18.06.2008 Semestergebühren sind besondere Ausbildungskosten

Streitig war in einem Kindergeldverfahren vor dem Finanzgericht (FG) Düsseldorf (Az. 9 K 4245/07 Kg), ob Semestergebühren als besondere Ausbildungskosten die Einkünfte und Bezüge der Kinder mindern. Nach § 32 Absatz 4 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes bleiben Einkünfte, die für besondere Ausbildungszwecke verwendet werden, bei der Prüfung des Einkunftsgrenze außer Ansatz.

Die Einkunftsgrenze liegt derzeit bei EUR 7.680,00. Die Familienkasse errechnete – ohne Berücksichtigung der Semestergebühren – Einkünfte und Bezüge in Höhe von EUR 7.816,97. Jene Gebühren betrugen im Streitfall EUR 240,56.

Die Familienkasse berücksichtigte diese Gebühren nicht. Als Begründung trug sie im Klageverfahren vor, dass in den Semestergebühren in der Regel sowohl Tickets für öffentliche Verkehrsmittel, Versicherungsbeiträge und Beiträge zu studentischen Verbindungen enthalten seien.

Der Kläger trug im Gegenzug vor, dass die Zahlung der Semestergebühren zu den besonderen Ausbildungskosten gehöre. Ohne diese Gebühren entrichtet zu haben, könne sein Sohn überhaupt nicht als Student eingeschrieben bleiben und studieren. Es komme auch nicht darauf an, ob in dem Beitrag ein Ticket für die Benutzung öffentlicher Nahverkehrsmittel enthalten sei. Diese Tickets würden aus anderen Mittel finanziert. Der Semesterbeitrag sei davon unabhängig.

Das FG Düsseldorf gab dem Kläger Recht, ließ aber gleichwohl die Revision beim Bundesfinanzhof zu. Unter Berücksichtigung der Semestergebühren belaufen sich die Einkünfte und Bezüge des Kindes im Streitfall auf EUR 7.576,41 (also unter EUR 7.680,00).

Es bleibt nun abzuwarten, ob die Familienkasse in Revision geht.

11.06.2008 Geldwerter Vorteil für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte

In zwei aktuellen Entscheidungen (Aktenzeichen VI R 85/04 und VI R 68/05) hat der Bundesfinanzhof die Auffassung der Finanzverwaltung verworfen.

Der Park-and-Ride-Fall:

Im ersten Fall ging es um einen Arbeitnehmer, der seinen vom Arbeitgeber gestellten Firmenwagen zwar für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nutzte, jedoch nur für einen Teil der Strecke. Der Arbeitnehmer fuhr mit seinem Pkw zum nächstgelegenen Park-and-Ride-Parkplatz und nutzte von dort aus die Bahn. Die tatsächliche Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte belief sich auf 118km. Tatsächlich wurden hiervon mit dem Pkw aber nur etwa 3,5km (zum Park-and-Ride-Parkplatz) gefahren.

Finanzamt und das Finanzgericht wollten die gesamte Entfernung als geldwerten Vorteil besteuern. Der Bundesfinanzhof bestätigte jedoch die Auffassung der Kläger. Er sah den Zweck der Zuschlagsregelung darin, den – überschießenden – pauschalen Werbungskostenabzug für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Entfernungspauschale) zu kompensieren, der dem Arbeitnehmer bei Nutzung eines Dienstwagens zustehe, ohne dass dieser eigene Aufwendungen zu tragen habe. Aus der Korrekturfunktion des Zuschlags ergebe sich, dass für den Zuschlag ebenso wie für die Entfernungspauschale nur auf die tatsächliche Nutzung des Dienstwagens abzustellen sei. Zwar spreche ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Arbeitnehmer den Dienstwagen für die gesamte Entfernung zur Arbeitsstätte genutzt habe. Dieser könne jedoch durch Vorlage einer auf ihn ausgestellten Jahres-Bahnfahrkarte entkräftet werden.

Der Einmal-Pro-Woche-Fall:

Im zweiten Fall ging es um einen Außendienstmitarbeiter einer Firma, der ebenfalls einen Pkw von seinem Arbeitgeber gestellt bekam. Dieser Außendienstmitarbeiter fuhr jedoch nur einmal pro Woche zum Sitz des Arbeitgebers.

Die Finanzverwaltung sieht schon in der einmal wöchentlichen Fahrt zum Sitz des Arbeitgebers eine Regelmäßigkeit die dazu führt, dass die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in vollem Umfang der Besteuerung unterworfen werden sollen.

Finanzgericht und auch der Bundesfinanzhof haben zwar dem Grunde nach die regelmäßige Arbeitsstätte bestätigt. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichtes hat der Bundesfinanzhof aber hinsichtlich der Bewertung der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf die tatsächliche Nutzung abgestellt. Das bedeutet, dass in einem solchen Fall nicht die Pauschalregelung (0,03% vom Listenneupreis je Entfernungskilometer) zur Anwendung kommt, sondern eine Einzelbewertung vorzunehmen sei.

11.06.2008 Fortbildungsstätte ist keine Arbeitsstätte

Mit Urteil vom 10. April 2008 VI R 66/05 hat der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung zur Ermittlung von Fahrtkosten zu einer nebenberuflichen Bildungsstätte fortentwickelt.

Im Streitfall hatte ein Arbeitnehmer neben seiner Vollbeschäftigung vier Jahre lang an zwei Abenden und am Samstag an einer auswärtigen beruflichen Bildungsmaßnahme teilgenommen. Das Finanzamt beurteilte das Bildungsinstitut als weitere regelmäßige Ausbildungs- bzw. Arbeitsstätte des Klägers und berücksichtigte daher die Fahrtkosten nur durch Ansatz der Entfernungspauschale.

Dieser Auffassung schloss sich der BFH nicht an. Eine Bildungseinrichtung wird im Allgemeinen nicht zu einer regelmäßigen Arbeitsstätte i.S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Einkommensteuergesetz a.F. (EStG) (jetzt § 9 Abs. 2 EStG), wenn ein vollbeschäftigter Arbeitnehmer eine längerfristige, jedoch vorübergehende berufliche Bildungsmaßnahme durchführt. Die Fahrtkosten zu dem Bildungsinstitut sind deshalb nicht mit der Entfernungspauschale, sondern in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen. Der BFH hob zur Begründung insbesondere hervor, der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte, der demjenigen des Tätigkeitsmittelpunkts i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 Satz 2 EStG (zum Verpflegungsmehraufwand) entspreche, sei nur erfüllt, wenn die dortige Tätigkeit auf Nachhaltigkeit und Dauer angelegt sei. Entgegen der bisherigen Verwaltungsauffassung könne deshalb eine auswärtige Tätigkeitsstätte nicht durch bloßen Zeitablauf von drei Monaten zur regelmäßigen Arbeitsstätte werden. Die Voraussetzungen einer regelmäßigen Arbeitsstätte seien auch nicht erfüllt, wenn ein Bildungsinstitut im Rahmen einer nebenberuflichen Fortbildungsmaßnahme längerfristig über vier Jahre aufgesucht werde.

Quelle: Pressemitteilung des BFH vom 11.06.2008

16.05.2008 Vorerst ist nicht mit Steuersenkungen zu rechnen

In den letzten Tagen wurde in den Medien berichtet, dass möglicherweise noch in dieser Legislaturperiode mit Steuersenkungen zu rechnen ist.

Bundeskanzlerin Merkel hatte vor ihrer Lateinamerikareise ihre grundsätzliche Bereitschaft zu Steuersenkungen signalisiert, um die Bürger an den Steuermehreinnahmen teilhaben zu lassen.

„So lange wir Schulden machen müssen, können wir keine Steuern senken“, gab Pofalla heute in der ARD zu verstehen. Mit einer Steuersenkung sei daher vorerst nicht zu rechnen.

Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung beim Kindergeld, dem Kinderfreibetrag und der Pendlerpauschale in diesem Jahr noch nachbessert.

05.05.2008 Kassenendsummenbons enorm wichtig

In dem vorliegenden Verfahren vor dem Bundesfinanzhof (BFH, Az. X B 189/07) ging es um einen Lebensmitteleinzelhändler, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelte (nicht Bilanz!).

Der Einzelhändler setzte in seinem Betrieb eine Registrierkasse ein, hob jedoch die Kassenendsummenbons nicht auf. Stattdessen zeichnete er die Tagesendsummen eigenhändig gesondert auf.

Sowohl das Finanzamt als auch das Finanzgericht Berlin-Brandenburg haben diese Aufzeichnungen verworfen und die Betriebseinnahmen stattdessen geschätzt. 

Steuerpflichtige, die ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, sind nicht buchführungspflichtig. Für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns oder der Umsatzsteuer sind jedoch Aufzeichnungen erforderlich.

Der BFH konkretisiert im aktuellen Beschluss, dass auch bei der Einnahmen-Überschussrechnung Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben durch Belege nachgewiesen werden. Da der Einzelhändler die der Gewinnermittlung zugrunde liegenden Belege jedoch nicht mehr vorweisen konnte, durfte das Finanzamt die Einnahmen schätzen.

23.04.2008 Private Pkw-Nutzung durch den Gesellschafter einer GmbH

Der Vorteil aus der Privatnutzung eines Firmenwagens ist bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23. Januar 2008 I R 8/06 nicht unter Anwendung der sog. 1%-Methode zu besteuern.

Es ist in der Praxis gang und gäbe, dass der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer ein Fahrzeug zur privaten Nutzung zur Verfügung stellt. Beim Arbeitgeber führt dies im Umfang der tatsächlichen Betriebskosten zu abzugsfähigen Betriebsausgaben und beim dem Arbeitnehmer zu steuerpflichtigem Arbeitslohn, der im Regelfall pauschal für jeden Kalendermonat mit 1 % des Listenpreises des Fahrzeugs zu versteuern ist. Gleichermaßen ist im Grundsatz zu verfahren, wenn dem Arbeitnehmer die Nutzung untersagt ist, er das Fahrzeug aber dennoch privat nutzt.

Handelt es sich in einem solchen Fall des Nutzungsverbots bei dem Arbeitgeber um eine GmbH und bei dem Arbeitnehmer um deren Geschäftsführer und zugleich Gesellschafter, liegen die Dinge komplizierter. Über einen solchen Fall hatte der BFH durch Urteil vom 23. Januar 2008 I R 8/06 zu entscheiden:

Die Betriebsaufwendungen stellen dann bei der GmbH steuerpflichtige verdeckte Gewinnausschüttungen dar, der Gesellschafter-Geschäftsführer vereinnahmt keinen Arbeitslohn, sondern Kapitaleinkünfte. Der BFH bemisst die verdeckte Gewinnausschüttung bei der GmbH nicht mit 1% des Listenpreises, sondern mit dem tatsächlichen Verkehrswert des Nutzungsvorteils und erhöht diesen Wert noch um einen Gewinnaufschlag. Er weicht damit von der Finanzverwaltung ab, die die verdeckte Gewinnausschüttung sowohl bei der GmbH als auch bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer aus Vereinfachungsgründen ebenfalls mit 1 % des Listenpreises bewertet.

Im konkreten Fall ging es um den Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH, der den Firmen-Pkw, einen Jaguar XJR V8 mit einem Bruttolistenpreis von seinerzeit rund 138 000 DM, privat genutzt hatte, obwohl ihm dies vertraglich ausdrücklich untersagt war.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 44/2008 des Bundesfinanzhofes vom 23. April 2008 zu dem BFH-Urteil vom 23.01.08 (I R 8/06).

16.04.2008 Überzahlungen sind umsatzsteuerpflichtig

In der Praxis keine Seltenheit sind Überzahlungen oder Doppelzahlungen von Kunden. Solche Zahlungen werden häufig auf ein Verrechnungskonto gebucht oder sogar dem Kundenkonto gutgeschrieben.

Solche Gutschriften auf Verrechnungs- oder Personenkonten lösen aber in der Regel keine Umsatzsteuer aus.

Das sei falsch, so der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 19.07.2007 (Az. V R 11/05).

Der vom Kunden gezahlte Gesamtbetrag (inklusiv Doppel- oder Überzahlung) sei Entgelt im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und löse demnach Umsatzsteuer aus. Wird der Betrag später an den Kunden zurückgezahlt, liegt eine Minderung der Bemessungsgrundlage vor. Auf diesem Wege kann dann die Umsatzsteuer auch vom Finanzamt wieder zurückgefordert werden.

15.04.2008 Belastung mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer europarechtswidrig?

Unter bestimmten Voraussetzungen (einheitlicher Leistungsgegenstand oder einheitliches Vertragswerk) werden Bauleistungen in die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer einbezogen.

Ein einheitlicher Leistungsgegenstand wird angenommen, wenn bei einem Grundstückskaufvertrag über ein unbebautes Grundstück der Veräußerer mit einem Bauträger zusammenarbeitet und der Vertrag zur Errichtung des Hauses quasi schon mit dem Grundstückskaufvertrag abgeschlossen wird.

Die Grunderwerbsteuer mit 3,5 Prozent bemisst sich dann nach dem Kaufpreis des Grundstücks zuzüglich dem Wert der Bauleistungen. Obwohl bei Abschluss des Kaufvertrages nur ein unbebautes Grundstück erworben wurde, wird ein bebautes Grundstück mit dieser Steuer belegt.

Das Finanzgericht Niedersachsen legt mit seinem Beschluss 7 K 333/06 nun die Frage dem Europäischen Gerichtshof vor, ob die Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer und Umsatzsteuer (in den Bauleistungen enthalten) gegen das Europäische Umsatzsteuer-Mehrbelastungsverbot verstößt. Das Finanzgericht stellte fest, dass es sich bei dieser Doppelbelastung um eine Art Sonderumsatzsteuer auf Bauleistungen handelt. Diese kann – so die Klägerpartei – wettbewerbsverzerrend wirken.

Es bleibt nun abzuwarten, ob der Europäische Gerichtshof der deutschen Rechtsauffassung zustimmt.

09.04.2008 Anforderungen an zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 6. Dezember 2007 V R 61/05 entschieden, dass zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnungen grundsätzlich den richtigen Namen (Firma) und die richtige Adresse des leistenden Unternehmers angeben müssen. Der sog. Sofortabzug der Vorsteuer gebiete es, dass der Finanzverwaltung eine leicht nachprüfbare Feststellung des leistenden Unternehmers ermöglicht werde.

In der Vergangenheit waren nur Fälle von Gesellschaften mit beschränkter Haftung als leistende Unternehmer Gegenstand der Verfahren. Der Vorsteuerabzug sollte nur möglich sein, wenn bei Ausführung der Leistung durch die GmbH der in der Rechnung ausgewiesene Sitz der GmbH tatsächlich bestanden habe. Der Leistungsempfänger trage hierfür die Feststellungslast. Es gehöre zu den Obliegenheiten eines Unternehmers, die Richtigkeit der Angaben in der Rechnung zu überprüfen.

Mit diesem Urteil werden die Anforderungen auf alle Unternehmer – unabhängig von der Rechtsform, in der sie ihr Unternehmen betreiben – erstreckt.

Im Downloadbereich finden Sie eine Musterrechnung mit kurzen Erläuterungen zu allen relevanten Angaben.