteuerabzug ausschließt. Allerdings kann der Aufteilungsmaßstab für den abziehbaren Vorsteueranteil nicht anhand der erzeugten Strom- und Wärmemenge ermittelt werden, sondern muss anhand der unterschiedlich hohen Marktpreise für Strom und Wärme bestimmt werden.

Hinweise: Der Gewinn kann durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt werden.

Die Abgabe einer Feststellungserklärung kann nicht wegen geringer Bedeutung unterbleiben. Eine geringe Bedeutung wird insbesondere bei Zinseinnahmen einer WEG angenommen. Muss die WEG eine Feststellungserklärung wegen der gewerblichen Einkünfte aus dem Verkauf des Stroms abgeben, könnte dies auch dazu führen, dass die Zinsen in der Feststellungserklärung anzugeben sind, allerdings nicht als gewerbliche Einkünfte, sondern als Einkünfte aus Kapitalvermögen.

Dient das Blockheizkraftwerk vorrangig der Erzeugung von Strom, der gegen Vergütung in das allgemeine Stromnetz eingespeist wird, ist nicht die WEG die Mitunternehmerschaft, sondern dies kann dann nur eine GbR der Wohnungseigentümer sein. Für die Abgabe der Erklärung wäre dann nicht der Hausverwalter verantwortlich, sondern der Geschäftsführer der GbR. Der Feststellungsbescheid müsste sich gegen die GbR richten, nicht gegen die WEG.

Abzug nicht anerkannter Heilmethoden

Die Vorlage eines knappen amtsärztlichen Attests kann ausreichen, um Aufwendungen für wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethoden als außergewöhnliche Belastung abzuziehen.

Hintergrund: Die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel wird i. d. R. durch eine Verordnung eines Arztes nachgewiesen. Seit 2011 ist bei bestimmten Maßnahmen der Nachweis der Zwangsläufigkeit in qualifizierter Form zu führen, und zwar „durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung“ (u. a. bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden). Der Nachweis muss vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein.

Sachverhalt: Die Kläger ließen ab Februar 2011 ihre seit ihrer Geburt schwerbehinderte Tochter in einem von zwei Heilpraktikern betriebenen Naturheilzentrum behandeln. Nachdem die Krankenkasse eine Erstattung der Kosten (16.800 €) abgelehnt hatte, machten die Kläger die Aufwendungen im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend und legten ein privatärztliches Attest einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde (Homöopathie) vor. Diese kam zu dem Ergebnis, dass bei dem schweren Krankheitsbild jeder Versuch, das Ergebnis zu verbessern, für die Familie wichtig und auch medizinisch jeder positive Impuls für das Kind zu begrüßen sei, weshalb sie auch ärztlich die Teilnahme am Förderprogramm des Naturheilzentrums empfehle. Auf diesem Attest hatte der zuständige Amtsarzt vermerkt: „Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt“.

Das beklagte Finanzamt erkannte die Behandlungskosten mit der Begründung nicht an, dass die knappe Äußerung des Amtsarztes kein „amtsärztliches Gutachten“ darstelle.

Entscheidung: Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg:

  • Die Tochter der Kläger ist mit wissenschaftlich nicht anerkannten Methoden behandelt worden, so dass der Nachweis der Zwangsläufigkeit in qualifizierter Form geführt werden musste.
  • Diese Anforderungen waren im Streitfall erfüllt: Zwar wird für den Nachweis u. a. ein „amtsärztliches Gutachten“ verlangt. Jedoch wird nicht nur den Amtsarzt, sondern in gleicher Weise auch der Medizinische Dienst der Krankenversicherung ermächtigt, die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen bei unkonventionellen Behandlungsmethoden zu bestätigen. Und dieser muss lediglich eine „ärztliche Bescheinigung“ ausstellen.
  • Vor diesem Hintergrund sind an das „Gutachten“ des Amtsarztes keine höheren Anforderungen als an eine „Bescheinigung“ der Krankenversicherung zu stellen.

Mandanteninformation 01/2019

Ausgabe Nr. 1/2019 (Januar/Februar)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Minderung der USt von Bauträgern beim Reverse Charge-Verfahren

Ein Bauträger, der aus den an ihn erbrachten Bauleistungen bis 2013 die Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt hat (sog. Reverse Charge-Verfahren), obwohl das Reverse Charge-Verfahren nicht hätte angewendet werden dürfen, kann die Rückgängigmachung dieser Umsatzsteuerfestsetzung verlangen. Das Finanzamt darf die Herabsetzung der Umsatzsteuerfestsetzung nicht davon abhängig machen, dass der Bauträger die Umsatzsteuer an den Bauunternehmer nachzahlt oder dass das Finanzamt die Möglichkeit einer Aufrechnung erhält.

Hintergrund: Bis zum Jahr 2013 verlangte die Finanzverwaltung bei Leistungen von Bauunternehmern an Bauträger, die Grundstücke bebauen und veräußern, die Anwendung des sog. Reverse Charge-Verfahrens; der Bauträger musste also die Umsatzsteuer für den Bauunternehmer an das Finanzamt abführen. Im Jahr 2013 entschied dann der Bundesfinanzhof (BFH), dass das Reverse-Charge-Verfahren in diesen Fällen nicht anwendbar ist. Daher kommt es nun in vielen Fällen zu einer Rückabwicklung, weil nun einerseits der Bauunternehmer Umsatzsteuer nachzahlen muss und andererseits der Bauträger eine Erstattung der an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuer verlangen kann. Der Gesetzgeber hat die Rückabwicklung mittlerweile geregelt: Danach darf das Finanzamt die Umsatzsteuer zwar von dem leistenden Bauunternehmer nachfordern; dieser darf allerdings die Nachforderung durch eine Abtretung seines Anspruchs gegenüber dem Bauträger auf Zahlung der Umsatzsteuer erfüllen.

Sachverhalt: Die Klägerin war Bauträgerin und wandte in den Jahren 2011 bis 2013 das Reverse Charge-Verfahren für die an sie erbrachten Leistungen der Bauunternehmer an; sie führte daher die Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Nachdem der BFH im Jahr 2013 die Anwendung des Reverse Charge-Verfahrens in diesen Fällen als rechtswidrig eingestuft hatte, beantragte die Klägerin eine Minderung der Umsatzsteuer, die das Finanzamt ablehnte.

Entscheidung: Der BFH gab der Klage statt:

  • Das Reverse Charge-Verfahren war in den Jahren 2011 bis 2013 bei Umsätzen von Bauunternehmern an Bauträger nicht anwendbar. Dies hat der BFH bereits im Jahr 2013 entschieden.
  • Die Klägerin hat daher einen Anspruch auf Minderung der Umsatzsteuer für 2011 bis 2013. Denn nicht die Klägerin hätte die Umsatzsteuer aus den Bauleistungen einbehalten und an das Finanzamt abführen müssen, sondern die Bauunternehmer selbst.
  • Weitere Voraussetzungen muss die Klägerin nicht erfüllen. Zwar hat der Gesetzgeber die Rückabwicklung mittlerweile geregelt; dies betrifft allerdings die Nachforderung der Umsatzsteuer von den leistenden Bauunternehmern, nicht jedoch die Erstattung der Umsatzsteuer an die Bauträger. Es ist daher für die Minderung der Umsatzsteuer nicht erforderlich, dass die Klägerin die Umsatzsteuer an die Bauunternehmer nachzahlt oder dass das Finanzamt eine Aufrechnungsmöglichkeit erhält.

Hinweise: Die Klägerin verhält sich dem BFH zufolge auch nicht treuwidrig, wenn sie nunmehr die Minderung der Umsatzsteuer verlangt, ihrerseits die Umsatzsteuer aber noch nicht an die leistenden Bauunternehmer nachgezahlt hat. Denn die Anwendung des Reverse Charge-Verfahrens beruhte auf der fehlerhaften Auffassung der Finanzverwaltung, die darauf bestanden hatte, dass Bauträger die Umsatzsteuer für die leistenden Bauunternehmer abführen müssen. Es ist nicht treuwidrig, wenn sich die Klägerin gegen eine fehlerhafte Besteuerung wendet.

Mit ihrer Entscheidung stellen sich die BFH-Richter gegen die Auffassung der Finanzverwaltung, die das Erstattungsverlangen des Bauträgers für Leistungsbezüge bis zum Februar 2014 davon abhängig macht, dass der Bauträger Umsatzsteuer an den leistenden Bauunternehmer nachzahlt oder für die Finanzverwaltung eine Aufrechnungsmöglichkeit gegen den Bauträger besteht. Diese Einschränkungen sind den Richtern des BFH zufolge rechtswidrig.

E-Dienstwagen und Jobtickets steuerfrei

Der Bundesrat hat am 23.11.2018 dem „Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften“ (sog. Jahressteuergesetz 2018) zugestimmt. Das Gesetz enthält unterschiedliche Regelungen zu den wichtigsten Steuerarten. Während des Gesetzgebungsverfahrens ist es zu mehreren Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf gekommen.

Die wichtigsten Neuregelungen:

  • Die bereits im Jahr 2017 verabschiedete Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne, die noch von einer Genehmigung der EU-Kommission abhängig war, tritt rückwirkend zum 5.7.2017 in Kraft, nachdem die EU-Kommission ihre Zustimmung „inoffiziell“ geäußert hat. Die Steuerbefreiung soll auf Antrag auch für Sanierungsgewinne gelten, die durch einen Schuldenerlass vor dem 9.2.2017 entstanden sind.

Hinweis: Durch diese Antragsmöglichkeit für Sanierungsgewinne, die vor dem 9.2.2017 entstanden sind, ist der Unternehmer nicht mehr auf den sog. Sanierungserlass der Finanzverwaltung angewiesen; diese Verwaltungsanweisung wird nämlich von der Rechtsprechung als rechtswidrig angesehen und daher nicht angewendet.

  • Der Entnahmewert aus der Privatnutzung von betrieblichen Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen wird nur noch mit der Hälfte des inländischen Bruttolistenpreises angesetzt. Voraussetzung ist, dass das Fahrzeug in der Zeit vom 1.1.2019 bis 31.12.2021 angeschafft wird. Für Hybridelektrofahrzeuge ist weitere Voraussetzung, dass sie eine elektrische Mindestreichweite von 40 Kilometern haben oder höchstens von 50g CO2/Kilometer ausstoßen. Der bisherige Nachteilsausgleich, der die Bemessungsgrundlage für Elektro- oder Hybridfahrzeuge mindert, fällt ab 2019 weg und greift wieder ab 2022.
  • Die o.g. Grundsätze gelten auch für die Bemessung des geldwerten Vorteils für Arbeitnehmer, die ein entsprechendes Dienstfahrzeug nutzen. Die Halbierung des Listenpreises gilt ebenfalls für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte und für Familienheimfahrten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung.

Hinweis: Die Fahrtenbuchmethode bleibt weiterhin zulässig. Entsprechend der Halbierung der Bemessungsgrundlage für die Anwendung der Listenpreismethode werden hier in Bezug auf die Ermittlung der insgesamt entstandenen Aufwendungen die Anschaffungskosten für das Elektro- und Hybridelektrofahrzeug oder vergleichbare Aufwendungen bei Anschaffung in der Zeit vom 1.1.2019 bis zum 31.12.2021 lediglich zur Hälfte berücksichtigt.

  • Der Vorteil aus der Überlassung eines (Elektro-)Fahrrads, das dem Arbeitnehmer zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn überlassen wird, bleibt künftig einkommensteuerfrei. Gleiches gilt für die Privatnutzung eines betrieblichen (Elektro-)Fahrrads durch einen Unternehmer.
  • Ab 2019 ist ein Jobticket steuerfrei. Dies betrifft Sachbezüge wie Zeitkarten sowie Zuschüsse des Arbeitgebers, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn zu den Aufwendungen des Arbeitsnehmers zum öffentlichen Personennahverkehr geleistet werden. 

Hinweis: Auch die private Nutzung des Jobtickets bleibt steuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt jedoch nicht für die Umwandlung von Arbeitslohn in ein Jobticket, sondern das Jobticket muss zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt werden. Darüber hinaus wird der steuerliche Vorteil auf die Entfernungspauschale angerechnet.

  • Altersvorsorgeaufwendungen und Krankenversicherungsbeiträge eines in Deutschland lebenden, jedoch im EU-Ausland arbeitenden Arbeitnehmers können künftig in Deutschland als Sonderausgaben abgesetzt werden, wenn der Arbeitslohn in Deutschland nach einem Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei ist und der Abzug dieser Aufwendungen in dem anderen EU-Staat nicht möglich ist.

Hinweis: Die Neuregelung gilt in allen noch offenen Fällen.

  • Die sog. Mantelkaufregelung, die bei einer Anteilsübertragung von mehr als 25 % bis zu 50 % zu einem anteiligen Untergang der Verlustvorträge bei einer Kapitalgesellschaft führt, wird rückwirkend ab dem 1.1.2008 aufgehoben, und zwar auch für die Zeiträume ab 2016.

Hinweis: Dies ist eine Reaktion auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), das die Regelung als verfassungswidrig angesehen hat, allerdings nur bis zum 31.12.2015. Der Gesetzgeber geht jetzt zugunsten der Unternehmen über die Entscheidung des BVerfG hinaus und hebt die Regelung auch für Zeiträume ab 2016 auf. Damit kann künftig eine Anteilsübertragung bis zu 50 % vorgenommen werden, ohne dass der Verlustvortrag nach der Mantelkaufregelung anteilig untergeht. Anteilsübertragungen von mehr als 50 % führen jedoch weiterhin zu einem vollständigen Verlustuntergang; allerdings ist hierzu noch ein Verfahren beim BVerfG anhängig, so dass entsprechende Bescheide durch einen Einspruch offengehalten werden sollten.

  • Die sog. Sanierungsklausel, die bei Anteilsübertragungen von mehr als 50 % einen Untergang der Verlustvorträge verhindert, ist wieder anwendbar, und zwar rückwirkend ab dem 1.1.2008. Die Sanierungsklausel stellt eine Ausnahme vom Verlustuntergang bei einer Anteilsübertragung dar, wenn die Anteilsübertragung zum Zweck der Sanierung der Kapitalgesellschaft erfolgt und dabei die wesentlichen Betriebsstrukturen erhalten werden.

Hinweis: Die Sanierungsklausel war vorübergehend suspendiert, weil die EU-Kommission die Klausel als europarechtswidrig ansah. Der Europäische Gerichtshof hat der EU-Kommission allerdings widersprochen und deren Beschluss aufgehoben. Damit gilt die Sanierungsklausel nun wieder ab dem 1.1.2008, soweit Bescheide verfahrensrechtlich noch offen sind. Relevant wird die Sanierungsklausel aber nur bei Anteilsübertragungen von mehr als 50 %, da bei Anteilsübertragungen bis zu 50 % die Verlustuntergangsvorschrift rückwirkend aufgehoben wird (s. oben).

Hinweis: Darüber hinaus enthält das Gesetz weitere Änderungen, die die Umsatzsteuer betreffen (Handel auf elektronischen Marktplätzen sowie neue Regelungen für Gutscheine). Hierüber haben wir bereits in der letzten Ausgabe dieser Mandanten-Information berichtet. Nach der Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt können sämtliche Regelungen nun in Kraft treten.

Alle Steuerpflichtigen

Höheres Kindergeld ab Juli 2019

Der Bundesrat hat am 23.11.2018 das sog. Familienentlastungsgesetz verabschiedet. Das Gesetz sieht zum einen eine Erhöhung des Kindergelds ab Juli 2019 vor und enthält zum anderen steuerliche Entlastungen beim Steuersatz und Steuertarif für alle Steuerpflichtigen.

Die wesentlichen Neuregelungen:

  • Das Kindergeld wird ab dem 1.7.2019 um 10 € pro Monat und Kind erhöht. Es beträgt dann 204 € für das erste und zweite Kind, 210 € für das dritte Kind und 235 € ab dem vierten Kind.
  • Derzeit beträgt das Kindergeld 194 € für das erste und zweite Kind, 200 € für das dritte Kind und 225 € für jedes weitere Kind.
  • Der steuerliche Kinderfreibetrag wird ebenfalls erhöht – und zwar von bislang 2.394 € je Elternteil um 96 € auf 2.490 € je Elternteil ab 2019 und schließlich um weitere 96 € auf 2.586 € je Elternteil ab 2020.

Hinweis: Pro Kind beträgt damit die Erhöhung jährlich 192 €, da jeder Elternteil den um 96 € höheren Kinderfreibetrag erhält. Bei einem höheren Einkommen wirkt sich der Kinderfreibetrag günstiger aus als das Kindergeld.

  • Der Grundfreibetrag, bis zu dem das Einkommen nicht besteuert wird, wird von derzeit 9.000 € auf 9.168 € im Jahr 2019 und auf 9.408 € im Jahr 2020 angehoben.
  • Außerdem wird die Progression gemindert, indem die Eckwerte der Steuertabelle, bei denen sich der Steuersatz erhöht, entsprechend der Inflationsrate um 1,84 % für 2019 und um 1,95 % für 2020 erhöht werden.
  • Diese Verschiebung der Eckwerte dient der Bekämpfung der sog. kalten Progression, bei der sich der Steuersatz bereits durch eine inflationsbedingte Gehaltserhöhung erhöht und die Gehaltserhöhung durch den höheren Steuersatz zum Teil aufgefressen wird.
  • Der im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen maßgebliche Höchstbetrag für Unterhaltszahlungen an unterhaltsberechtigte Angehörigewird von derzeit 9.000 € auf 9.168 € ab dem Jahr 2019 und auf 9.408 € ab 2020 angehoben. Die Höchstbeträge entsprechen den jeweiligen Grundfreibeträgen in den Jahren 2019 und 2020.

Hinweise: Das Gesetz muss jetzt noch vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden, was als sicher gilt. Nach der Unterzeichnung wird das Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet und tritt dann zum 1.1.2019 in Kraft, sofern bei einzelnen Änderungen kein anderer Zeitpunkt des Inkrafttretens vorgesehen ist.

Zinssatz von 6 % möglicherweise bereits ab 2012 verfassungswidrig

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat ernstliche Zweifel, ob der steuerliche Zinssatz von 6 % p.a. für Nachzahlungs- und Aussetzungszinsen für Verzinsungszeiträume ab 2012 noch verfassungsgemäß ist. Der BFH gewährt daher die Aussetzung der Vollziehung von Zinsfestsetzungen für Verzinsungszeiträume ab diesem Zeitpunkt.

Hintergrund: Kommt es zu einer Steuernachzahlung oder zu einer Aussetzung der Vollziehung, ist der Nachzahlungsbetrag mit 0,5 % monatlich, also mit 6 % jährlich, zu verzinsen. Die Höhe dieses Zinssatzes wird von Fachleuten für verfassungswidrig gehalten. Der BFH hat bereits in einem früheren Eilverfahren den Zinssatz für den Verzinsungszeitraum ab dem 1.4.2015 als verfassungswidrig angesehen (s. hierzu unsere Mandanten-Information Juli/August 2018).

Sachverhalt: Die Antragsteller beantragten für die Steuerfestsetzungen der Jahre 2007 bis 2010 erfolgreich die Aussetzung der Vollziehung und legten gegen die Steuerbescheide Einspruch ein. Nachdem das Einspruchsverfahren erfolglos geblieben war, setzte das Finanzamt Aussetzungszinsen auf der Grundlage des gesetzlichen Zinssatzes von 6 % für den Verzinsungszeitraum November 2012 bis September 2016 fest. Gegen die Zinsfestsetzung legten die Antragsteller Einspruch ein und beantragten Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidung: Der BFH gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt:

  • Der gesetzliche Zinssatz von 0,5 % monatlich bzw. 6 % jährlich könnte verfassungswidrig sein. Für den Verzinsungszeitraum ab April 2015 gibt es bereits eine entsprechende Entscheidung des BFH.
  • Die verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen auch hinsichtlich des Verzinsungszeitraums ab 2012. Denn bereits zu diesem Zeitpunkt war das Marktzinsniveau deutlich niedriger als der gesetzliche Zinssatz von 6 %. Außerdem fehlt es an einer Begründung für die gesetzliche Festlegung eines Zinssatzes von 6 %.
  • Zwar rechtfertigt nicht jeder verfassungsrechtliche Zweifel eine Aussetzung der Vollziehung. Die verfassungsrechtlichen Zweifel sind hier allerdings schwerwiegend. Außerdem ist nicht ersichtlich, dass durch eine Aussetzung der Vollziehung das öffentliche Interesse an einem geordneten Bundeshaushalt beeinträchtigt werden könnte.

Hinweise: Für Verzinsungszeiträume ab 2012 sowie ab 2010 sind zwei Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) anhängig. Nur das BVerfG darf eine mögliche Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes feststellen. Die aktuelle Entscheidung des BFH ist nur eine vorläufige Entscheidung im Rahmen einer Aussetzung der Vollziehung.

Die Frage der Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes betrifft nicht nur Aussetzungs- und Nachzahlungszinsen, sondern beispielsweise auch Stundungszinsen sowie Hinterziehungszinsen, aber auch Erstattungs- oder Prozesszinsen.

Wegen der möglichen Verfassungswidrigkeit sollten Zinsfestsetzungen in jedem Fall mit einem Einspruch angefochten und ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden.

Krankenversicherung für das Kind

Eltern können die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge ihres in der Ausbildung befindlichen Kindes, die von der Ausbildungsvergütung ihres Kindes einbehalten werden, als Sonderausgaben absetzen, wenn sie ihrem Kind die Beiträge im Wege des Barunterhalts erstatten und das Kind trotz seiner Ausbildungsvergütung noch unterhaltsbedürftig ist.

Hintergrund: Eltern können nicht nur ihre eigenen Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung als Sonderausgaben absetzen, sondern auch die im Rahmen ihrer Unterhaltsverpflichtung getragenen Beiträge ihres Kindes. Für das Kind muss ein Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Kinderfreibetrag bestehen.

Sachverhalt: Die Kläger sind Eltern eines Kindes, das bis zum Mai 2010 eine Ausbildung zum Straßenbauer absolvierte und noch bei seinen Eltern wohnte. Der Arbeitgeber des Kindes behielt von Januar bis Mai 2010 insgesamt ca. 260 € Krankenversicherungsbeiträge und ca. 30 € Pflegeversicherungsbeiträge ein. Bei dem Kind wirkten sich die Beiträge aufgrund des geringen Einkommens steuerlich nicht aus. Die Kläger machten daher in ihrer Steuererklärung die Beiträge als Sonderausgaben geltend. Das Finanzamt erkannte den Sonderausgabenabzug nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Der Sonderausgabenabzug der Eltern ist auch für Beiträge des Kindes für die Kranken- und Pflegeversicherung möglich, in der das Kind Mitglied ist. Die Eltern müssen aber unterhaltspflichtig sein und die Beiträge des Kindes getragen haben.
  • Im Streitfall hat zunächst das Kind die Beiträge getragen, weil die Beiträge von seiner Ausbildungsvergütung abgezogen und an die Krankenkasse überwiesen wurden. Die Kläger hätten dennoch die Beiträge selbst tragen können, indem sie ihrem Kind die Beiträge im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht erstattet hätten.
  • Vorliegend haben die Kläger ihrem Kind die Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung allerdings nicht erstattet, sondern ihrem Kind lediglich Naturalunterhalt geleistet: Das Kind durfte bei ihnen wohnen und wurde verpflegt. Dies reicht für den Sonderausgabenabzug der Kläger nicht aus.

Hinweis: Verfassungsrechtliche Bedenken hatte der BFH nicht. Es genügt, dass die im Wege eines Barunterhalts getragenen Beiträge steuerlich absetzbar sind.

Der BFH ließ offen, ob das Kind angesichts seiner Ausbildungsvergütung überhaupt noch unterhaltsbedürftig war.

Vom Streitfall zu unterscheiden sind die Fälle, in denen ein Elternteil selbst Versicherungsnehmer ist und das Kind in der privaten Krankenversicherung mitversichert und hierfür einen Beitrag an die private Krankenversicherung leistet; dieser Beitrag ist als Sonderausgabe absetzbar. Im Streitfall war das Kind jedoch selbst Versicherungsnehmer.

Mindestlohn steigt

Am 20.11.2018 wurde die „Zweite Mindestlohnanpassungsverordnung“ im Bundesgesetzblatt verkündet. Damit ist es nun offiziell: Ab dem 1.1.2019 gilt ein bundeseinheitlicher gesetzlicher Mindestlohn von 9,19 € brutto und ab dem 1.1.2020 von 9,35 € brutto je Zeitstunde.

Mandanteninformation 06/2018

Ausgabe Nr. 6/2018 (November/Dezember)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Geplante Gesetzesänderungen

Die Bundesregierung hat einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der insbesondere Neuregelungen zur Körperschaftsteuer und zur Umsatzsteuer enthält und grundsätzlich ab 2019 gelten soll. Die Änderungen betreffen hinsichtlich der Körperschaftsteuer den Verlustuntergang bei einer Anteilsübertragung. Bei der Umsatzsteuer sollen die Ausgabe von Gutscheinen sowie die Überprüfung von Umsätzen auf Internetplattformen geregelt werden.

1. Körperschaftsteuer

Der Gesetzgeber will die Regelung, die seit dem 1.1.2008 bei Anteilsübertragungen an einer Kapitalgesellschaft zu einem anteiligen Untergang der Verlustvorträge führt, wenn mehr als 25 % bis 50 % der Anteile übertragen werden, rückwirkend für den Zeitraum vom 1.1.2008 bis zum 31.12.2015 ersatzlos aufheben. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), das die bisherige Regelung für den Zeitraum bis zum 31.12.2015 für verfassungswidrig erklärt hat.

Hinweis: Für Zeiträume ab dem 1.1.2016 bleibt es hingegen bei Anteilsübertragungen von mehr als 25 % bis zu 50 % beim anteiligen Verlustuntergang. Außerdem kommt es auch weiterhin zu einem vollständigen Verlustuntergang, wenn mehr als 50 % der Anteile übertragen werden. Allerdings bestehen bezüglich beider Regelungen verfassungsrechtliche Bedenken, zumal hinsichtlich der Regelung zum vollständigen Verlustuntergang bereits ein Verfahren beim BVerfG anhängig ist. Entsprechende Bescheide sollten daher durch Einspruch offengehalten werden.

2. Umsatzsteuer

  • Ab 2019 sollen elektronische Marktplätze wie z. B. eBay Aufzeichnungen führen über die Verkäufer, die auf dem elektronischen Marktplatz Waren verkaufen. Auf Anforderung müssen sie die Aufzeichnungen dem Finanzamt übermitteln, das auf diese Weise den Verkäufer umsatzsteuerlich überprüfen kann.

Außerdem soll der Betreiber des elektronischen Marktplatzes für die Umsatzsteuer aus den Verkäufen haften, wenn der Verkäufer die Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abführt. Der Betreiber haftet u. a. dann nicht, wenn er eine Finanzamtsbescheinigung über die steuerliche Erfassung des Verkäufers vorlegen kann. Diese Bescheinigung wird auf Antrag des Verkäufers vom zuständigen Finanzamt erteilt. Ihre Ausstellung kann verweigert werden, wenn der Verkäufer seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist und nicht zu erwarten ist, dass er diesen künftig nachkommen wird.

  • Geregelt werden soll ab 2019 auch die Umsatzsteuer aus dem Verkauf von Gutscheinen, die nach dem 31.12.2018 ausgestellt werden; dabei übernimmt die Neuregelung im Wesentlichen die bisherige Handhabung. Nach dem Gesetzesentwurf soll zwischen Einzweckgutscheinen und Mehrzweckgutscheinen unterschieden werden:

Ein Mehrzweckgutschein ist ein Wertgutschein, der über einen bestimmten Betrag lautet und nicht auf ein bestimmtes Produkt beschränkt ist (z. B. Gutschein für einen Versandhandel über 100 €). Hier soll die Umsatzsteuer erst mit der Einlösung des Gutscheins entstehen.

Anders ist dies bei einem Einzweckgutschein, der für eine bestimmte Leistung an einem bestimmten Ort ausgestellt wird (z. B. für ein Frühstücksbuffet in einem bestimmten Restaurant). Hier soll die Umsatzsteuer bereits mit der Ausgabe des Gutscheins entstehen.

  • Entscheidend für die Unterscheidung ist somit, ob die zur Besteuerung erforderlichen Informationen bereits bei der Ausstellung des Gutscheins vorliegen (dann Einzweckgutschein) oder nicht (dann Mehrzweckgutschein).

Hinweis: Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung von Bundestag und Bundesrat. Es soll Ende des Jahres verabschiedet werden.

Vorsteuerabzug bei Briefkastenanschrift

Der Bundesfinanzhof (BFH) ändert seine Rechtsprechung zugunsten von Unternehmen und lässt nunmehr den Vorsteuerabzug auch aus solchen Rechnungen zu, in denen der leistende Unternehmer und Rechnungsaussteller lediglich seine Briefkastenadresse angegeben hat, nicht aber die Adresse, unter der er wirtschaftlich aktiv geworden ist. Allerdings muss der leistende Unternehmer und Rechnungsaussteller unter der angegebenen Anschrift im Ausstellungszeitpunkt der Rechnung erreichbar gewesen sein.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug eines Unternehmers setzt voraus, dass er über eine ordnungsgemäße Rechnung des leistenden Unternehmers verfügt. Nach deutschem Recht muss der leistende Unternehmer in seiner Rechnung u. a. seinen vollständigen Namen und seine vollständige Anschrift angeben.

Streitfälle: Der BFH hatte zwei Fälle zu entscheiden: In einem Fall ging es um einen Kfz-Händler, der die Vorsteuer aus den Rechnungen eines Online-Händlers abziehen wollte. Der Online-Händler hatte in den Rechnungen eine Anschrift angegeben, unter der er postalisch erreichbar, tatsächlich jedoch nicht wirtschaftlich aktiv geworden war. Seine wirtschaftliche Tätigkeit übte er nämlich von einem anderen Ort aus.

Der andere Fall betraf einen Schrotthändler, der von einer im deutschen Handelsregister eingetragenen GmbH Schrott bezog. Diese GmbH, die von einem Ungarn geleitet wurde und die ungarische Lkw einsetzte, verfügte unter ihrer im Handelsregister eingetragenen Anschrift in A-Stadt über keine eigenen Geschäftsräume, sondern nutzte das Telefon und das Fax sowie einen Schreibtisch einer Anwaltskanzlei, deren Anschrift und Kommunikationsmittel von weiteren Unternehmen genutzt wurden. Ihre Geschäftsunterlagen bewahrte die GmbH in Ungarn auf. In den Rechnungen war die Kanzlei-Anschrift in A-Stadt angegeben.

Das Finanzamt erkannte sowohl im Fall des Kfz-Händlers als auch im Fall des Schrotthändlers die Vorsteuer nicht an.

Entscheidungen: Der BFH gab in beiden Fällen den Klagen im Grundsatz statt, nachdem er im Fall des Kfz-Händlers den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angerufen und dieser die Ordnungsmäßigkeit der Eingangsrechnung bejaht hatte:

  • Danach genügt es, wenn der Rechnungsaussteller und Lieferant eine Anschrift verwendet, unter der er erreichbar ist. Dies kann auch eine bloße Briefkastenanschrift sein, unter der das Unternehmen offiziell angemeldet ist.
  • Der BFH schließt sich dem EuGH an und hält an seiner bisherigen Rechtsprechung, wonach eine bloße Briefkastenanschrift nicht ausreicht, nicht mehr fest. Es ist daher nicht erforderlich, dass der Rechnungsaussteller unter seiner in der Rechnung angegebenen Anschrift wirtschaftlich aktiv geworden ist.
  • In beiden Fällen war der jeweilige Rechnungsaussteller und Lieferant unter seiner angegebenen Anschrift erreichbar. Damit stand beiden Klägern im Grundsatz der Vorsteuerabzug zu. Der BFH verwies die Sache im Fall des Kfz-Händlers an das Finanzgericht zurück, weil dieses noch die Höhe des Vorsteuerabzugs klären muss.

Hinweise: Die beiden Urteile sind keine Überraschung mehr, nachdem bereits der EuGH Ende letzten Jahres die bisherigen Anforderungen an die Anschrift des Rechnungsausstellers und Lieferanten als zu streng angesehen hat. Dennoch besteht nun endgültig Klarheit, dass Briefkastenanschriften und statuarische Anschriften, d. h. die im Handelsregister eingetragenen Anschriften, für den Vorsteuerabzug des Rechnungs- und Leistungsempfängers genügen.

Allerdings gilt dies nicht uneingeschränkt: Denn die postalische Erreichbarkeit der genannten Anschrift muss im Zeitpunkt der Ausstellung der Rechnung gegeben sein. Daher sind Scheinadressen nicht ausreichend. Außerdem muss die in der Rechnung bezeichnete Leistung natürlich auch tatsächlich erbracht worden sein, und es müssen auch die übrigen Rechnungsanforderungen, wie z. B. die Bezeichnung der erbrachten Leistung, erfüllt sein.

Ist dies der Fall, ist es nach der aktuellen Entscheidung zum Schrotthändler für dessen Vorsteuerabzug unschädlich, falls der Rechnungsaussteller und Lieferant in eine Umsatzsteuerhinterziehung verwickelt gewesen sein sollte.

Steuerfreiheit von Sanierungsgewinnen

Die EU-Kommission hat in einem sog. comfort letter die gesetzliche Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne inoffiziell gebilligt. Damit ist der Weg frei, die Steuerbefreiung in Kraft treten zu lassen.

Hintergrund: Ein Sanierungsgewinn entsteht beim Schuldner, wenn ein Gläubiger auf seine Forderung verzichtet. Die Verbindlichkeit ist dann nämlich gewinnerhöhend auszubuchen. Im Jahr 2017 hat der Gesetzgeber eine Steuerbefreiung für Sanierungsgewinne eingeführt, die nach dem 8.2.2017 entstehen. Die Neuregelung tritt jedoch erst in Kraft, wenn sie von der EU-Kommission genehmigt wird. Dahinter steckt die Sorge, dass die EU-Kommission in der Steuerbefreiung eine europarechtswidrige Subvention sehen und ein Verfahren gegen die Bundesrepublik einleiten könnte mit der Folge, dass die Steuerbefreiung bereits ab diesem Zeitpunkt nicht mehr angewendet werden dürfte.

Mitteilung der EU-Kommission: Die EU-Kommission hat nun einen sog. comfort letter an die Bundesregierung gesendet und mitgeteilt, dass sie die Steuerbefreiung billigt. Die Steuerbefreiung verstoße nicht gegen Europarecht, da es sich um eine sog. Alt-Beihilfe handele. Denn Sanierungsgewinne waren nach deutschem Recht bereits früher steuerfrei.

Hinweis: Es handelt sich nicht um einen offiziellen Beschluss der EU-Kommission, sondern um eine inoffizielle Mitteilung. Dies hat zur Folge, dass die gesetzliche Steuerbefreiung nicht automatisch in Kraft tritt, sondern eine entsprechende Regelung beschlossen werden muss, die die Steuerbefreiungsnorm rückwirkend in Kraft treten lässt.

Einzelaufzeichnungspflicht für Kasseneinnahmen

In der letzten Ausgabe dieser Mandanten-Information haben wir u. a. über Ausnahmen von der Einzelaufzeichnungspflicht bei der Verwendung einer offenen Ladenkasse im Falle von Dienstleistungen berichtet. In diesem Zusammenhang eine Klarstellung:

Voraussetzung für die Ausnahme ist, dass der Geschäftsbetrieb des Dienstleisters auf eine Vielzahl von Kundenkontakten ausgerichtet ist und sich der Kundenkontakt im Wesentlichen auf die Bestellung und den kurzen Bezahlvorgang beschränkt. Die Ausnahme greift wiederum nicht, wenn der Kundenkontakt in etwa der Dauer der Dienstleistung entspricht und der Kunde auf die Dienstleistung individuell Einfluss nehmen kann. Bei Friseuren greift die Befreiung von der Einzelaufzeichnungspflicht, anders als in der Vorausgabe dargestellt, daher nicht. Gleiches gilt für Kosmetiker und vergleichbare Berufsgruppen.

Abgabesatz Künstlersozialversicherung

Der Abgabesatz zur Künstlersozialversicherung wird im Jahr 2019 unverändert 4,2 % betragen. Die entsprechende Verordnung wurde Ende August bekanntgegeben.

Hintergrund: Über die Künstlersozialversicherung werden derzeit rund 190.000 selbständige Künstler und Publizisten als Pflichtversicherte in den Schutz der gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung einbezogen. Sie tragen, wie Arbeitnehmer, die Hälfte ihrer Sozialversicherungsbeiträge. Die andere Beitragshälfte wird durch einen Bundeszuschuss (20 %) und durch die Künstlersozialabgabe der Unternehmen finanziert, die künstlerische und publizistische Leistungen verwerten (30 %).

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Absagen zu Betriebsfeiern

Der geldwerte Vorteil, der sich aus der Teilnahme an einer Weihnachtsfeier ergeben kann, erhöht sich für den teilnehmenden Arbeitnehmer nicht dadurch, dass Kollegen abgesagt haben. Dies gilt einem aktuellen Urteil des FG Köln zufolge jedenfalls dann, wenn jeder Teilnehmer ohnehin unbegrenzt Speisen und Getränke zu sich nehmen kann.

Hintergrund: Die Teilnahme an einer Betriebsveranstaltung führt zu Arbeitslohn, soweit der auf den Arbeitnehmer entfallende Anteil einen Freibetrag von 110 € übersteigt.

Streitfall: Die Klägerin, eine GmbH, bot ihren Arbeitnehmern anlässlich der Weihnachtsfeier einen gemeinsamen Kochkurs an. Jeder Arbeitnehmer durfte unbegrenzt Speisen und Getränke zu sich nehmen. Hierfür meldeten sich 27 Arbeitnehmer an; tatsächlich nahmen jedoch nur 25 Arbeitnehmer teil, weil zwei Arbeitnehmer noch absagten. Die Kosten für den Kurs reduzierten sich dadurch aber nicht. Das Finanzamt teilte die Kosten des Kochkurses durch 25 Teilnehmer und gelangte so zu einem höheren geldwerten Vorteil pro Teilnehmer. Die Klägerin wehrte sich gegen die Lohnsteuerfestsetzung und war der Ansicht, dass die Kosten durch 27 zu teilen seien, weil 27 Arbeitnehmer ihre Zusage erteilt hätten.

Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) gab der Klage statt:

  • Die Kosten der Weihnachtsfeier sind durch die Anzahl der angemeldeten Arbeitnehmer zu teilen, also durch 27 – und nicht durch die Anzahl der tatsächlich erschienenen Arbeitnehmer.
  • Die teilnehmenden Arbeitnehmer hatten keinen Vorteil davon, dass zwei weitere Arbeitnehmer nicht zum Kochkurs erschienen sind. Denn jeder Teilnehmer durfte ohnehin unbegrenzt essen und trinken.

Hinweise: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, damit dieser die Frage der Zurechnung der Kosten bei angemeldeten, aber nicht erschienenen Teilnehmern klärt. Im Streitfall war ausschlaggebend, dass sich für den teilnehmenden Arbeitnehmer kein konkreter Mehrwert in Gestalt weiterer Speisen oder Getränke ergab. Allerdings kann man auch einwenden, dass ein Kochkurs mit weniger Teilnehmern mehr wert ist als ein ausgebuchter Kochkurs; dies könnte dann relevant werden, wenn der Veranstalter des Kochkurses den Preis je nach Teilnehmerzahl staffelt.

Das FG widerspricht mit seiner Entscheidung der Auffassung der Finanzverwaltung, die auf die Anzahl der teilnehmenden Arbeitnehmer abstellt und damit pro Teilnehmer zu einem höheren Wert gelangt, der zur Überschreitung des Freibetrags von 110 € führen kann.

Kapitalanleger

Verlust aus der Veräußerung von Aktien

Verkauft ein Anleger wertlos gewordene Aktien zu einem symbolischen Kaufpreis, der die Transaktionskosten nicht übersteigt, erzielt er einen Veräußerungsverlust, der auf Antrag mit Aktiengewinnen verrechnet werden kann. Die Veräußerung zu einem symbolischen Kaufpreis ist kein Gestaltungsmissbrauch.

Hintergrund: Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören auch Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Aktien. Erzielt der Steuerpflichtige Aktiengewinne, kann er beantragen, dass statt der Abgeltungsteuer eine Steuerfestsetzung mit dem individuellen Steuertarif erfolgt und hierbei Aktienverluste berücksichtigt werden.

Streitfall: Der Kläger hatte in den Jahren 2009 und 2010 Aktien zum Preis von ca. 5.800 € gekauft, die im Streitjahr 2013 nahezu wertlos waren. Er verkaufte die Aktien zum Preis von insgesamt 14 € an eine Sparkasse; der Kaufpreis wurde von der Sparkasse als Transaktionskosten einbehalten. Außerdem erzielte der Kläger im Jahr 2013 Aktiengewinne in Höhe von ca. 6.800 €, die der Abgeltungsteuer von 25 % unterlagen. Er stellte einen Antrag auf Steuerfestsetzung, damit die Aktiengewinne mit den Aktienverlusten verrechnet werden können. Dies lehnte das Finanzamt ab, weil es in dem Verkauf der Aktien zum Preis von 14 € keine Veräußerung sah.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof gab der Klage statt:

  • Der Kläger hatte die wertlosen Aktien veräußert, da er sie gegen Entgelt an die Sparkasse verkauft hatte. Unbeachtlich ist, dass die Transaktionskosten genauso hoch waren wie der Kaufpreis. Damit hat der Kläger einen Veräußerungsverlust in Höhe von rund 5.800 € erlitten.
  • Der Verkauf zu einem symbolischen Kaufpreis ist kein Gestaltungsmissbrauch. Denn der Verkauf war für den Kläger der einzige Weg, um sich von den wertlos gewordenen Aktien zu trennen. Ihm war nicht zuzumuten, die Aktien zu behalten und zu warten, bis sie eines Tages von der Bank ausgebucht werden.
  • Damit konnte der Verlust aus der Veräußerung mit dem Gewinn aus dem Aktienverkauf verrechnet und die Steuerlast gemindert werden.

Hinweise: Der BFH widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, die eine Veräußerung nicht anerkennt, wenn der Veräußerungspreis die tatsächlichen Transaktionskosten nicht übersteigt. Dem BFH zufolge kommt es nicht darauf an, ob der Kaufpreis höher ist als die Transaktionskosten. Selbst ein Kaufpreis von 0 € würde ausreichen, um von einer Veräußerung auszugehen, wenn die Aktien wertlos sind.

Offen blieb, ob der BFH eine bloße Ausbuchung der wertlosen Wertpapiere ebenfalls als Veräußerung gewertet hätte.

Im Übrigen macht der BFH deutlich, dass der Steuerpflichtige entscheidet, ob, wann und mit welchem erzielbaren Ertrag er Aktien kauft und verkauft.

Eltern

Baukindergeld: Antrag ab sofort möglich

Seit dem 18.9.2018 können bei der KfW Anträge für das Baukindergeld gestellt werden.

Hintergrund: Gefördert wird, wer ein Haus oder eine Eigentumswohnung baut oder kauft und selbst einzieht oder eine gemietete Wohnimmobilie zur weiteren Eigennutzung kauft. Die Fördersumme beträgt 12.000 € pro Kind (10 Jahre lang je 1.200 €), die Zahl der Kinder ist nicht begrenzt. Ein Anspruch auf Baukindergeld besteht allerdings nicht: Der Zuschuss kann nur so lange zugesagt werden, wie Bundesmittel vorhanden sind.

Die Voraussetzungen:

  • In dem Haushalt leben Kinder unter 18 Jahren, für die der Antragsteller oder der im Haushalt lebende Partner Kindergeld erhält.
  • Der Kaufvertrag für die Immobilie wurde frühestens am 1.1.2018 unterzeichnet. Wird ein Haus in Eigenregie gebaut, gilt als Stichtag die frühestens am 1.1.2018 erteilte Baugenehmigung.
  • Das Haus/die Wohnung ist die einzige Wohnimmobilie.
  • Das Haushaltseinkommen (zu versteuerndes Einkommen des Antragstellers und ggf. des Ehe- oder Lebenspartners) beträgt max. 90.000 € pro Jahr bei einem Kind plus 15.000 € für jedes weitere Kind. Maßgeblich ist das Durchschnittseinkommen des vorletzten und vorvorletzten Jahres vor Antragstellung.
  • Das Haus/die Wohnung befindet sich in Deutschland.

Hinweise: Der Antrag kann erst nach Einzug in die Immobilie gestellt werden. 

Hierbei gelten folgende Fristen:

Bei Einzug zwischen dem 1.1.2018 bis zum 17.9.2018 muss der Antrag ab dem 18.9.2018 bis zum 31.12.2018 gestellt werden. Bei Einzug ab dem 18.9.2018 muss der Antrag innerhalb von drei Monaten nach Einzug gestellt werden. Maßgeblich ist das Datum der Meldebestätigung der Gemeinde.

Den Antrag können Sie nach Ihrer Registrierung online im KfW-Zuschussportal stellen. Dort finden Sie weitere Informationen zum Thema.

Mandanteninformation 05/2018

Ausgabe Nr. 5/2018 (September/Oktober)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Rechnungsangaben beim Vorsteuerabzug

Der Vorsteuerabzug kann trotz fehlender Angabe des Liefer- bzw. Leistungszeitpunkts in der Rechnung möglich sein, wenn davon auszugehen ist, dass die Leistung im Monat des Rechnungsdatums erbracht worden ist. In diesem Fall ergibt sich der Leistungszeitpunkt aus dem Rechnungsdatum.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt insbesondere eine ordnungsgemäße Rechnung voraus. Die Rechnung muss u. a. Angaben zum Zeitpunkt der Lieferung bzw. sonstigen Leistung enthalten. Der Gesetzgeber beanstandet es nicht, wenn als Leistungszeitpunkt nicht der genaue Tag, sondern der Monat angegeben wird.

Streitfall: Der Kläger war Kfz-Händler und machte aus 26 Rechnungen über die Lieferung von insgesamt 26 Pkw den Vorsteuerabzug geltend. In den Rechnungen fehlten die Angaben zum Lieferzeitpunkt. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug des Klägers daher nicht an.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage bezüglich des Vorsteuerabzugs aus den Rechnungen statt:

  • Zwar fehlte in den Rechnungen der Lieferzeitpunkt. Dieser ergibt sich jedoch aus dem Ausstellungsdatum der Rechnung. Der Gesetzgeber lässt es nämlich zu, dass nicht der genaue Tag als Lieferzeitpunkt angegeben werden muss. Die Angabe des Monats genügt.
  • Das Ausstellungsdatum der Rechnung bezeichnet den Monat der Lieferung bzw. sonstigen Leistung, wenn es branchenüblich ist, dass noch im Monat der Lieferung bzw. sonstigen Leistung die Rechnung erstellt wird. Bei der Lieferung von Pkw ist dies der Fall. Daher kann aus dem Rechnungsdatum geschlossen werden, dass auch in diesem Monat der Pkw geliefert worden ist.

Hinweise: Das Urteil ist unternehmerfreundlich. Es bleibt abzuwarten, ob die Finanzverwaltung die Entscheidung anwenden wird.

Stellen Sie fest, dass der Lieferzeitpunkt in der Rechnung fehlt, sollten Sie unabhängig vom aktuellen BFH-Urteil die Berichtigung der Rechnung verlangen. So kann ein Streit mit dem Finanzamt über die fehlende Angabe des Lieferzeitpunkts vermieden werden; die Berichtigung kann auch noch im Verlauf einer Außenprüfung erfolgen.

BMF zur Einzelaufzeichnungspflicht für Kasseneinnahmen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat den Anwendungserlass zur Einzelaufzeichnungspflicht bei der Buchführung veröffentlicht. Damit reagiert das Ministerium auf eine Gesetzesänderung, die am 29.12.2016 in Kraft getreten ist und die insbesondere für Kasseneinnahmen Bedeutung hat.

Hintergrund: Für die Buchführung gelten grundsätzlich die handelsrechtlichen Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung wie z. B. die Pflicht zur vollständigen, zeitgerechten, richtigen und geordneten Aufzeichnung. In jüngerer Zeit ist die Frage aufgeworfen worden, ob zu diesen Grundsätzen auch die Pflicht zur Einzelaufzeichnung gehört. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat dies in einer grundlegenden Entscheidung für bilanzierende Unternehmer bejaht. Der Gesetzgeber hat daraufhin die Einzelaufzeichnungspflicht ausdrücklich in den Pflichtenkatalog für Unternehmer aufgenommen.

Die Kernaussagen des BMF:

  • Die Einzelaufzeichnungspflicht erfordert die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls unmittelbar nach dessen Abschluss. Die Aufzeichnung muss sich zum einen auf die Gegenleistung und auf den Inhalt des Geschäfts beziehen.

Hinweis: Im Einzelnen erfordert dies Aufzeichnungen zum verkauften Artikel, zum Endverkaufspreis, zum Umsatzsteuersatz, zu einem gewährten Rabatt, zum Zeitpunkt (Datum) und zur Anzahl der verkauften Artikel. Eine Pflicht zur Einzelbuchung besteht hingegen nicht.

  • Zum anderen ist auch grundsätzlich der Name des Geschäftspartners aufzuzeichnen.

Hinweis: Allerdings beanstandet es das BMF nicht, wenn die Kundendaten nicht aufgezeichnet werden, sofern dies zur Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit des Geschäftsvorfalls nicht erforderlich ist. Insbesondere bei alltäglichen Bargeschäften im Einzelhandel oder im Taxigewerbe wird die Aufzeichnung der Kundendaten nicht erforderlich sein.

  • Die Einzelaufzeichnungspflicht gilt sowohl bei Verwendung elektronischer Registrierkassen bzw. PC-Kassen als auch bei offenen Ladenkassen, d. h. bei Kassen, die ohne technische Hilfsmittel eingesetzt werden (z. B. Geldkassette, Schuhkarton).

Hinweis: Kommt es bei Nutzung einer elektronischen Registrierkasse zu einem Stromausfall oder zu einem technischen Defekt, dürfen die Aufzeichnungen in Papierform vorgenommen werden.

  • Ausnahmen von der Einzelaufzeichnungspflicht bestehen bei Unzumutbarkeit. Dies ist z. B. der Fall, wenn eine offene Ladenkasse verwendet wird und Waren an eine Vielzahl von nicht bekannte Personen verkauft werden (z. B. beim Zeitungshändler oder dem Bierverkäufer im Stadion); es kommt nicht darauf an, ob der Unternehmer seine Kunden namentlich kennt. Erleichterungen gibt es auch bei der Verwendung einer elektronischen Waage.
  • Die Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht gilt grundsätzlich auch für Dienstleistungen, die an eine Vielzahl von nicht bekannten Personen erbracht werden. Voraussetzung ist aber auch hier, dass eine offene Ladenkasse verwendet wird.

Hinweis: Das BMF-Schreiben enthält weitere Erläuterungen zu den Aufzeichnungspflichten bei Verwendung einer offenen Ladenkasse, die allerdings den bisherigen Grund-sätzen entsprechen.

Nach Auffassung des BMF gilt die Einzelaufzeichnungspflicht auch für Unternehmer, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln. Das Gesetz ist insoweit allerdings nicht eindeutig.

Erfassung von EC-Karten-Umsätzen

Ebenfalls geäußert hat sich das BMF zu einer Anfrage von Wirtschaftsverbänden, wie Zahlungen mittels EC-Karte in der Kasse zu erfassen sind. Danach ist die vor-übergehende Erfassung von EC-Karten-Umsätzen in der Kasse steuerlich unschädlich, wenn die EC-Karten-Umsätze wieder herausgerechnet oder gesondert kenntlich gemacht werden.

Hintergrund: In einer Kasse dürfen an sich nur Barzahlungen erfasst werden. Bei einem bilanzierenden Unternehmer muss zudem die Kassensturzfähigkeit der Kasse sichergestellt werden, d. h. der Abgleich des sich nach dem Kassenbuch ergebenden Sollbestandes mit dem tatsächlichen Istbestand der Kasse.

Die Anfrage der Verbände: Mehrere Verbände haben beim BMF angefragt, ob die Erfassung von EC-Karten-Umsätzen in einer Kasse die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung beeinträchtigt und ob ggf. eine praxistaugliche Lösung seitens der Finanzverwaltung angeboten wird.

Die Kernaussagen des BMF: Das BMF verlangt zwar eine Kassensturzfähigkeit, macht die Beurteilung allerdings vom jeweiligen Einzelfall abhängig. Das bedeutet:

  • Werden die EC-Karten-Umsätze zwar im Kassenbuch erfasst, jedoch in einem weiteren Schritt gesondert kenntlich gemacht, ist die Kassensturzfähigkeit gegeben.
  • Die Kassensturzfähigkeit ist auch dann gegeben, wenn die EC-Karten-Umsätze zwar im Kassenbuch erfasst werden, danach aber aus dem Kassenbuch auf ein gesondertes Konto ausgetragen oder umgetragen werden.
  • In beiden Fällen muss der Zahlungsweg ausreichend dokumentiert werden und der tatsächliche Kassenbestand jederzeit nachprüfbar sein. Die zeitweise Erfassung von EC-Karten-Umsätzen in der Kasse stellt dann zwar einen formellen Mangel dar. Dieser wirkt sich jedoch nicht nachteilig aus, weil die Kassensturzfähigkeit gewährleistet ist. Die Buchführung darf also nicht verworfen werden, sondern ist der Besteuerung zu Grunde zu legen.

Hinweise: Insbesondere bei Einzelhändlern, wie z. B. Supermärkten, ist die Erfassung von EC-Karten-Umsätzen problematisch. Denn zunächst wird der Umsatz in die Kasse eingegeben; erst danach sagt der Kunde, ob er bar oder mit Karte zahlen will. Der Einzelhändler gibt die Zahlung nun als EC-Karten-Zahlung in die Kasse ein und erfasst sie damit in der Kasse. Dies ist streng genommen falsch, weil noch kein Geld in die Kasse gelangt ist; denn es kommt erst einige Tage später zu einer Überweisung auf das Bankkonto.

Diese Vorgehensweise ist nach der aktuellen Stellungnahme des BMF unschädlich, wenn der EC-Karten-Umsatz sofort auf ein Forderungskonto umgebucht oder als solcher markiert wird und daher jederzeit per Knopfdruck vom Kassenbestand abgezogen werden kann.

Anwendungserlass zur Kassennachschau

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat seine Auffassung zur Neuregelung der „ Kassennachschau“ in Gestalt eines Anwendungserlasses veröffentlicht. Der Erlass ist für die Finanzämter bei der Auslegung der Neuregelung bindend.

Hintergrund: Mit Wirkung ab dem 1.1.2018 hat der Gesetzgeber die Kassennachschau eingeführt. Bei der Kassennachschau kann ein Finanzbeamter ohne vorherige Ankündigung die Ordnungsmäßigkeit der Kassenaufzeichnungen und Kassenbuchungen in den Geschäftsräumen des Unternehmers prüfen. Außerdem kann er – allerdings erst ab 1.1.2020 – auch prüfen, ob der Unternehmer eine elektronische Kasse mit einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung verwendet.

Die Kernaussagen des BMF:

  • Die Kassennachschau betrifft u. a. elektronische Registrierkassen, PC-Kassen, App-Systeme, Waagen mit Registrierkassenfunktion, Taxameter, Geldspielgeräte sowie offene Ladenkassen. Der Finanzbeamte kann insbesondere die Kassensturzfähigkeit überprüfen.

Hinweis: Bei der Kassensturzfähigkeit wird der tatsächliche Kassenbestand (Ist-Bestand) mit dem Soll-Bestand abgeglichen, also dem Bestand, der sich nach den Aufzeichnungen ergeben müsste. Stimmen Soll- und Ist-Bestand nicht überein, spricht dies gegen die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung.

  • Die Kassennachschau darf während der üblichen Geschäftszeiten des Unternehmers erfolgen. Außerhalb der Geschäftszeiten darf die Kassen-Nachschau vorgenommen werden, wenn im Unternehmen noch oder schon gearbeitet wird.
  • Der Finanzbeamte darf das Geschäftsgrundstück bzw. Geschäftsräume betreten, aber auch betriebliche Fahrzeuge überprüfen. Es ist nicht erforderlich, dass der Unternehmer Eigentümer der Räumlichkeiten oder der Fahrzeuge ist; es genügt also, wenn er Mieter ist.

Hinweis: Zu einer Durchsuchung ist der Finanzbeamte jedoch nicht berechtigt. Er darf also die Räumlichkeiten betreten und besichtigen, ein Durchsuchungsrecht besteht dagegen nicht.

  • Der Finanzbeamte muss sich ausweisen, sobald er Geschäftsräume betreten will, die nicht öffentlich zugänglich sind, oder sobald er die Registrierkasse überprüfen will oder Auskünfte des Unternehmers einfordert.

Hinweis: Die Ausweispflicht besteht dem BMF zufolge nicht, wenn das Finanzamt lediglich die öffentlich zugänglichen Kassen beobachten will, Testkäufe tätigt oder das Personal nach dem Geschäftsinhaber fragt. Diese Ermittlungen können zeitlich vor der Kassennachschau erfolgen.

  • Der Finanzbeamte darf Unterlagen auch scannen oder fotografieren. Ergeben sich für ihn Beanstandungen, darf er zu einer Außenprüfung übergehen. Auf den Übergang von der Kassen-Nachschau zur Außenprüfung ist schriftlich hinzuweisen, einer Prüfungsanordnung bedarf es dagegen nicht.

Hinweise: Ab 1.1.2020 sind Unternehmer, die elektronische Kassensysteme einsetzen, verpflichtet, Kassensysteme mit einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung zu verwenden; diese Kassensysteme sollen Manipulationen von vornherein ausschließen. Allerdings gilt diese Verpflichtung nicht für Unternehmer, die eine offene Ladenkasse (z. B. Geldkassette oder Schuhkarton) verwenden. Wird ein elektronisches Kassensystem eingesetzt, darf der Finanzbeamte ab 1.1.2020 auch prüfen, ob das Kassensystem mit einer zertifizierten Sicherheitseinrichtung versehen ist.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Abfindung bei einvernehmlicher Auflösung des Arbeitsvertrags

Die vom Arbeitgeber gezahlte Abfindung anlässlich der einvernehmlichen Auflösung des Arbeitsvertrags ist tarifbegünstigt und wird daher beim Arbeitnehmer ermäßig besteuert. In der Regel ist davon auszugehen, dass der Arbeitnehmer bei Abschluss des Auflösungsvertrags unter Druck stand und daher nicht freiwillig auf seine künftigen Gehaltsansprüche verzichtet hat.

Hintergrund: Entschädigungen werden ermäßigt besteuert, wenn es aufgrund der Entschädigung zu einer sog. Zusammenballung von Einkünften kommt und sich dadurch der Steuersatz erhöhen würde.

Streitfall: Der Kläger arbeitete als Verwaltungsangestellter in einer Stadtverwaltung. Im Dezember 2012 schloss er mit der Stadt einen Aufhebungsvertrag mit Wirkung ab April 2013, nachdem die Stadt angekündigt hatte, dass sie Personal abbauen will, und der Kläger einen längeren Rechtsstreit mit der Stadt über seine tarifliche Eingruppierung geführt hatte. Im Gegenzug wurde ihm eine Abfindung in Höhe von ca. 35.000 € zugesagt, die ihm im Jahr 2013 auch ausgezahlt wurde. Seit April 2013 war er Rentner und bezog eine Rente. Das Finanzamt gewährte keine Tarifbegünstigung für die Abfindung.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Bei der Abfindung handelt es sich um eine Entschädigung für entgangene Einnahmen. Eine Entschädigung setzt voraus, dass der Einnahmenausfall entweder von einem Dritten verursacht wurde oder dass der Steuerpflichtige selbst unter einem rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Druck stand, als er den Einnahmenausfall mit herbeigeführt hat.
  • Zwar hat der Kläger an dem Aufhebungsvertrag mitgewirkt. Bei der von einem Arbeitgeber gezahlten Abfindung ist allerdings anzunehmen, dass der Arbeitnehmer den Arbeitsvertrag nicht freiwillig aufgelöst hat; denn sonst würde der Arbeitgeber keine Abfindung zahlen. Es ist daher grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Arbeitnehmer bei Abschluss eines Aufhebungsvertrags unter einem tatsächlichen Druck steht. Weitere Ermittlungen und Feststellungen sind insoweit nicht erforderlich.
  • Im Übrigen hatte der Arbeitgeber im Streitfall auch einen Personalabbau angekündigt. Zudem stritten der Kläger und sein Arbeitgeber über die tarifliche Eingruppierung vor Gericht. Insoweit hat der Kläger auch dem Druck seines Arbeitgebers nachgegeben.
  • Schließlich führte die Abfindung im Jahr 2013 zu einer Zusammenballung von Einkünften, weil der Kläger in diesem Jahr nun mehr Geld erhielt und damit einem höheren Steuersatz unterlag, der durch die Tarifbegünstigung abgemildert wird.

Hinweis: Im Ergebnis dürfte das Urteil zu einer Beweislastumkehr führen, sodass künftig das Finanzamt nachweisen muss, dass der Arbeitnehmer nicht unter tatsächlichem Druck gestanden hat, sondern das Arbeitsverhältnis von sich aus auflösen wollte.

Vermieter

Ortsübliche Miete für möblierte Wohnung

Beläuft sich die vereinbarte Miete auf mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, wird ein Verlust aus der Vermietung grundsätzlich in voller Höhe anerkannt. Bei Vermietung einer teilmöblierten oder vollmöblierten Wohnung ist die ortsübliche Miete aufgrund der (Teil-)Möblierung um einen Zuschlag zu erhöhen. Dieser Zuschlag kann entweder aus dem Mietspiegel oder aber aus einem am Markt realisierbaren Möblierungszuschlag abgeleitet werden.

Hintergrund: Aus der Vermietung von Wohnungen an Angehörige werden in der Regel Verluste erzielt. Da der Verlust möglicherweise auch aus privaten Gründen, nämlich der Unterstützung des Angehörigen, in Kauf genommen wird, hat der Gesetzgeber zurzeit eine Grenze von 66 %gesetzt. Beträgt die vereinbarte Miete demnach mindestens 66 % der ortsüblichen Miete, geht der Gesetzgeber von einer vollentgeltlichen Vermietung aus und erkennt den Verlust grundsätzlich in voller Höhe an. Wird diese Grenze nicht erreicht, wird die Vermietung in eine entgeltliche und in eine unentgeltliche Vermietung aufgeteilt und nur der Verlust, der sich aus der entgeltlichen Vermietung ergibt, anerkannt.

Streitfall: Die Kläger vermieteten eine 80 qm große Eigentumswohnung an ihren Sohn zu einer Kaltmiete von 325 € (= 4,06 €/qm) zzgl. Nebenkosten von 155 €. Die Wohnung war mit einer Einbauküche, einer Waschmaschine und einem Trockner ausgestattet, deren Kosten zusammen ca. 10.000 € betrugen. Nach dem Mietspiegel ergab sich eine ortsübliche Miete von 5,60 bis 5,75 €/qm. Das Finanzamt erkannte den sich aus der Vermietung ergebenden Verlust nur zum Teil an, weil die vereinbarte Miete die im Streitjahr 2006 gültige Grenze von 56 % der ortsüblichen Miete nicht erreichte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:

  • Maßgeblich ist die ortsübliche Kaltmiete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung zuzüglich der umlagefähigen Betriebskosten. Im Ergebnis kommt es damit auf die ortsübliche Warmmiete an.
  • Die Miete für eine teilweise möblierte Wohnung ist in der Regel höher als die Miete für eine unmöblierte Wohnung. Daher ist die ortsübliche Warmmiete noch um einen Möblierungszuschlag zu erhöhen, unabhängig davon, ob sich die Möbel in der Wohnung, im Keller oder im sonstigen Gemeinschaftseigentum befinden.

Der Möblierungszuschlag ist wie folgt zu ermitteln:

  • Soweit der Mietspiegel einen prozentualen Zuschlag oder eine Erhöhung des Ausstattungsfaktors über ein Punktesystem vorsieht, ist diese Erhöhung als marktüblich anzusehen und anzusetzen.
  • Lässt sich aus dem Mietspiegel kein Zuschlag entnehmen, kann ein am Markt realisierbarer Möblierungszuschlag angesetzt werden. Hierzu ist der örtliche Mietmarkt für möblierte Wohnungen heranzuziehen, ggf. unter Mithilfe eines Sachverständigen.
  • Ergibt sich weder aus dem Mietspiegel noch aus dem örtlichen Markt ein Möblierungszuschlag, ist die ortsübliche Miete nicht zu erhöhen. Insbesondere wäre eine Erhöhung der Miete in Höhe der Abschreibung für die Möbel unzulässig, weil die Abschreibung mit der ortsüblichen Miete nichts zu tun hat.

Hinweise: Das FG muss nun die ortsübliche Warmmiete ermitteln und prüfen, ob und inwieweit die ortsübliche Warmmiete um einen Möblierungszuschlag zu erhöhen ist.

Ein Streit mit dem Finanzamt über die Angemessenheit der Miete ist riskant, weil sich die ortsübliche Miete nicht immer sicher feststellen lässt. Daher sollte bei Mietverträgen mit nahen Angehörigen die Miete nicht zu nah an der 66 %-Grenze angesetzt werden.

Mandanteninformation 04/2018

Ausgabe Nr. 4/2018 (Juli/August)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Sanierungserlass in Altfällen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hält in Altfällen, in denen ein Sanierungsgewinn bis einschließlich 8.2.2017 entstanden ist, an seinem sog. Sanierungserlass fest. Damit kann die Steuer, die auf den Sanierungsgewinn entfällt, erlassen werden. Das BMF widerspricht damit der aktuellen ungünstigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH).

Hintergrund: Ein Sanierungsgewinn entsteht bei einem sanierungsbedürftigen Unternehmen, wenn ein Gläubiger auf seine Forderung gegenüber dem sanierungsbedürftigen Unternehmen verzichtet und dieses seine Verbindlichkeit gewinnerhöhend ausbuchen muss. Um die sich hieraus ergebende Steuerbelastung abzumildern, hatte die Finanzverwaltung im Jahr 2003 den sog. Sanierungserlass veröffentlicht, der u. a. einen Erlass der Steuern ermöglichte.

Der Große Senat des BFH hat den Sanierungserlass im Jahr 2017 jedoch als rechtswidrig eingestuft, weil Sanierungsgewinne nur durch den Gesetzgeber begünstigt werden dürfen, nicht aber durch die Finanzverwaltung. Diese Entscheidung wurde am 8.2.2017 veröffentlicht (lesen Sie hierzu unsere Mandanten-Information 3/2017). Die Finanzverwaltung hat daraufhin in einem neuen Schreiben erklärt, dass sie am Sanierungserlass festhält, wenn der Forderungsverzicht bis einschließlich zum 8.2.2017 vollzogen worden ist. Hierauf hat wiederum der BFH mit zwei Urteilen reagiert und auch dieses neue Schreiben als rechtswidrig eingestuft.

Kernaussagen des BMF:

  • Trotz der aktuellen Urteile des BFH ist der Sanierungserlass in den Fällen anzuwenden, in denen der Sanierungsgewinn bis einschließlich 8.2.2017 entstanden ist. Nach Ansicht des BMF ist ein Festhalten an dem Sanierungserlass aus Gründen des Vertrauensschutzes geboten.
  • Der Gesetzgeber hat für Sanierungsgewinne, die ab dem 9.2.2017 entstehen, eine gesetzliche Steuerbefreiung vorgesehen. Für Altfälle hat der Gesetzgeber aus Gründen des Vertrauensschutzes von einer Steuerbefreiung abgesehen und ist davon ausgegangen, dass insoweit die Finanzverwaltung weiterhin den Sanierungserlass anwendet.

Hinweise: Das BMF widersetzt sich damit dem BFH, der es gerade nicht akzeptiert, dass die Finanzverwaltung Sanierungsgewinne steuerlich begünstigt, sondern eine gesetzliche Regelung verlangt.

Für sanierungsbedürftige Unternehmen ist das neue BMF-Schreiben ausgesprochen vorteilhaft: Erfüllt das Unternehmen die Voraussetzungen des Sanierungserlasses, kann die Steuer auf den Sanierungsgewinn erlassen werden. Problematisch wird es allerdings, wenn es zu einem Streit mit dem Finanzamt darüber kommt, ob die Voraussetzungen des Sanierungserlasses erfüllt sind, z. B. die Sanierungseignung oder Sanierungsfähigkeit des Unternehmens gegeben sind. Der Weg zum Finanzgericht wird dann aller Voraussicht nach keinen Erfolg haben, weil die Rechtsprechung den Sanierungserlass bereits dem Grunde nach für rechtswidrig hält und deshalb nicht anwendet.

Für Sanierungsgewinne, die ab dem 9.2.2017 entstehen, ist zwar eine gesetzliche Steuerbefreiung eingeführt worden. Diese Steuerbefreiung könnte jedoch eine europarechtswidrige Subvention darstellen und muss daher erst von der EU-Kommission genehmigt werden. Diese Genehmigung steht zurzeit noch aus.

Alle Steuerzahler

Einheitsbewertung bei der Grundsteuer

Die sog. Einheitsbewertung, die die Grundlage für die Bemessung der Grundsteuer ist, ist nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) verfassungswidrig. Der Gesetzgeber muss spätestens bis zum 31.12.2019 eine Neuregelung treffen; bis zu diesem Zeitpunkt darf das bisherige Recht weiter angewendet werden. Kommt es zu einer Neuregelung, darf das bisherige Recht darüber hinaus noch weitere fünf Jahre, längstens jedoch bis zum 31.12.2024, angewendet werden. Wird keine Neuregelung getroffen, fällt die Grundsteuer zum 1.1.2020 ersatzlos weg.

Hintergrund: Grundstücke müssen für steuerliche Zwecke bewertet werden, z. B. für die Grunderwerbsteuer, wenn Anteile an einer Immobiliengesellschaft verkauft werden, für die Erbschaft- und Schenkungsteuer, wenn Immobilien vererbt oder verschenkt werden, oder auch für die Grundsteuer. Für die Grundsteuer wird ein sog. Einheitswert durch Bescheid ermittelt, für den in den alten Bundesländern die Wertverhältnisse zum 1.1.1964 maßgeblich sind, in den neuen Bundesländern sogar die Wertverhältnisse zum 1.1.1935. Ein neuer Bewertungsstichtag wurde nie festgelegt. Auf der Grundlage dieses Einheitswertbescheides wird dann die Grundsteuer festgesetzt, wobei sich ihre Höhe nach einem Hebesatz richtet, den die Kommunen eigenständig festlegen.

Streitfälle: Das BVerfG musste über insgesamt fünf Fälle aus den alten Bundesländern entscheiden, in denen entweder die Grundstückseigentümer selbst die Verfassungswidrigkeit der Einheitsbewertung geltend gemacht hatten oder aber der Bundesfinanzhof (BFH) das BVerfG angerufen hatte, weil das Gericht die Einheitsbewertung wegen zu niedriger Werte für verfassungswidrig hielt.

Entscheidung: Das BVerfG hält die Einheitsbewertung ebenfalls für verfassungswidrig:

  • Die Einheitsbewertung ist in den alten Bundesländern zum 1.1.1964 durchgeführt worden und sollte nach der ursprünglichen Gesetzeskonzeption alle sechs Jahre erneut erfolgen, indem der neue Termin durch ein weiteres Gesetz festgelegt wird. Diese erneute Wertermittlung ist jedoch unterblieben, weil das Gesetz für den neuen Termin nie erlassen wurde. Hierdurch ist es zu einer erheblichen Wertverzerrung gekommen, weil unverändert der Wert zum 1.1.1964 zugrunde gelegt wird und nicht der aktuelle tatsächliche Verkehrswert.
  • Ein Gesetz, das an Werte anknüpft, ist aber nur dann verfassungsgemäß, wenn die Werte der Realität entsprechen. Zwar wäre es verfassungsrechtlich hinzunehmen, wenn alle Einheitswerte in gleichem prozentualem Umfang hinter dem jeweiligen aktuellen Verkehrswert zurückblieben. Dies ist allerdings nicht der Fall, weil sich bei vielen Grundstücken, z. B. in Großstädten, die Werte deutlich anders entwickelt haben als bei anderen Grundstücken, etwa auf dem Land.
  • Auch wenn eine Neubewertung sehr verwaltungsaufwändig ist, darf dieser Aufwand den Gesetzgeber nicht davon abhalten, die erforderliche Neubewertung durchzuführen.
  • Zwar ist somit die Einheitsbewertung verfassungswidrig. Das bisherige Recht gilt allerdings bis zu einer gesetzlichen Neuregelung weiter, die spätestens bis zum 31.12.2019 zu treffen ist (Neuregelungsfrist).
  • Sobald der Gesetzgeber eine Neuregelung erlässt, bleibt das bisherige Recht weitere fünf Jahre lang anwendbar, allerdings nicht über den 31.12.2024 hinaus, damit bis dahin die erforderliche Neubewertung aller zu bewertenden Immobilien (ca. 35 Mio. Immobilien) in Deutschland vorgenommen werden kann (Umsetzungsfrist). Danach darf das bisherige Recht nicht mehr angewendet werden.

Hinweise: Die Entscheidung überrascht nicht, da schon bei der Grunderwerbsteuer sowie bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer eine Anpassung der Grundstücksbewertung an die aktuellen Verkehrswerte durch das BVerfG angeordnet worden war und erfolgt ist.

Die Kläger hatten sicherlich gehofft, dass die von ihnen geltend gemachte Verfassungswidrigkeit zur Rechtswidrigkeit des Einheitswertbescheids und damit auch des Grundsteuerbescheids führen würde. Das BVerfG hat diese Hoffnung allerdings zunichte gemacht, da das bisherige Recht zunächst weiterhin angewendet werden darf.

Zwar ist denkbar, dass der Gesetzgeber auch eine rückwirkende Neuregelung erlässt. Angesichts der vom BVerfG gesetzten recht knapp bemessenen Neuregelungsfrist zum 31.12.2019 ist dies allerdings nicht zu erwarten. Vorsorglich kann gegen neue Einheitswertbescheide, die auf dem bisherigen Recht beruhen, Einspruch eingelegt werden und der Bescheid bis zu einer Neuregelung offen gehalten werden.

Verzicht auf Erstattung von Krankheitskosten

Trägt ein Privatversicherter Krankheitskosten selbst, um von seiner Krankenversicherung eine Beitragsrückerstattung zu erhalten, kann er diese Kosten nicht als Sonderausgaben absetzen. Denn die Krankheitskosten sind keine Beiträge zur Krankenversicherung. In Betracht kommt allenfalls ein Abzug als außergewöhnliche Belastungen.

Hintergrund: Zu den Sonderausgaben gehören u. a. Beiträge zu einer Krankenversicherung. Erhält der Versicherungsnehmer eine Beitragsrückerstattung, wird diese von den Sonderausgaben abgezogen.

Streitfall: Die Kläger sind Eheleute, die im Jahr 2013 Beiträge zu einer privaten Krankenversicherung in Höhe von ca. 3.200 € gezahlt hatten. Sie hatten Krankheitskosten in Höhe von ca. 600 € selbst getragen und erhielten hierfür eine Beitragsrückerstattung von ca. 1.000 €. In ihrer Steuererklärung für das Jahr 2013 machten sie Sonderausgaben in Höhe von 2.800 € geltend. Den Betrag ermittelten sie, indem sie von den Versicherungsbeiträgen die um die selbst getragenen Krankheitskosten geminderte Beitragsrückerstattung abzogen (3.200 € KV-Beiträge minus 400 € [Beitragsrückerstattung 1.000 € abzüglich selbst getragener Krankheitskosten 600 €]). Das Finanzamt berücksichtigte die Krankheitskosten nicht, sondern setzte lediglich Sonderausgaben in Höhe von 2.200 € an (3.200 € KV-Beiträge minus 1.000 € Beitragsrückerstattung).

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Als Sonderausgaben sind Beiträge zu einer Krankenversicherung absetzbar. Die Zahlung muss also der Erlangung eines Versicherungsschutzesdienen.
  • Die von den Klägern getragenen Krankheitskosten dienten nicht der Erlangung eines Versicherungsschutzes, sondern der Behandlung einer Krankheit. Sie können daher nicht als Sonderausgaben geltend gemacht werden.
  • Unbeachtlich ist, dass die Kläger höhere Sonderausgaben hätten geltend machen können, wenn sie eine Erstattung der Krankheitskosten bei der Krankenversicherung beantragt hätten. Sie hätten dann keine Beitragsrückerstattung erhalten und ihre Versicherungsbeiträge in voller Höhe von 3.200 € als Sonderausgaben absetzen können. Im Steuerrecht sind fiktive Sachverhalte jedoch nicht zu berücksichtigen.
  • Zwar kommt grundsätzlich ein Abzug der selbst getragenen Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen in Betracht. Jedoch lag hier die Höhe der Krankheitskosten unterhalb der sog. zumutbaren Belastung der Kläger und wirkte sich deshalb nicht aus.

Hinweise: Der BFH hat bereits in der Vergangenheit entschieden, dass Zahlungen eines Krankenversicherten aufgrund einer Selbstbeteiligung nicht als Sonderausgaben abgesetzt werden können. Denn auch insoweit handelt es sich nicht um Zahlungen zur Erlangung eines Versicherungsschutzes, sondern um echte Krankheitskosten.

Es kann zwar wirtschaftlich vernünftig sein, auf eine Erstattung von Krankheitskosten gegenüber der Versicherung zu verzichten, um hierdurch die Beitragsrückerstattung zu erlangen. Allerdings ist es nach Ansicht des BFH nicht Aufgabe des Steuerrechts, dafür zu sorgen, dass dieser wirtschaftliche Vorteil auch steuerlich geschützt wird. Im Ergebnis muss der Versicherungsnehmer also die steuerliche Belastung, die sich aufgrund einer Beitragsrückerstattung in Gestalt der Kürzung des Sonderausgabenabzugs ergibt, in seine Überlegungen einbeziehen.

Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen

Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen im Haushalt des Steuerpflichtigen wird auch dann gewährt, wenn eine Reparatur nicht im Haushalt des Steuerpflichtigen erfolgt, sondern der Haushaltsgegenstand vom Handwerker mitgenommen und in seiner Werkstatt repariert wird.

Hintergrund: Für Handwerkerleistungen wegen Renovierung, Instandhaltung oder Modernisierung im Haushalt des Steuerpflichtigen wird eine Steuerermäßigung von 20 % auf den in der Rechnung ausgewiesenen Arbeitskostenanteil gewährt, höchstens aber 1.200 €. Dieser Ermäßigungsbetrag wird unmittelbar von der Steuer abgezogen.

Streitfall: Die Klägerin ließ ihr Hoftor durch einen Tischler reparieren. Der Tischler hatte das Hoftor ausgebaut, in seiner Werkstatt repariert und anschließend wieder im Hof der Klägerin eingebaut. Sein Lohnkostenanteil für die Reparatur betrug rund 1.000 €. Die Klägerin machte 20 % als Steuerermäßigung geltend. Das Finanzamt erkannte die Steuerermäßigung nicht an, weil die Reparatur nicht im Haushalt der Klägerin, sondern in der Werkstatt des Tischlers erfolgt war.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab der Klage statt:

  • Die Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen wird für Renovierungsarbeiten, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Haushalt des Steuerpflichtigen gewährt. Der Begriff des Haushalts ist dabei nicht auf die Wohnung beschränkt, sondern räumlich-funktional zu verstehen. Daher gehört auch das gesamte Grundstück wie z. B. der Garten oder der Hof dazu. Damit ist die Reparatur eines Hoftores grundsätzlich begünstigt.
  • Unschädlich ist, dass die Reparatur nicht auf dem Grundstück der Klägerin erfolgt ist, sondern in der Werkstatt des Tischlers durchgeführt worden ist. Denn es genügt, dass der Leistungserfolg in der Wohnung bzw. auf dem Grundstück des Steuerpflichtigen eintritt. Daher darf der defekte Gegenstand vom Handwerker mitgenommen und repariert werden.

Hinweise: Das FG widerspricht der Auffassung der Finanzverwaltung, die nur solche Reparaturen steuerlich anerkennt, die vor Ort im Haushalt des Steuerpflichtigen durchgeführt werden. Die Revision gegen die Entscheidung ist beim BFH unter dem Aktenzeichen VI R 4/18 anhängig.

Steuerbefreiung des Familienheims – Grundbucheintrag entscheidend

Die Erbschaftsteuerbefreiung für das sog. Familienheim setzt voraus, dass der Erblasser bereits im Grundbuch als Eigentümer des Hauses eingetragen war. Die Erbschaftsteuerbefreiung gilt daher nicht, wenn der Erblasser das Familienheim lediglich gekauft und einen Eigentumsverschaffungsanspruch hatte, bei seinem Tod jedoch noch nicht im Grundbuch eingetragen war.

Hintergrund: Der Erwerb des Eigentums oder Miteigentums an einer vom Erblasser selbstgenutzten Eigentumswohnung oder an einem selbstgenutzten Haus durch den überlebenden Ehegatten ist erbschaftsteuerfrei, wenn der überlebende Ehegatte die Selbstnutzung fortführt.

Streitfall: Die Ehefrau des Klägers starb im Juli 2009 und vermachte ihm eine Eigentumswohnung. Diese Eigentumswohnung hatte die Ehefrau im März 2007 zum Preis von rund 5 Mio. € gekauft (finanziert mit einem Darlehen von 2 Mio. €). Allerdings war die Eigentumswohnung noch nicht fertiggestellt, so dass der Kaufpreis in Raten zu zahlen war. Im Januar 2008 wurde eine Auflassungsvormerkung zugunsten der Ehefrau in das Grundbuch eingetragen. Im Dezember 2008 zogen der Kläger und die Ehefrau in die nunmehr fertiggestellte Wohnung ein. Als die Ehefrau im Juli 2009 starb, war noch eine Rate in Höhe von rund 200.000 € offen. Zudem war die Verstorbene noch nicht im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen. Der Kläger ging von einer Erbschaftsteuerfreiheit für die selbst genutzte Wohnung aus. Dem widersprach das Finanzamt und versagte die Erbschaftsteuerbefreiung.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Finanzamt Recht und wies die Klage ab:

  • Erbschaftsteuerfrei ist nur der Erwerb des Eigentums/Miteigentums an der selbstgenutzten Wohnung oder am selbstgenutzten Haus. Der Erblasser muss also bereits Eigentümer der Wohnung oder des Hauses geworden sein, damit der überlebende Ehegatte das zivilrechtliche Eigentum an dem Familienheim von Todes wegen erwerben kann.
  • Ob jemand Eigentümer einer Immobilie geworden ist, richtet sich nach dem Zivilrecht. Zivilrechtlich setzt der Eigentumserwerb die Einigung zwischen den Vertragsparteien und die Eintragung des Käufers in das Grundbuch voraus. Die Eintragung einer Auflassungsvormerkung im Grundbuch reicht nicht, weil sie nur ein sog. Anwartschaftsrecht begründet, nicht aber das Eigentum verschafft.
  • Der Gesetzeswortlaut ist insoweit eindeutig, da er auf das Eigentum/Miteigentum abstellt. Die Erblasserin hatte zum Zeitpunkte ihres Todes jedoch lediglich einen Eigentumsverschaffungsanspruch. Der Gesetzgeber wollte lediglich den Erwerb des Eigentums am Familienheim begünstigen und damit erreichen, dass schon zu Lebzeiten selbstgenutztes Grundvermögen steuerfrei übertragen werden kann.
  • Der Wert des von der Ehefrau vererbten Eigentumsverschaffungsanspruchs kann mit dem Verkehrswert der Wohnung von 5 Mio. € angesetzt werden. Dieser Wert ist um die aufgenommene Darlehensschuld von 2 Mio. €, sowie um die noch ausstehende Kaufpreisrate von 200.000 € zu mindern.

Hinweise: Das Urteil ist für die Erbfolgeplanung wichtig. Soll die Erbschaftsteuerbefreiung für das Familienheim greifen, muss der Erblasser bereits im Grundbuch als Eigentümer eingetragen worden sein. Der Abschluss eines Kaufvertrags kurz vor dem Tod reicht nicht aus.

Nachzahlungszinsen verfassungswidrig?

Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Nachzahlungszinsen für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015. Das Gericht hat daher in einem aktuellen Verfahren Aussetzung der Vollziehung (AdV) gewährt. 

Hintergrund und Streitfall: Der Zinssatz für Nachzahlungszinsen beträgt seit dem Jahr 1961 unverändert für jeden Monat 0,5 % der nachzuzahlenden oder zu erstattenden Steuer (6 % pro Jahr). Im Streitfall setzte das Finanzamt (FA) gegen ein Ehepaar für den Zeitraum vom 1.5.2015 bis 16.11.2017 Nachzahlungszinsen in Höhe von rund 240.000 € fest. Die Antragsteller begehren die AdV des Zinsbescheids, da die Höhe der Zinsen von 0,5 % für jeden Monat verfassungswidrig sei. Das FA und das Finanzgericht der ersten Instanz lehnten dies ab.

Entscheidung: Der BFH dagegen gab dem Antrag statt:

  • Für Verzinsungszeiträume ab dem Jahr 2015 bestehen schwerwiegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Zinshöhe. Der gesetzlich festgelegte Zinssatz überschreitet den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität erheblich, da sich im Streitzeitraum ein niedriges Marktzinsniveaus strukturell und nachhaltig verfestigt hat.
  • Für die Höhe des Zinssatzes fehlt es an einer Begründung. Sinn und Zweck der Verzinsungspflicht besteht darin, den Nutzungsvorteil wenigstens zum Teil abzuschöpfen, den der Steuerpflichtige dadurch erhält, dass er während der Dauer der Nichtentrichtung über eine Geldsumme verfügen kann. Dieses Ziel ist wegen des strukturellen Niedrigzinsniveaus für den Streitzeitraum nicht erreichbar und trägt damit die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe nicht.
  • Darüber hinaus wirkt die realitätsferne Bemessung der Zinshöhe in Zeiten eines strukturellen Niedrigzinsniveaus wie ein rechtsgrundloser Zuschlag auf die Steuerfestsetzung.

Hinweis: Ob die Zinsen gesenkt werden, muss letztendlich das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Dort sind bereits mehrere Klagen gegen die Höhe der Nachzahlungszinsen anhängig.

Mandanteninformation 03/2018

Ausgabe Nr. 3/2018 (Mai/Juni)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

IAB bei einer Personengesellschaft

Hat eine Personengesellschaft einen Investitionsabzugsbetrag (IAB) für eine künftige Investition gebildet, kann die Investition im sog. Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters durchgeführt werden.

Hintergrund: Ein Unternehmer kann für künftige Investitionen unter bestimmten Voraussetzungen einen IAB steuermindernd bilden. Die Investition ist dann innerhalb von drei Jahren durchzuführen; andernfalls muss der IAB rückgängig gemacht werden. Wird die Investition durchgeführt, musste der IAB nach der bis 2015 geltenden Rechtslage im Jahr der Anschaffung in Höhe von 40 Prozent der Anschaffungs- und Herstellungskosten gewinnerhöhend hinzugerechnet werden. Anschließend konnten die Anschaffungskosten in dieser Höhe wieder gewinnmindernd herabgesetzt werden; die anschließende Abschreibung fiel dann entsprechend geringer aus.

Streitfall: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), an der der A beteiligt war. Die GbR bilanzierte und bildete im Jahr 2008 einen gewinnmindernden IAB für zwei Wirtschaftsgüter, die sie anschaffen wollte. Drei Jahre später erwarb der A die beiden Wirtschaftsgüter und vermietete sie an die GbR. Damit gehörten die Wirtschaftsgüter zum Sonderbetriebsvermögen des A. Das Finanzamt machte den IAB bei der GbR im Besteuerungszeitraum 2008 rückgängig, weil die GbR keine Investitionen durchgeführt hatte, sondern nur ihr Gesellschafter A.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die GbR durfte einen IAB bilden, weil sie künftig Investitionen durchführen wollte.
  • Dieser IAB war nicht rückgängig zu machen; denn die Investitionen wurden durchgeführt. Zwar sind die Anschaffungen durch den Gesellschafter A in dessen Sonderbetriebsvermögen durchgeführt worden. Zum Betrieb einer Personengesellschaft gehört aber auch das Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Gesellschafter, weil das Ergebnis des Sonderbetriebs in den steuerlichen Gewinn der Personengesellschaft eingeht.
  • Mit der Durchführung der Investition durch den Gesellschafter ist der IAB im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters gewinnerhöhend hinzuzurechnen. Denn der Gesellschafter nimmt auch die Abschreibung für die angeschafften Wirtschaftsgüter in Anspruch.

Hinweise: Im Ergebnis wird der Gewinn also zwischen den Gesellschaftern verschoben. Die Bildung des IAB wirkt sich bei allen Gesellschaftern anteilig gewinnmindernd aus. Die Hinzurechnung des Investitionsabzugs bei Durchführung der Investition durch den Gesellschafter wirkt sich nur bei diesem gewinnerhöhend aus.

Seit 2016 muss der IAB bei der Anschaffung des Wirtschaftsgutes nicht mehr zwingend gewinnerhöhend hinzugerechnet werden, insoweit besteht nun ein Wahlrecht.

Rückgängigmachung eines IAB

Ein Investitionsabzugsbetrag (IAB) ist auch dann wegen Nichtvornahme der Investition rückgängig zu machen, wenn er zu Unrecht gebildet worden ist.

Streitfall: Der Kläger hatte im Jahr 2011 einen IAB gebildet, obwohl er dies nicht hätte tun dürfen (seine Gewinngrenze war überschritten). Sein Einkommensteuerbescheid 2011 wurde bestandskräftig. In der Folge führte er die Investition allerdings nicht durch. Der Kläger meint, der Bescheid für 2011 könne nicht mehr geändert und der IAB nicht mehr rückgängig gemacht werden, da dies nur bei einem rechtmäßig gebildeten IAB zulässig sei.

Entscheidung: Dem folgten die Richter des BFH nicht:

  • Die Vorschrift, nach der der IAB bei unterbliebener Investition rückgängig zu machen ist, differenziert nicht danach, ob im Abzugsjahr sämtliche materiell-rechtlichen Voraussetzungen für den Abzug vorgelegen haben.
  • Auch soll nach dem Zweck der Norm der IAB immer dann rückwirkend rückgängig gemacht werden, wenn die beabsichtigte Investition innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums nicht vorgenommen wurde. Dieser Zweck wird unabhängig davon erfüllt, ob im Veranlagungszeitraum des Abzugs die Gewinngrenze unter- oder überschritten war.

Hinweis: Stellt ein Unternehmer nach Bildung des IAB fest, dass er den IAB zu Unrecht gebildet hat, kann er umgehend die Änderung des Bescheids zu seinen Ungunsten beantragen. Auf diese Weise verhindert er, dass der Bescheid erst nach Ablauf des dreijährigen Investitionszeitraums geändert wird und so eine relativ hohe Zinsfestsetzung entsteht.

Keine Hinzuschätzung wegen fehlender fortlaufender Rechnungsnummern

Das Finanzamt darf keine Hinzuschätzungen vornehmen, wenn der Unternehmer im Rahmen einer Einnahmen-Überschussrechnung keine fortlaufenden Rechnungsnummern verwendet hat, sondern eine zufällige, durch den Computer erzeugte Nummerierung. Der Ausweis einer solchen zufälligen Nummerierung spricht nicht für die Unvollständigkeit der erfassten Einnahmen.

Hintergrund: Umsatzsteuerrechtlich müssen Rechnungen u. a. eine fortlaufende Nummer enthalten, damit der Rechnungsempfänger einen Vorsteuerabzug geltend machen kann. Ist die Nummerierung der Ausgangsrechnungen unvollständig, können sich jedoch auch für den Rechnungsaussteller Konsequenzen ergeben, weil das Finanzamt dann vermutet, dass ein Teil der Ausgangsrechnungen „schwarz“ vereinnahmt worden ist.

Streitfall: Der Kläger führte Veranstaltungen durch, die auf seiner Internetseite gebucht werden konnten. Bei einer Buchung wurde eine Buchungsnummer elektronisch erzeugt; die Buchungsnummer setzte sich aus der jeweiligen Veranstaltungsnummer und aus einer weiteren Nummer, bestehend aus dem Geburtsdatum des Buchenden und dem Rechnungsdatum, zusammen. Dadurch entstanden keine fortlaufenden Rechnungsnummern. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Das Finanzamt beanstandete, dass der Kläger keine fortlaufenden Rechnungsnummern verwendet hatte und erhöhte den Gewinn durch eine Hinzuschätzung.

Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) gab der Klage statt:

  • Bei der Einnahmen-Überschussrechnung besteht die Pflicht, die Einnahmen einzeln aufzuzeichnen. Dieser Pflicht ist der Kläger nachgekommen.
  • Hingegen besteht bei der Einnahmen-Überschussrechnung keine Pflicht, fortlaufende Rechnungsnummern zu verwenden. Eine solche Pflicht ergibt sich zwar aus dem Umsatzsteuergesetz; sie hat aber nur Bedeutung für den Vorsteuerabzug des Rechnungsempfängers.
  • Im Streitfall hat der Kläger systembedingt und damit bewusst eine lückenhafte Nummernfolge verwendet, indem er die Buchungsnummer mit der Veranstaltungsnummer, dem Datum und dem Geburtsdatum des Kunden kombiniert hat. Aus den sich hieraus ergebenden Lücken kann nicht auf eine Unvollständigkeit der Einnahmen geschlossen werden. Anhaltspunkte für eine unvollständige Einnahmenerfassung, wie z. B. ungeklärte Geldzuflüsse oder doppelt vergebene Rechnungsnummern, lagen nicht vor. Auch hat das Finanzamt keine Geldverkehrsrechnung durchgeführt, aufgrund derer sich Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Gewinnermittlung ergeben würden.

Hinweise: Das Urteil sollte nicht missverstanden werden. Wer nämlich mit Unternehmern Verträge schließt, kommt um eine fortlaufende Nummerierung der Rechnung nicht umhin, weil der Vertragspartner eine ordnungsgemäße Rechnung mit einer fortlaufenden Rechnungsnummer benötigt, um den Vorsteuerabzug geltend zu machen. Dabei ist es umsatzsteuerlich nicht schädlich, wenn separate Rechnungsnummernkreise verwendet werden, z. B. je nach Bundesland mit einem Buchstabenzusatz für das jeweilige Land (z. B. B1 für Berlin oder HH1 für Hamburg).

Wer hingegen nur mit Privatkunden Verträge schließt, muss bei der Einnahmen-Überschussrechnung keine fortlaufende Rechnungsnummer verwenden, sondern kann bewusst eine lückenhafte Nummerierung verwenden, wie das FG deutlich macht. Hiervon ist allerdings der Fall zu unterscheiden, in dem sich der Unternehmer zu einer lückenlosen Nummerierung entschieden hat, die Rechnungen dann aber tatsächlich Lücken bei der Nummerierung aufweisen. Hier wird das Finanzamt grundsätzlich zu Recht von einer unvollständigen Einnahmenerfassung ausgehen dürfen und Hinzuschätzungen vornehmen.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Pauschalversteuerung bei Stadionbesuchen

Lädt ein Unternehmer seine Arbeitnehmer, Geschäftsfreunde und deren Arbeitnehmer zu Bundesligaspielen ein, führt dies bei den Eingeladenen zu Einnahmen, so dass eine sog. Pauschalversteuerung von 30 % durch den Unternehmer in Betracht kommt.

Hintergrund: Unternehmer können Sachzuwendungen oder Geschenke an Geschäftsfreunde einer pauschalen Einkommensteuer von 30 Prozent unterwerfen und damit die Besteuerung für den Geschäftsfreund übernehmen. Gleiches gilt bei betrieblich veranlassten Sachzuwendungen an eigene Arbeitnehmer, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.

Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH, die fünf Dauerkarten für einen Fußball-Bundesligaverein erwarb. Sie lud ihre eigenen Arbeitnehmer, Geschäftsfreunde und deren Arbeitnehmer zu Spielen ein und setzte einen Teil der Kosten als Werbeaufwand steuerlich ab. Das Finanzamt sah in der Einladung einen geldwerten steuerpflichtigen Vorteil für die Eingeladenen und forderte von dem Unternehmer eine Pauschalsteuer von 30 Prozent.

Entscheidung: Das Finanzgericht Bremen (FG) folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Der Besuch eines Bundesligaspiels, einschließlich Business-Seat, Hostessenservice und Besuch des VIP-Clubs vor und nach dem Spiel, gehört zur Freizeitveranstaltung und begründet damit einen geldwerten Vorteil beim Eingeladenen.
  • Dies gilt auch für die eingeladenen eigenen Arbeitnehmer, da diese vorliegend während des Bundesligaspiels keine betrieblichen Aufgaben erfüllen mussten.
  • Die Bemessungsgrundlage für die Pauschalsteuer ist nicht um einen Aufwand für Werbung zu kürzen. Zwar kann nach Auffassung der Finanzverwaltung beim Erwerb von sog. VIP-Logen ein Anteil von 40 Prozent als Werbeaufwand abgezogen werden. Die Klägerin hatte jedoch keine Werbeleistungen erhalten und daher auch keinen Werbeaufwand getätigt.

Hinweise: Die Annahme eines geldwerten Vorteils für die Arbeitnehmer der Geschäftsfreunde ist nicht zwingend, da die Klägerin nicht die Arbeitgeberin der Arbeitnehmer ihrer Geschäftsfreunde war; von einem Dritten wie der Klägerin kann Arbeitslohn jedoch nur dann gezahlt werden, wenn der Arbeitgeber (Geschäftsfreund der Klägerin) weiß oder erkennen kann, dass derartige Vergütungen gezahlt werden. Hat die Klägerin die Arbeitnehmer ihres Geschäftsfreundes ohne Wissen des Geschäftsfreundes eingeladen, läge wohl kein Arbeitslohn vor. Eine Pauschalversteuerung wäre dann nicht zulässig.

Schließlich ist zu beachten, dass der sog. VIP-Logen-Erlass der Finanzverwaltung, der einen abziehbaren Anteil für Werbeaufwand unterstellt, im Streitfall keinen Teilerfolg brachte. Für das FG war entscheidend, dass es sich nicht um die Anmietung einer Loge, sondern nur um sog. Business-Seats handelte. Bei Business-Seats geht die Finanzverwaltung davon aus, dass der gesamte Preis auf die Eintrittskarte und die Verpflegung entfällt, nicht aber auch auf Werbung.

Alle Steuerzahler

Außenputz und Außenanlagen eines Neubaus

Wird bei einem Neubau erstmalig ein Außenputz angebracht, ein Gartenzaun aufgestellt, Rollrasen ausgelegt und eine Einfahrt auf das Grundstück gepflastert, handelt es sich nicht um steuerlich begünstigte Handwerkerleistungen. Denn die Arbeiten stehen in Zusammenhang mit einem Neubau.

Hintergrund: Für Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen im Haushalt des Steuerpflichtigen wird eine Steuerermäßigung von 20 Prozent auf den in der Rechnung ausgewiesenen Arbeitskostenanteil gewährt, höchstens 1.200 €. Dieser Ermäßigungsbetrag wird unmittelbar von der Steuer abgezogen.

Streitfall: Die Kläger ließen auf ihrem Grundstück ein Einfamilienhaus durch E errichten. Der Bauvertrag sah auch die Anbringung des Außenputzes vor, nicht aber die Erstellung von Außenanlagen. Die Abnahme des Neubaus erfolgte im März 2014. Dem Abnahmeprotokoll zufolge fehlte noch der Außenputz. Die Kläger zogen nach der Abnahme in das Haus ein. Im Juni 2014 wurde von E der Außenputz angebracht und durch K ein Rollrasen im Garten verlegt, ein 41 Meter langer Zaun aufgestellt und eine Einfahrt gepflastert. Die Kläger machten den Arbeitskostenanteil der von E und K gestellten Rechnungsbeträge als steuerbegünstigte Handwerkerleistungen geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.

Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Handwerkerleistungen sind nur dann begünstigt, wenn sie in einem vorhandenen Haushalt erbracht werden. Damit scheiden solche Handwerkerleistungen aus, die im Zusammenhang mit einem Neubau stehen.
  • Die Anbringung des Außenputzes durch den Handwerker E war Teil des Bauvertrags und gehörte damit zum Neubau. Unbeachtlich war, dass die Kläger vor der Anbringung des Außenputzes in das Haus eingezogen waren. Der Einzug in das Haus im März 2014 löste den Zusammenhang mit dem Neubau nicht, zumal zwischen Einzug und Anbringung des Außenputzes im Juni 2014 lediglich drei Monate lagen.
  • Auch der Rollrasen, der Zaun und die gepflasterte Einfahrt gehörten zum Neubau. Denn es waren vorher keine vergleichbaren Außenanlagen vorhanden, die hätten renoviert, modernisiert oder instandgehalten werden können. Auch insoweit war ein zeitlicher Zusammenhang mit dem Neubau anzunehmen, da die Außenanlagen innerhalb von drei Monaten nach Fertigstellung des Hauses angebracht wurden.

Hinweise: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen, weil bislang ein genauer Maßstab für die Abgrenzung zwischen Neubau und begünstigter Baumaßnahme fehlt. Im Streitfall lässt sich die Anbringung des Außenputzes relativ klar als Neubaumaßnahme einstufen, weil diese Baumaßnahme bereits im Bauvertrag vereinbart war. E hatte den auf den Außenputz entfallenden Betrag gesondert abgerechnet und dafür für den Hausbau entsprechend weniger verlangt.

Bei den Außenanlagen ist dies schwieriger zu beurteilen, weil diese häufiger erst längere Zeit nach dem Einzug in den Neubau vorgenommen werden, z. B. Gartenarbeiten im nächsten oder übernächsten Sommer. Der BFH wird nun Grundsätze für diese Abgrenzung entwickeln müssen.

Nachweis eines niedrigeren Grundstückswerts bei einer Schenkung

Zwar kann bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens ein niedrigerer Grundstückswert nachgewiesen werden. Das Sachverständigengutachten muss aber ordnungsgemäß erstellt worden sein: Neben der Beachtung der gesetzlichen Vorgaben für die Grundstücksbewertung müssen die Begutachtungsgrundlagen zutreffend erhoben und dokumentiert worden sein.

Hintergrund: Werden Grundstücke vererbt oder verschenkt, muss der Wert des Grundstücks ermittelt werden, um Erbschaft- und Schenkungsteuer festsetzen zu können. Hierzu gibt es verschiedene Bewertungsverfahren, die von der Art und Nutzung des Hauses abhängig sind. Bei vermieteten Wohnimmobilien ist z. B. das Ertragswertverfahren vorgesehen. Der Steuerpflichtige hat jedoch die Möglichkeit, durch ein Gutachten einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.

Streitfall: Dem Kläger wurde 2007 ein Miethaus geschenkt, das 1900 gebaut und seitdem nicht mehr saniert worden war. Für die Bemessungsgrundlage bei der Schenkungsteuer ließ der Kläger ein Sachverständigengutachten erstellen. Der Sachverständige ermittelte einen sog. Ertragswert der Immobilie von 800.000 € und zog hiervon einen Sanierungsstau in Höhe von 170.000 € ab. Den Betrag ermittelte der Gutachter im Rahmen einer Ortsbesichtigung, bei der er die Immobilie von außen und eine von 17 Wohnungen auch im Innenbereich besichtigt hatte. Das Finanzamt erkannte einen Sanierungsstau nur in Höhe von 101.000 € an und setzte den Wert für die Schenkungsteuer auf 699.000 € fest (800.000 € Ertragswert abzüglich 101.000 € Sanierungsstau).

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab:

  • Nur ein ordnungsgemäß erstelltes Gutachten ist für den Nachweis eines niedrigeren Grundstückswertes geeignet. Dies setzt zunächst voraus, dass der Gutachter die gesetzlichen Vorgaben für die Grundstücksbewertung beachtet; das Gutachten muss also eine methodische Qualität aufweisen.
  • Zum anderen muss der Gutachter das Grundstück einschließlich Gebäude auch besichtigen und die Grundlagen, auf die er seine Bewertung stützt, dokumentieren. Er darf sich nicht nur auf Auskünfte des Auftraggebers oder auf seine jahrelange Erfahrung stützen.
  • Im Streitfall hat der Gutachter zwar zutreffend das sog. Ertragswertverfahren angewendet, bei dem der Grundstückswert aus den Bodenpreisen und dem Mietertrag abgeleitet wird. Hierbei kann auch ein Sanierungsstau wertmindernd berücksichtigt werden. Der Gutachter hat jedoch bei der Ermittlung des Ertragswertes die erzielten Mieten zu Grunde gelegt und dann einen Sanierungsstau abgezogen. Gleichzeitig hat er darauf hingewiesen, dass nach der Sanierung höhere Mieten erzielt werden können. Insofern hat er den wegen des Instandsetzungsbedarfs vorzunehmenden Abschlag vom Ertragswert zu hoch angesetzt.
  • Außerdem hat der Gutachter nur eine einzige Wohnung, die leer stand, besichtigt, nicht aber die 16 vermieteten Wohnungen. Er konnte daher den Sanierungsbedarf für die vermieteten Wohnungen nicht feststellen, sondern hat sich insoweit nur auf die Angaben des Klägers und auf seine eigene Erfahrung verlassen. Damit sind die Begutachtungsgrundlagen nicht ausreichend erhoben und dokumentiert worden.

Hinweis: In der Praxis muss darauf geachtet werden, dass der Gutachter ordnungsgemäß arbeitet und sich das Grundstück umfassend anschaut, wenn er Bewertungsabschläge vornimmt. Der Gutachter darf sich insoweit nicht auf die Aussagen des Steuerpflichtigen stützen. Je weniger der Gutachter selbst ermittelt hat, desto niedriger ist der Nachweiswert seines Gutachtens. Wegen der Beweislast geht dies dann zu Lasten des Steuerpflichtigen.

Vermieden werden sollten auch Fehler bei der methodischen Qualität des Gutachtens. Wenn der Gutachter bereits bei der Ermittlung der Mieteinnahmen eine niedrige Miete wegen der Mängel der Immobilie ansetzt, darf er den Mangel nicht noch zusätzlich vom Mietwert abziehen.

Mandanteninformation 02/2018

Ausgabe Nr. 2/2018 (März/April)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Schenkungsteuer bei überhöhter Miete

Eine von einer GmbH gezahlte überhöhte Vergütung an eine dem GmbH-Gesellschafter nahe stehende Person ist keine Schenkung der GmbH an die nahe stehende Person, wenn der Gesellschafter an der Vereinbarung mitgewirkt hat. Allerdings kann es sich um eine Schenkung des Gesellschafters selbst an die ihm nahe stehende Person handeln.

Hintergrund: Zahlt eine GmbH an einen Gesellschafter ein überhöhtes Gehalt, einen überhöhten Kaufpreis oder eine überhöhte Miete, stellt sich die Frage, ob der unangemessene Teil der Vergütung eine Schenkung der GmbH darstellt. Diese Frage stellt sich auch dann, wenn die überhöhte Vergütung nicht dem Gesellschafter selbst, sondern an eine diesem nahe stehende Person, z. B. an seinen Ehegatten, gezahlt wird. Ertragsteuerlich wird der unangemessene Teil als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt und dem Einkommen der GmbH wieder hinzugerechnet.

Streitfälle: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste über drei Fälle entscheiden, in denen eine GmbH jeweils eine überhöhte Miete bzw. einen überhöhten Kaufpreis an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person (dessen Mutter bzw. Ehegatten oder Bruder) zahlte. Den jeweiligen Miet- bzw. Kaufvertrag hatte der Gesellschafter unterzeichnet. Das Finanzamt behandelte den überhöhten Teil des Kaufpreises/der Miete als verdeckte Gewinnausschüttung. Zudem sah es in dem überhöhten Teil des Preises eine Schenkung der GmbH und setzte Schenkungsteuer gegenüber der dem Gesellschafter nahe stehenden Person fest.

Entscheidung: Der BFH verneinte Schenkungen der GmbHs an die jeweils nahe stehende Person:

  • Zu Schenkungen gehören auch gemischte Schenkungen, bei denen ein überhöhter Preis bzw. eine überhöhte Miete oder ein überhöhtes Gehalt gezahlt werden. Der Schenkungsteuer unterliegt dann der überhöhte Teil.
  • Wird an einen Gesellschafter eine überhöhte Vergütung gezahlt, so beruht diese überhöhte Zahlung auf dem Gesellschaftsverhältnis. Es handelt sich dann um eine Gewinnausschüttung, die verdeckt erfolgt und die den Gewinnanspruch des Gesellschafters mindert. Denn aufgrund der überhöhten Zahlung steht der GmbH weniger Geld für die offene Gewinnausschüttung zur Verfügung. Dies gilt auch dann, wenn die überhöhte Vergütung an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person gezahlt wird, d. h. an dessen Angehörigen.
  • Beruht die überhöhte Vergütung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter, kann es sich nicht um eine Schenkung handeln. Denn es fehlt an der Freigebigkeit, weil die GmbH im Hinblick auf den Gewinnanspruch des Gesellschafters leistet und an dessen Angehörigen zahlt.
  • Die überhöhte Vergütung beruht auf dem Gesellschaftsverhältnis, wenn der Gesellschafter an der Vereinbarung, die eine überhöhte Zahlung festlegt, mitgewirkt hat. Diese Mitwirkung kann darin bestehen, dass der Gesellschafter den Miet-, Kauf- oder Dienstvertrag als Gesellschafter-Geschäftsführer mit unterzeichnet, dass er den Geschäftsführer zum Vertragsabschluss anweist, dass er dem Vertrag zustimmt oder dass er in sonstiger Weise auf den Vertragsabschluss hinwirkt. In den Streitfällen hatte der jeweilige Gesellschafter den Vertrag mit unterschrieben oder als Geschäftsführer abgeschlossen.
  • Zwar lagen danach keine Schenkungen der GmbHs an die dem Gesellschafter nahe stehende Personen vor. Allerdings ist es denkbar, dass der jeweilige Gesellschafter selbst als Schenker anzusehen ist und damit eine Schenkung des Gesellschafters an die ihm nahe stehende Person (Angehörigen) vorgelegen hat. Hierüber brauchte der BFH jedoch nicht zu entscheiden, da das Finanzamt nur eine Schenkung der jeweiligen GmbH an die nahe stehende Person besteuert hatte.

Hinweise: Die drei aktuellen Urteile sind Grundsatzentscheidungen im Bereich der Schenkungsteuer bei Kapitalgesellschaften. Dabei korrigiert der BFH seine bisherige Rechtsprechung, nach der eine überhöhte Leistung der GmbH an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person keine Schenkung des Gesellschafters sein könne, weil es an einer Vermögensverschiebung zwischen dem Gesellschafter und der nahe stehenden Person fehlte.

Nunmehr sieht der BFH die Vermögensverschiebung zwischen dem Gesellschafter und der nahe stehenden Person darin, dass der Gesellschafter einen geringeren Gewinnausschüttungsanspruch hat, wenn die GmbH eine überhöhte Zahlung an den Angehörigen des Gesellschafters leistet. Die Finanzämter werden die aktuellen Urteile möglicherweise zum Anlass nehmen, die Schenkungsteuerpflicht bei verdeckten Gewinnausschüttungen, die aus überhöhten Leistungen der GmbH an eine dem Gesellschafter nahe stehende Person resultieren, zu prüfen.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Neues zur doppelten Haushaltsführung

Eine doppelte Haushaltsführung liegt nicht vor, wenn die Hauptwohnung des Arbeitnehmers noch im Einzugsbereich des Beschäftigungsortes liegt und der Arbeitnehmer von seiner Hauptwohnung aus die Arbeitsstelle in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Die Kosten für eine Zweitwohnung, die näher an der Arbeitsstelle liegt, sind dann nicht absetzbar.

Streitfall: Der Kläger wohnte mit seiner Ehefrau und deren zwei Kindern in B. Er arbeitete in A, das 36 km entfernt lag und mit dem Pkw bzw. den öffentlichen Verkehrsmitteln in rund einer Stunde zu erreichen war. Der Kläger mietete in A eine Zweitwohnung an und machte die Miete in Höhe von ca. 15.000 € als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend, die das FA nicht anerkannte.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Eine doppelte Haushaltsführung ist nur dann zu bejahen, wenn Hauptwohnsitz und Beschäftigungsort auseinanderfallen. Befinden sich aber sowohl der Hauptwohnsitz als auch die Zweitwohnung am Beschäftigungsort, sind Werbungskosten für eine doppelte Haushaltsführung nicht anzuerkennen.
  • Der Begriff des Beschäftigungsorts ist weit auszulegen. Der Beschäftigungsort umfasst also nicht nur die politische Gemeinde, sondern auch den Einzugsbereich, von dem aus man üblicherweise die Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Einen allgemeinen Richtwert für eine bestimmte Mindestentfernung gibt es nicht. Entscheidend ist die individuelle Verkehrsverbindungen zwischen Hauptwohnung und Beschäftigungsort.
  • Im Streitfall betrug die Entfernung zwischen der Hauptwohnung und der Arbeitsstätte 36 km. Die Fahrt mit dem Pkw dauerte unter Berücksichtigung eines Zeitzuschlags wegen Staugefahr etwa 1 Stunde, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ca. 1 Stunde und 10 Minuten. Eine derartige Fahrzeit ist in Großstädten durchaus üblich, sodass dem Kläger eine tägliche Fahrt von seinem Hauptwohnsitz in B zu seinem Beschäftigungsort in A zuzumuten war. Damit lag der Hauptwohnsitz in B noch im Einzugsbereich des Beschäftigungsorts A, sodass keine doppelte Haushaltsführung bestand.

Hinweis: Zum Beschäftigungsort zählt der gesamte Einzugsbereich, ohne dass es auf die Gemeinde- oder Stadtgrenzen oder auf die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Bundesland ankommt. Als grobe Richtschnur für die Zugehörigkeit zum Einzugsbereich gilt eine Fahrzeit von etwa einer Stunde. Solange sich die Arbeitsstätte also innerhalb einer Stunde vom Familienwohnsitz aus erreichen lässt, wird eine doppelte Haushaltsführung nicht anerkannt.

Alle Steuerpflichtigen

Ausfall einer privaten Darlehens-forderung

Der Ausfall einer privaten Darlehensforderung ist steuerlich absetzbar. Es ist nicht erforderlich, dass der Steuerpflichtige seine wertlose Darlehensforderung mit Verlust verkauft.

Hintergrund: Seit Einführung der sog. Abgeltungsteuer werden auch Gewinne und Verluste aus dem Verkauf oder der Rückzahlung von privaten Darlehensforderungen als Kapitaleinkünfte behandelt.

Streitfall: Der Kläger gewährte im Jahr 2010 einem Dritten ein verzinsliches Darlehen. Im Jahr 2012 wurde über das Vermögen des Dritten das Insolvenzverfahren eröffnet, sodass der Kläger einen Restbetrag von ca. 20.000 € zur Insolvenztabelle anmeldete. Diesen Betrag machte er in seiner Einkommensteuererklärung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage dem Grunde nach statt und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zur weiteren Aufklärung zurück:

  • Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören seit der Einführung der Abgeltungsteuer im Jahr 2009 auch Wertveränderungen bei Darlehensforderungen. Es werden also nicht mehr nur die Zinsen als Kapitaleinnahmen erfasst, sondern auch Gewinne und Verluste aus dem Verkauf von Darlehensforderungen bzw. aus der Rückzahlung von Darlehen, wenn die Darlehensforderung unter dem Nennwert erworben wurde und der Darlehensschuldner nun das Darlehen vollständig zurückzahlt.
  • Der Kläger hat seine Darlehensforderung zwar nicht verkauft, sondern sie ist ausgefallen. Ein Ausfall wird einem Verkauf aber gleichgestellt. Wenn der Gesetzgeber nämlich die Rückzahlung eines – unter dem Nennwert erworbenen – Darlehens als Gewinn erfasst, muss konsequenterweise auch der Ausfall der Rückzahlung als Verlust berücksichtigt werden. Der Steuerpflichtige ist daher nicht gezwungen, seine wertlos gewordene Darlehensforderung zu verkaufen.
  • Der Verlust wird jedoch erst dann berücksichtigt, wenn der Ausfall des Darlehens endgültig feststeht. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens reicht hierfür noch nicht aus, wohl aber die Ablehnung der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse. Das FG muss nun den Zeitpunkt des Ausfalls ermitteln.

Hinweise: Der BFH beantwortet eine für die Praxis wichtige Rechtsfrage zugunsten der Steuerpflichtigen. Denn das Gericht erkennt den Ausfall eines Darlehens steuerlich genauso an wie den Verlust aus der Veräußerung einer Darlehensforderung zu einem Preis unter dem Nennwert der Forderung.

Diese Rechtsfrage war bislang umstritten, weil das Gesetz ausdrücklich nur den Verlust aus der Veräußerung einer Forderung erwähnte, nicht aber den bloßen Ausfall der Darlehensforderung. In der Praxis wurde daher häufig sicherheitshalber eine wertlos gewordene Forderung noch zu einem geringfügigen Kaufpreis von z. B. 1 € an einen Dritten oder Angehörigen verkauft, um den Verlust steuerlich geltend zu machen. Nach dem aktuellen Urteil ist ein solcher Verkauf nicht mehr erforderlich. Allerdings erleichtert ein Verkauf die Bestimmung des Zeitpunkts der Entstehung des Verlustes.

Das Urteil betrifft den Ausfall privater Darlehensforderungen. Andere Grundsätze können gelten, wenn es sich um die Darlehensforderung eines mit 1 % an einer GmbH beteiligten Gesellschafters handelt, der das Darlehen seiner GmbH gewährt hat.

Ausbildungsende im Kindergeldrecht

Die Kindergeldgewährung aufgrund einer Berufsausbildung endet nicht immer bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses einer Abschlussprüfung, sondern ggf. erst mit dem späteren Ablauf der gesetzlich festgelegten Ausbildungszeit. Dies hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden.

Hintergrund: Eltern volljähriger Kinder haben u.a. Anspruch auf Kindergeld, wenn das Kind noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und für einen Beruf ausgebildet wird.

Streitfall: Die Tochter des Klägers absolvierte eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin, die nach der einschlägigen landesrechtlichen Verordnung drei Jahre dauert. Der Ausbildungsvertrag hatte dementsprechend eine Laufzeit vom 1.9.2012 bis zum 31.8.2015. Die Tochter bestand die Abschlussprüfung im Juli 2015; in diesem Monat wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt.

Die Familienkasse ging davon aus, dass eine Berufsausbildung bereits mit Ablauf des Monats endet, in dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird, so dass es nicht auf das Ende der durch Rechtsvorschrift festgelegten Ausbildungszeit ankommt. Sie hob daher die Festsetzung des Kindergeldes ab August 2015 auf und verwies hierzu auf die Rechtsprechung des BFH, der zufolge eine Ausbildung mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet.

Entscheidung: Der Kläger wandte sich dagegen und erstritt das Kindergeld für den Monat August erfolgreich vor dem BFH:

  • In den bislang entschiedenen Fällen war die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses der späteste in Betracht kommende Zeitpunkt für das Ende der Ausbildung. 
  • Hiervon unterscheidet sich der Streitfall, weil hier das Ausbildungsende durch eine eigene Rechtsvorschrift geregelt ist.
  • Nach der Heilerziehungspflegeverordnung des Landes Baden-Württemberg dauert die Fachschulausbildung zur Heilerziehungspflegerin drei Jahre.
  • Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG), der zufolge eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, war nicht einschlägig, da die Ausbildung an einer dem Landesrecht unterstehenden berufsbildenden Schule absolviert wurde, so dass das BBiG nicht anwendbar war.
  • Damit endete die Berufsausbildung vorliegend nicht im Juli 2015, sondern erst mit Ablauf des Folgemonats.

Kürzung von Pflegeheimkosten

Sind Ehegatten krankheitsbedingt in einem Alten- oder Pflegeheim untergebracht, können sie die Kosten hierfür als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Jedoch ist für jeden Ehegatten – und nicht nur für einen Ehepartner – eine Haushaltsersparnis von den außergewöhnlichen Belastungen abzuziehen, wenn sie keinen weiteren Haushalt mehr führen.

Hintergrund: Zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören u. a. die Kosten für eine krankheitsbedingte Unterbringung in einem Alten- oder Pflegeheim. Allerdings ist eine Haushaltsersparnis abzuziehen, da auch ein gesunder Steuerpflichtiger Verpflegungs- und Wohnkosten hat.

Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute, die aufgrund ihrer Pflegebedürftigkeit seit Mai 2013 in einem Alten- und Pflegeheim in einem Doppelzimmer untergebracht waren. Einen weiteren Haushalt führten sie nicht. Für die Unterbringung entstanden ihnen Kosten in Höhe von ca. 28.000 €. Sie zogen hiervon die Haushaltsersparnis für einen Steuerpflichtigen ab und machten den verbleibenden Betrag als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt zog hingegen für jeden Ehegatten eine Haushaltsersparnis ab.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Finanzamt Recht:

  • Außergewöhnliche Belastungen setzen zusätzliche Aufwendungen voraus. Daher sind die außergewöhnlichen Belastungen um diejenigen Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung zu mindern, die dem Steuerpflichtigen auch ohne die Unterbringung im Alten- oder Haushalt entstehen würden; dies ist die sog. Haushaltsersparnis.
  • Bei Ehegatten ist die Haushaltsersparnis für jeden Ehegatten abzuziehen. Denn jeder Ehegatte wird um die Kosten für die Miete, für Grundgebühren für Strom und Wasser, für Reinigung und für Nahrung entlastet, wenn er in einem Pflege- oder Altenheim untergebracht ist.
  • Würde die Haushaltsersparnis nur für einen Ehegatten abgezogen, käme es zu einer Doppelbegünstigung, weil der andere Ehegatte die gesamten Kosten für die Unterbringung und Verpflegung steuerlich absetzen könnte, obwohl er hinsichtlich seines Existenzminimums bereits durch den Grundfreibetrag entlastet wird.

Hinweise: Die Haushaltsersparnis wird auf Grundlage des Unterhaltshöchstbetrags ermittelt. Aktuell liegt dieser bei 9.000 €, wobei der Betrag zeitanteilig zu ermitteln ist, wenn die Unterbringung im Pflegeheim nicht ganzjährig erfolgt. Auf eine tatsächliche Ersparnis kommt es nicht an.

Die Haushaltsersparnis wird nur dann von den außergewöhnlichen Belastungen abgezogen, wenn die Steuerpflichtigen keinen weiteren Haushalt mehr unterhalten.

Spendenabzug beim Crowdfunding

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat sich in einem aktuellen Schreiben zum Spendenabzug beim sog. Crowdfunding geäußert, bei dem eine Vielzahl von Personen aufgrund eines Aufrufs auf einer Internetplattform Geldmittel für ein Projekt zur Verfügung stellen.

Hintergrund: Spenden sind steuerlich als Sonderausgaben absetzbar. Mitunter werden Spenden aber nicht unmittelbar an einen gemeinnützigen Verein geleistet, sondern an einen Projektveranstalter gezahlt, der im Internet ein sog. Crowdfunding-Portal eingerichtet hat, um finanzielle Mittel von einer Vielzahl von Personen einzusammeln. Hier stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein Spendenabzug möglich ist.

Wesentliche Aussagen des BMF:

  • Dem BMF zufolge ist der Spendenabzug beim sog. Spenden-Crowdfunding möglich. Hier findet im Internet eine Spendensammlung für einen bestimmten Anlass statt, mit der eine bestimmte Spendenhöhe erreicht werden soll. Wird diese Höhe erreicht, werden die eingesammelten Spenden vom Crowdfunding-Portal an den gemeinnützigen Verein für dessen gemeinnütziges Projekt weitergeleitet. Der Spendenabzug ist dann möglich, soweit jedem einzelnen Spender die Spende zugeordnet werden kann.

Hinweis: Das Crowdfunding-Portal sollte daher den Namen und die Adresse des Spenders sowie die Spendenhöhe in Form einer Spenderliste dokumentieren und diese an den gemeinnützigen Verein weiterleiten, der dann die Spendenbescheinigungen ausstellen kann. Natürlich muss die Höhe der in der Spenderliste ausgewiesenen Spenden mit dem überwiesenen Betrag übereinstimmen.

  • Wird der angestrebte Spendenbetrag nicht erreicht, werden die Spenden wieder zurückgezahlt. Ein Spendenabzug ist dann natürlich nicht möglich.
  • Ein Spendenabzug ist auch dann möglich, wenn das Crowdfunding-Portal selbst eine gemeinnützige Förderkörperschaft ist, die aufgrund ihrer Satzung Spenden an andere gemeinnützige Vereine weiterleitet. In diesem Fall ist das Crowdfunding-Portal selbst gemeinnützig und darf eine Spendenbescheinigung ausstellen.

Hinweis: Eine solche Weiterleitungsmöglichkeit muss jedoch in der Satzung geregelt sein. Dabei muss in der Satzung auch festgelegt werden, welche gemeinnützigen Zwecke unterstützt werden.

  • Schließlich ist ein Spendenabzug auch dann möglich, wenn das Crowdfunding-Portal einem gemeinnützigen Verein gehört und die Spenden für ein gemeinnütziges Projekt dieses Vereins verwendet werden sollen.

Beispiel: Das gemeinnützige Diakonische Werk richtet ein Crowdfunding-Portal ein, um Spenden für den Bau einer Obdachlosenunterkunft zu sammeln.

Hinweise: Neben den hier genannten gemeinnützigen Formen des sog. Crowdfunding gibt es aber auch nicht gemeinnützige Formen, bei denen ein Spendenabzug nicht möglich ist, z. B.

  • das „klassische“ Crowdfunding, bei dem Gelder für ein junges Unternehmen (insbesondere Start-Ups) eingesammelt werden und bei dem die Geldgeber eine Gegenleistung erwarten. Hierzu zählt auch das sog. Crowdinvesting, bei dem die Zahlungen der Geldgeber eigenkapitalähnlichen Charakter haben;
  • das sog. Crowdlending, bei dem Gelder für ein Darlehen eingesammelt werden, das dann einem Dritten verzinslich gewährt wird.

Mandanteninformation 01/2018

Ausgabe Nr. 1/2018 (Januar/Februar)

Sehr geehrte Mandantin, 
sehr geehrter Mandant,

nachfolgend haben wir in dieser Ausgabe wieder aktuelle Urteile und Neuerungen aus dem Steuer- und Wirtschaftsrecht für Sie zusammengestellt.

 STEUERRECHT
Unternehmer

Darlehen und Bürgschaften von GmbH-Gesellschaftern

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat seine Rechtsprechung zur steuerlichen Anerkennung von Verlusten aus Darlehensforderungen eines GmbH-Gesellschafters sowie von Aufwendungen aus einer Bürgschaft des GmbH-Gesellschafters für Verbindlichkeiten der GmbH geändert. Derartige Verluste und Aufwendungen werden grundsätzlich nicht mehr steuerlich berücksichtigt, wenn das Darlehen ab dem 27.9.2017, dem Tag der Urteilsveröffentlichung, gewährt bzw. stehengelassen oder die Bürgschaft ab dem 27.9.2017 übernommen wird.

Hintergrund: Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH kann ein GmbH-Gesellschafter, dessen Beteiligung zu seinem Privatvermögen gehört, bei der Veräußerung oder Auflösung seiner GmbH nicht nur seine Einlage vom Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn abziehen, sondern auch den Ausfall von Darlehensforderungen sowie die Inanspruchnahme aus einer für die GmbH eingegangenen Bürgschaft als sog. nachträgliche Anschaffungskosten absetzen, und zwar zu 60 % nach dem Teileinkünfteverfahren. Die Voraussetzungen für den Abzug richteten sich bislang nach dem sog. Eigenkapitalersatzrecht, das zivilrechtlich bereits im Jahr 2009 abgeschafft worden ist.

Sachverhalt: Dem Kläger wurde im Jahr 2010 eine GmbH-Beteiligung von seinem Vater im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen. Bereits im Jahr 2006 hatte sich der Kläger, obwohl er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht Gesellschafter war, für Verbindlichkeiten der GmbH verbürgt; allerdings hatte die Bank zu diesem Zeitpunkt bereits eine Beteiligung des Klägers gefordert. Im Jahr 2011 geriet die GmbH in Insolvenz, und der Kläger wurde aus der Bürgschaft in Höhe von ca. 140.000 € in Anspruch genommen. Er machte die Bürgschaftszahlungen in Höhe von 140.000 €, die von seinem Vater übernommene Einlage von 27.000 € sowie weitere Kosten von ca. 8.000 € als Auflösungsverlust geltend. Das Finanzamt erkannte die Bürgschaftszahlungen steuerlich nicht an.

Entscheidung: Der BFH hat der Klage aus Gründen des Vertrauensschutzes stattgegeben; künftig werden in solchen Fällen der Darlehensausfall und die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft jedoch nicht mehr absetzbar sein:

  • An der bisherigen Anknüpfung an das Eigenkapitalersatzrecht hält der BFH nicht mehr fest, da das Eigenkapitalersatzrecht zivilrechtlich bereits seit dem Jahr 2009 nicht mehr gilt. Es kommt daher künftig nicht mehr darauf an, ob ein Darlehen des GmbH-Gesellschafters oder eine von ihm eingegangene Bürgschaft funktionell wie haftendes Eigenkapital zu behandeln ist.
  • Entscheidend ist künftig vielmehr, ob das Gesellschafterdarlehen oder die vom Gesellschafter eingegangene Bürgschaft den handelsrechtlichen Anschaffungskostenbegriff erfüllt. Dies ist der Fall, wenn Darlehen oder Bürgschaft zu einer offenen oder verdeckten Einlage führen. Steuerlich werden künftig daher nur noch folgende Leistungen des GmbH-Gesellschafters berücksichtigt: Nachschüsse, Einzahlungen in die Kapitalrücklage, Barzuschüsse oder der Verzicht auf eine werthaltige Forderung. Ein Darlehen oder eine Bürgschaft können nur noch ausnahmsweise steuerlich berücksichtigt werden, wenn sie nämlich mit einer Einlage wirtschaftlich vergleichbar sind. Dies kann bei einem Gesellschafterdarlehen der Fall sein, wenn es z. B. aufgrund eines Rangrücktritts denselben Rückzahlungseinschränkungen unterliegt wie Eigenkapital.
  • Die neue Rechtsprechung gilt aus Gründen des Vertrauensschutzes aber erst ab dem Tag der Veröffentlichung dieses Urteils; dies war der 27.9.2017. Entscheidender Zeitpunkt ist der Tag der Hingabe bzw. des Stehenlassens des Darlehens (bei Eintritt der Krise der GmbH) bzw. der Tag der Übernahme der Bürgschaft.
  • Wegen dieses Vertrauensschutzes waren die Aufwendungen des Klägers aus der Bürgschaftsinanspruchnahme steuerlich zu berücksichtigen. Zwar war der Kläger bei der Übernahme der Bürgschaft noch nicht Gesellschafter; es stand aber bereits fest, dass er Gesellschafter werden wird, weil die Bank darauf Wert gelegt hatte. Die Übernahme der Bürgschaft hatte zum damaligen Zeitpunkt eigenkapitalersetzenden Charakter, weil ein ordentlicher Kaufmann zu diesem Zeitpunkt nur noch Eigenkapital zugeführt hätte.

Hinweise: Das Urteil führt zu einer grundlegenden Änderung der steuerlichen Behandlung sogenannter Finanzierungshilfen (Gesellschafterdarlehen und Bürgschaftsübernahme). Aufgrund des Vertrauensschutzes besteht Handlungsbedarf vorrangig nur für künftige Finanzierungshilfen, zu denen aber auch das sog. Stehenlassen eines Darlehens gehören kann. Künftig wird es steuerlich vorteilhaft sein, dass statt der Finanzierungshilfe in Gestalt eines Darlehens oder Bürgschaft Eigenkapital gewährt wird.

Arbeitgeber/Arbeitnehmer

Zuzahlungen zum Dienstwagen

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat in einem aktuellen Schreiben zur steuerlichen Behandlung von Zuzahlungen des Arbeitnehmers bei Nutzung eines Dienstwagens, den er auch privat nutzen darf, Stellung genommen. Das BMF wendet nun die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) an, sodass künftig nicht nur pauschale Zuzahlungen des Arbeitnehmers dessen geldwerten Vorteil mindern, sondern auch individuelle Kosten, die der Mitarbeiter trägt (z. B. für das Tanken). Voraussetzung ist allerdings, dass die Kostenübernahme arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbart worden ist.

Hintergrund: Die Überlassung eines Dienstwagens an den Arbeitnehmer, den dieser auch für Privatfahrten nutzen darf, führt zu einem steuerbaren geldwerten Vorteil, der entweder nach der sog. 1 %-Methode mit 1 % des Bruttolistenpreises pro Monat oder nach der sog. Fahrtenbuchmethode nach den für die Privatfahrten entstandenen Aufwendungen zu bewerten ist. Der BFH hat vor Kurzem entschieden, dass Zuzahlungen des Arbeitnehmers den geldwerten Vorteil mindern, allerdings nicht zu einem negativen Wert führen dürfen, falls die Zuzahlungen höher sein sollten als der geldwerte Vorteil.

Wesentliche Aussagen des BMF: Das Ministerium folgt der neuen BFH-Rechtsprechung und akzeptiert die Minderung des geldwerten Vorteils in Höhe der von einem Arbeitnehmer geleisteten Zuzahlungen.

  • Bei den Zuzahlungen, die den geldwerten Vorteil mindern, kann es sich um ein pauschales Monatsentgelt, um eine vom Arbeitnehmer übernommene Leasingrate, um eine Kilometerpauschale oder um die Übernahme einzelner Kfz-Kosten wie z. B. Benzin, Kfz-Steuer, Reparaturen und Versicherungsbeiträge handeln.

Hinweis: Nicht als Zuzahlungen gelten Kosten, die keine eigentlichen Kfz-Kosten sind, z. B. Mautgebühren, Fährkosten, Parkgebühren, Beiträge für Unfall- und Insassenversicherungen oder Bußgelder. Auch ein Barlohnverzicht des Arbeitnehmers im Rahmen einer Gehaltsumwandlung ist keine Zuzahlung.

  • Wird der geldwerte Vorteil nach der sog. 1 %-Methode ermittelt, mindert sich dieser Betrag um die geleisteten Zuzahlungen, maximal jedoch bis auf einen Betrag von 0 €.
  • Wird der geldwerte Vorteil mittels Fahrtenbuchmethode ermittelt, mindert er sich um pauschale Nutzungsentgelte des Arbeitnehmers. Individuell getragene Kosten können folgendermaßen berücksichtigt werden: Entweder werden nur die vom Arbeitgeber getragenen Kosten im Umfang der Privatnutzung angesetzt und müssen dann als geldwerter Vorteil versteuert werden. Oder die Kfz-Kosten erhöhen sich zunächst um die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Kosten; dafür werden aber die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Kosten anschließend vom geldwerten Vorteil abgezogen.

Beispiel: Vereinbart ist, dass der Arbeitnehmer das Benzin selbst bezahlt; er wendet hierfür 3.000 € auf. Die übrigen Kosten für den Dienstwagen in Höhe von 7.000 € trägt der Arbeitgeber. Der Arbeitnehmer nutzt den Dienstwagen im Umfang von 10 % für private Fahrten.

Variante 1: Als geldwerter Vorteil werden 10 % von 7.000 €, also 700 €, angesetzt. Die vom Arbeitnehmer selbst gezahlten Benzinkosen bleiben außer Ansatz.

Variante 2: Die Kfz-Kosten werden insgesamt mit 10.000 € angesetzt, indem auch die vom Arbeitnehmer selbst getragenen Kosten einbezogen werden. Hieraus ergibt sich im ersten Schritt ein geldwerter Vorteil von 1.000 €, nämlich 10 % von 10.000 €. Von diesen 1.000 € werden in einem zweiten Schritt die eigenen Zuzahlungen des Arbeitnehmers in Höhe von 3.000 € abgezogen, maximal aber bis auf einen Wert von 0 €. Damit muss der Arbeitnehmer keinen geldwerten Vorteil mehr versteuern.

  • Auch Zuzahlungen des Arbeitnehmers zu den Anschaffungskosten des Dienstwagens mindern den geldwerten Vorteil bis auf 0 €, und zwar nicht nur im Zahlungsjahr, sondern auch in den Folgejahren, soweit sie im Zahlungsjahr nicht vollständig angerechnet werden können.

Hinweise: Das für die Finanzämter bindende BMF-Schreiben gilt in allen offenen Fällen. Die Grundsätze des Schreibens sind bereits im Lohnsteuerabzugsverfahren zu beachten, sodass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber die selbst getragenen Kfz-Kosten wie z. B. für das Benzin und die Gesamtfahrleistung mitteilen muss. Der Arbeitgeber hat jedoch keine Ermittlungspflichten. Soweit der Lohnsteuerabzug nicht zutreffend erfolgt, kann der Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuererklärung die Zuzahlungen geltend machen. Hierzu muss er die Höhe des geminderten geldwerten Vorteils nachweisen.

Überlassung geleaster Diensträder

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zur Überlassung von geleasten Elektro- und „normalen“ Fahrrädern durch den Arbeitgeber an Arbeitnehmer Stellung genommen. Das Schreiben des BMF enthält insbesondere eine Bewertungsvereinfachung für die Wertermittlung von Elektrofahrrädern.

Hintergrund: In dem Schreiben geht es insbesondere um (Elektro-)Fahrräder, die der Arbeitgeber von einem Leasinggeber least und aufgrund eines Überlassungsvertrags seinen Arbeitnehmern zur Nutzung für drei Jahre überlässt, wobei die Fahrräder auch privat genutzt werden dürfen. In der Regel wird das Gehalt des Arbeitnehmers im Wege der Gehaltsumwandlung in Höhe eines der Leasingrate des Arbeitgebers vergleichbaren Betrags herabgesetzt. Nach Ablauf einer dreijährigen Vertragslaufzeit erhält der Arbeitnehmer häufig die Möglichkeit, das Fahrrad zu einem Preisnachlass zu erwerben.

Wesentliche Aussagen des BMF zur steuerlichen Behandlung:

  • Zunächst ist zu prüfen, ob der Arbeitgeber das Fahrrad überhaupt seinem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit einer Gehaltsumwandlung oder mit einer arbeitsvertraglichen Zusatzvergütung überlässt oder ob nicht der Arbeitnehmer selbst das Fahrrad least. Ist der Arbeitnehmer selbst Leasingnehmer, handelt es sich nicht um eine Überlassung durch den Arbeitgeber; es entstehen dann keine geldwerten Vorteile für den Arbeitnehmer.
  • Die private Nutzungsmöglichkeit des Fahrrads ist mit 1 % der unverbindlichen Bruttopreisempfehlung des Herstellers pro Monat zum Zeitpunkt des Beginns der Nutzung zu bewerten. Diese Preisempfehlung ist auf volle Hundert Euro abzurunden.

Hinweis: Dies entspricht der bisherigen Verwaltungsauffassung. Insoweit enthält das BMF-Schreiben nichts Neues.

  • Der Preisnachlass, den der Arbeitnehmer bei einem Kauf des Fahrrads nach Ablauf des Leasingvertrags des Überlassungsvertrags erhält, ist als geldwerter Vorteil zu versteuern.

Hinweis: Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn der Wert des Fahrrads nach drei Jahren Nutzungsdauer mit 40 % der unverbindlichen Bruttopreisempfehlung des Herstellers, die im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrads galt, angesetzt wird. Liegt der vom Arbeitnehmer gezahlte Kaufpreis unter diesen 40 %, entsteht insoweit ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil.

  • Der geldwerte Vorteil auf Grund des Preisnachlasses kann grundsätzlich vom Arbeitgeber pauschal mit 30 % als Sachbezug versteuert werden. Dies setzt allerdings voraus, dass der Preisnachlass zusätzlich zum Arbeitslohn gewährt worden ist.

Hinweis: Das neue BMF-Schreiben gilt in allen noch offenen Fällen und ist für die Finanzämter verbindlich, nicht aber für die Finanzgerichte.

Aufladen von Elektro-Fahrrädern und Dienstwagen

Darüber hinaus hat das BMF die Steuerbefreiung für das Aufladen von Elektrofahrzeugen mit Hilfe von Ladestationen oder Ladevorrichtungen des Arbeitgebers ausgeweitet. Nunmehr können auch Elektrofahrräder, die verkehrsrechtlich kein Kfz darstellen, lohnsteuerfrei aufgeladen werden.

Hintergrund: Nach dem Gesetz sind vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das elektrische Aufladen eines Elektrofahrzeugs oder Hybridfahrzeugs im Betrieb des Arbeitgebers oder für die zeitweise zur privaten Nutzung überlassene (d. h. verliehene) betriebliche Ladevorrichtung lohnsteuerfrei. Diese Vorteile müssen zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden. Die Steuerfreiheit gilt befristet in der Zeit vom 1.1.2017 bis zum 31.12.2020 und ist eigentlich auf E-Bikes, die verkehrsrechtlich nicht als Kfz gelten (dies sind Räder, deren Motor lediglich Geschwindigkeiten von bis zu 25 km/h unterstützt), nicht anzuwenden.

Die wichtigsten Aussagen des BMF:

Nunmehr erkennt das BMF die Steuerbefreiung auch für Elektrofahrräder an, die verkehrsrechtlich nicht als Kfz einzuordnen sind. Die Ausdehnung der Steuerbefreiung erfolgt aus Billigkeitsgründen und gilt zeitlich unbegrenzt.

Ferner hat das BMF eine Vereinfachungsregelung für die Erstattung von Stromkosten des Arbeitnehmers für Dienstwagen getroffen. Erstattet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Stromkosten für das Aufladen eines Elektro- bzw. Hybrid-Dienstwagens, stellt diese Erstattung bereits nach bisheriger Handhabung des BMF steuerfreien Auslagenersatz dar. Nunmehr können hierfür für den Zeitraum vom 1.1.2017 bis zum 31.12.2020 folgende monatliche Pauschalen aus Vereinfachungsgründen zu Grunde gelegt werden:

  • bei zusätzlicher Lademöglichkeit beim Arbeitgeber: 20 € für Elektro-Dienstwagen und 10 € für Hybridfahrzeuge,
  • ohne zusätzliche Lademöglichkeit beim Arbeitgeber: 50 € für Elektro-Dienstwagen und 25 € für Hybridfahrzeuge.

Hinweis: Diese Beträge gelten auch dann, wenn der Arbeitnehmer die Stromkosten für einen Dienstwagen selbst trägt. Die genannten Beträge können dann aus Vereinfachungsgründen auf den geldwerten Vorteil für die Privatnutzungsmöglichkeit des Elektro-Dienstwagens bzw. Hybrid-Dienstwagens angerechnet werden und mindern damit die Höhe des geldwerten Vorteils.

Rentenversicherungsbeiträge sinken

Der Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung sinkt zum 1.1.2018 von 18,7 auf 18,6 %. In der knappschaftlichen Rentenversicherung sinkt der Beitrag von 24,8 auf 24,7 %.

Für Minijobber sinkt der Eigenanteil von 3,7 % auf 3,6 %, sofern keine Befreiung von der Rentenversicherung vorliegt (13,6 % bei Minijobs in Privathaushalten). Arbeitgeber zahlen weiterhin einen Renten-Pauschalbeitrag in Höhe von 15 % (bzw. 5 % bei Minijobs in Privathaushalten).

Alle Steuerpflichtigen

Neues zum häuslichen Arbeitszimmer

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zur steuerlichen Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers Stellung genommen.

Hintergrund: Die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer sind nur unter bestimmten Voraussetzungen absetzbar: Ein Abzug ist bis zur Höhe von 1.250 € möglich, wenn für die berufliche/betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Kosten sind sogar in voller Höhe abziehbar, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen/betrieblichen Tätigkeit darstellt. In allen anderen Fällen ist ein Abzug nicht möglich.

Inhalt des BMF-Schreibens: In dem aktuellen Schreiben wird die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) berücksichtigt. Dies betrifft u. a. folgende Punkte:

  • Für den vollständigen Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug spielt es keine Rolle, ob dem Steuerpflichtigen noch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Entscheidend ist allein, ob das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen/betrieblichen Tätigkeit darstellt.
  • Eine Arbeitsecke in einem Wohn- oder Schlafzimmer wird nicht als häusliches Arbeitszimmer anerkannt, wohl aber ein Arbeitszimmer im Keller oder unter dem Dach.
  • Werden bei einem häuslichen Arbeitszimmer Räume wie Bad, Flur oder Küche nicht unerheblich privat mitgenutzt, können die Kosten hierfür nicht anteilig abgesetzt werden.
  • Die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer gilt auch dann, wenn der Steuerpflichtige ein Büro in der zweiten Wohnung seines Zweifamilienhauses unterhält und auf dem Weg in dieses Büro keine öffentlichen Wege benutzen muss, sondern sich ausschließlich auf seinem Privatgrundstück bewegt.
  • Bei der Frage, ob ein Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit des Steuerpflichtigen bildet, bleiben Renten oder Pensionsbezüge unberücksichtigt. Es zählen nur solche Einkünfte, für die der Steuerpflichtige im Veranlagungszeitraum tätig werden musste.
  • Bei Richtern und Professoren liegt der Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit nie im häuslichen Arbeitszimmer, sondern stets im Gericht oder im Hörsaal.
  • Wird ein Arbeitszimmer für mehrere Einkunftsarten genutzt, sind die Aufwendungen für das Arbeitszimmer entsprechend dem Nutzungsumfang der jeweiligen Einkunftsart zuzuordnen. Der Höchstbetrag von 1.250 € wird nicht in Teilhöchstbeträge pro Einkunftsart aufgeteilt, sondern kann insgesamt in voller Höhe abgesetzt werden, auch wenn das Arbeitszimmer bei einer Einkunftsart nicht anerkannt wird, weil dem Steuerpflichtigen insoweit z. B. ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Der Höchstbetrag wird allerdings nicht mehrfach für mehrere Einkunftsarten gewährt, so dass er pro Person und Jahr auf 1.250 € beschränkt ist.
  • Nutzen Eheleute oder Lebensgemeinschaften ein Arbeitszimmer gemeinsam, kann jeder von ihnen bis zu 1.250 € absetzen, wenn bei ihm die Voraussetzungen für die steuerliche Anerkennung erfüllt sind.
  • Eine Vermietung des Arbeitszimmers durch den Arbeitnehmer an den Arbeitgeber kann steuerlich anerkannt werden, so dass nicht die gesetzliche Abzugsbeschränkung gilt, da der Arbeitnehmer insoweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt. Anders ist dies bei einem Selbständigen. Er kann durch eine Vermietung seines häuslichen Arbeitszimmers an seinen Hauptauftraggeber die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer nicht umgehen, da die Mieteinnahmen zu seinen gewerblichen bzw. selbständigen Einkünften gehören.

Hinweis: Das BMF-Schreiben gilt für alle noch offenen Fälle ab dem Veranlagungszeitraum 2007. Das Schreiben ist zwar nur für die Finanzämter verbindlich und nicht für die Gerichte. Da die Änderungen im neuen Schreiben aber im Wesentlichen auf der neuen BFH-Rechtsprechung beruhen, werden diese Änderungen voraussichtlich auch von den Finanzgerichten und erst recht vom BFH beachtet werden.