25.03.2009 Betriebsveranstaltung und Pauschalbesteuerung

Mit Urteil vom 15. Januar 2009 VI R 22/06 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine nur Führungskräften eines Unternehmens vorbehaltene Abendveranstaltung mangels Offenheit des Teilnehmerkreises keine zur pauschalen Besteuerung des geldwerten Vorteils berechtigende Betriebsveranstaltung darstellt.

Im Streitfall führte eine international tätige Beratungsgesellschaft (Arbeitgeber) verschiedene Fachtagungen der angestellten Führungskräfte durch. Den Besprechungen schlossen sich Abendveranstaltungen mit musikalischen und künstlerischen Darbietungen an. Die Gesellschaft ging von steuerbegünstigten Betriebsveranstaltungen aus; die den Führungskräften zugeflossenen geldwerten Vorteile sollten deshalb nach § 40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes pauschal mit einem Steuersatz von 25 % versteuert werden. Demgegenüber ermittelte das Finanzamt (FA) die Lohnsteuer mit einem individuell errechneten, wesentlich höheren Nettopauschsteuersatz.

Der BFH bestätigte die Auffassung des FA. Er führte zunächst aus, dass Betriebsveranstaltungen den Kontakt der Arbeitnehmer untereinander und damit auch das Betriebsklima förderten. Sofern die Zuwendungen des Arbeitgebers eine bestimmte Freigrenze nicht überschritten, liege daher aufgrund des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers kein Arbeitslohn vor. Diese Freigrenze von 150 Euro war jedoch im Streitfall erheblich überschritten. Der BFH bestätigte ferner seine bisherige Rechtsprechung, wonach der Begriff der Betriebsveranstaltung nur dann erfüllt sei, wenn die Teilnahme allen Betriebsangehörigen offen stehe; die Begrenzung des Teilnehmerkreises dürfe sich nicht als Bevorzugung bestimmter Arbeitnehmergruppen erweisen. Die Pauschalbesteuerung mit einem Durchschnittssteuersatz von 25 % sei strukturell darauf angelegt, eine einfache und auch sachgerechte Besteuerung von solchen geldwerten Vorteilen zu ermöglichen, die bei der an der Betriebsveranstaltung teilnehmenden Gesamtbelegschaft mit Arbeitnehmern unterschiedlichster Lohngruppen anfallen. Der Steuersatz von 25 % bilde insoweit die „vertikale Beteiligung“ der Belegschaft an der Betriebsveranstaltung sach- und realitätsgerecht ab. Bei lediglich Führungskräften vorbehaltenen Abendveranstaltungen verfehle der Durchschnittssteuersatz von 25 % jedoch insbesondere das Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 28 des BFH vom 25. März 2009

25.03.2009 Pendlerpauschale – Kosten des Verfahrens

In einem der vier vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschiedenen Verfahren zur sog. Pendlerpauschale hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Beschluss vom 26. Februar 2009 VI R 17/07 dem beklagten Finanzamt die gesamten Kosten des Verfahrens auferlegt. Der BFH hatte nur noch über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, weil die Beteiligten des Revisionsverfahrens nach der Entscheidung des BVerfG vom 9. Dezember 2008, dass die seit 2007 geltende Regelung der Entfernungspauschale verfassungswidrig sei, den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hatten.

Der BFH erlegte die Kosten des gesamten Verfahrens dem Finanzamt auf, obwohl die Pendlerpauschale nach der Entscheidung des BVerfG für 2007 zunächst nur im Wege vorläufiger Steuerfestsetzung vom ersten Entfernungskilometer an gewährt wird. Die Finanzverwaltung setzt deshalb die Entscheidung des BVerfG in den derzeit ergehenden Einkommensteuerbescheiden für 2007 unter einem Vorläufigkeitsvermerk um. Nach Auffassung des BFH hat der Kläger ungeachtet der nun rückwirkend nur vorläufig in voller Höhe zu gewährenden Pendlerpauschale mit seinem ursprünglichen Antrag auf Eintragung eines höheren Freibetrags für die Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte in vollem Umfang Erfolg gehabt.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 26 des BFH vom 25. März 2009

04.03.2009 Angabe des Lieferzeitpunkts in einer Rechnung zwingend erforderlich

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 17. Dezember 2008 XI R 62/07 entschieden, dass in einer Rechnung der Zeitpunkt der Lieferung (§ 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 Umsatzsteuergesetz UStG 2005) außer bei Rechnungen über An- oder Vorauszahlungen auch dann zwingend anzugeben ist, wenn er mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung identisch ist.

Gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG 2005 ist für den Vorsteuerabzug der Besitz einer nach den §§ 14, 14a UStG 2005 ausgestellten Rechnung erforderlich. Nach dem Wortlaut des § 14 Abs. 4 Satz 1 Nr. 6 UStG 2005 ist zweifelhaft, ob der Zeitpunkt der Lieferung auch dann anzugeben ist, wenn er mit dem Ausstellungsdatum der Rechnung übereinstimmt.

Der BFH hat die Angabe des Leistungszeitpunkts für erforderlich gehalten, weil dies dem Gemeinschaftsrecht entspricht und weil anderenfalls für die Finanzverwaltung der Zeitpunkt der Entstehung der Umsatzsteuer und des Rechts auf Vorsteuerabzug nicht überprüfbar ist.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 23 des BFH vom 4. März 2009

25.02.2009 Alte 30-Kilometer-Grenze bei Einsatzwechseltätigkeit nicht mehr anwendbar

Mit Urteil vom 18. Dezember 2008 VI R 39/07 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Kosten eines Arbeitnehmers für die Fahrten zwischen Wohnung und ständig wechselnden Tätigkeitsstätten unabhängig von der Entfernung (ab dem ersten km) in tatsächlicher Höhe als Werbungskosten zu berücksichtigen sind. Der Ansatz einer Entfernungspauschale, die für Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte anzusetzen ist, scheidet daher aus.

Im Streitfall hatte das Finanzamt (FA) bei Fahrten des Klägers zu wechselnden Tätigkeitsstätten, die weniger als 30 km von seinem Wohnort entfernt lagen, nur die Entfernungspauschale i.H.v. 0,30 € je Entfernungskilometer berücksichtigt. Hierbei berief sich das FA auf ältere Rechtsprechung des BFH, wonach die Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur Entfernungspauschale auch auf Fahrten zu ständig wechselnden Tätigkeitsstätten im Einzugsbereich (sog. 30-km-Grenze) anzuwenden war.

Der BFH stellte klar, dass diese Rechtsprechung aufgrund geänderter Rechtslage überholt ist. Er verdeutlichte nochmals, dass die abzugsbeschränkende Regelung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG (Entfernungspauschale) nicht auf Fahrten des Arbeitnehmers zu ständig wechselnden Tätigkeitsstätten angewendet werden kann. Denn solche Einsatzstellen sind -anders als eine regelmäßige Arbeitsstätte- nicht auf Dauer und Nachhaltigkeit angelegt. Der Arbeitnehmer kann sich folglich nicht auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 21 des BFH vom 25. Februar 2009

18.02.2009 Krankengeld kann in den Progressionsvorbehalt einbezogen werden

Mit Urteil vom 26. November 2008 X R 53/06 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, es sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das von einem freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse Versicherten bezogene Krankengeld in den Progressionsvorbehalt einbezogen werde.

Nach § 32b Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) werden bestimmte Lohn- und Einkommensersatzleistungen, die ein Steuerpflichtiger erhält, dem Progressionsvorbehalt unterworfen. Der Progressionsvorbehalt bewirkt, dass steuerfreie Ersatzleistungen selbst zwar nicht besteuert werden; sie erhöhen aber die Steuer auf die übrigen Einkünfte, weil sie bei der Berechnung des Steuersatzes für die übrigen steuerpflichtigen Einkünfte berücksichtigt werden.

Zu den in § 32b Abs. 1 EStG genannten Ersatzleistungen gehört auch das Krankengeld, das als steuerfreie Sozialleistung nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) bezogen wird, d.h. Krankengeld, das eine gesetzliche Krankenkasse auszahlt. Nicht in den Progressionsvorbehalt einbezogen wird dagegen das Krankengeld, das eine private Krankenversicherung ihren Versicherten gewährt.

Die Witwe eines selbstständig tätigen Schornsteinfegers hatte sich mit ihrer Klage gegen die Einbeziehung des Krankengeldes in den Progressionsvorbehalt gewandt, das dieser von seiner gesetzlichen Krankenversicherung bezogen hatte, bei der er freiwillig versichert gewesen war. Ihrer Meinung nach gelte der Progressionsvorbehalt nicht für das Krankengeld, das ein freiwillig Versicherter von seiner Krankenkasse erhalte – unabhängig davon, ob es sich um eine private oder gesetzliche Krankenversicherung handele.

Mit seinem Urteil vom 26. November 2008 hat der BFH entschieden, dass das Krankengeld, welches von einer gesetzlichen Krankenversicherung aufgrund der Vorschriften des SGB V gezahlt werde, in den Progressionsvorbehalt einzubeziehen sei. Es komme nicht darauf an, ob der Bezieher des Krankengeldes pflichtversichert oder freiwillig Mitglied der gesetzlichen Krankenkasse geworden sei.

Die gesetzgeberische Entscheidung, nur das Krankengeld einer gesetzlichen Krankenkasse dem Progressionsvorbehalt zu unterwerfen aber nicht auch das Krankengeld einer privaten Krankenversicherung, verstoße nicht gegen den Gleichheitssatz. Der Gesetzgeber habe zwischen den Krankengeldern der unterschiedlichen Krankenkassen, die Leistungen aus einem Privatversicherungsverhältnis oder auch Leistungen eines öffentlich-rechtlichen Sozialversicherungsverhältnisses sein können, differenzieren dürfen.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 17 des BFH vom 18. Februar 2009

11.02.2009 Keine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen bei Barzahlung der Rechnung

Mit Urteil vom 20. November 2008 VI R 14/08 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Barzahlung einer Rechnung aus der Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen die entsprechenden Aufwendungen von der Steuerermäßigung nach § 35a des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausschließt.

Nach § 35a EStG ermäßigt sich für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20 %, höchstens 600 ? (ab 2009: 1 200 ?), der Aufwendungen, sofern diese nicht anderweitig abziehbar sind. Voraussetzung für die Steuerermäßigung ist, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Handwerkerleistung erfolgt ist.

Die in der Vorschrift geforderte bankmäßige Dokumentation des Zahlungsvorgangs ist nach Auffassung des BFH eine folgerichtige Ausgestaltung der gesetzgeberischen Zielsetzung, die Schwarzarbeit im Privathaushalt zu bekämpfen. Dieser am Gemeinwohl orientierte Zweck des in den Gesetzmaterialien eindeutig als Lenkungsnorm bezeichneten § 35a EStG rechtfertige verfassungsrechtlich die Ungleichbehandlung unbarer und barer Zahlungsvorgänge. Auch gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes) verstoße das Erfordernis unbarer Zahlung nicht. Denn selbst ohne eigenes Bankkonto könne der Steuerpflichtige die formellen Voraussetzungen des § 35a EStG erfüllen, indem er den Rechnungsbetrag bei einem Kreditinstitut einzahle und sodann unbar auf das Konto des Leistungserbringers überweise.

Mit den gleichen Erwägungen hat der BFH außerdem in einem weiteren Urteil vom 20. November 2008 mit dem Aktenzeichen VI R 22/08 auch bei Barzahlung einer Rechnung aus der Inanspruchnahme haushaltsnaher Dienstleistungen die Voraussetzungen für eine Steuerermäßigung verneint.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 14 des BFH vom 11. Februar 2009

04.02.2009 1%-Regelung nicht für Werkstattwagen

Mit Urteil vom 18. Dezember 2008 (Az. VI R 34/07) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass bei der pauschalen Versteuerung von Firmenwagen (sogenannte 1-Prozent-Regelung) solche Fahrzeuge nicht zu berücksichtigen sind, die nach ihrer objektiven Beschaffenheit und Einrichtung für private Zwecke nicht geeignet sind.

Im Urteilsfall stellte eine GmbH ihrem Gesellschafer-Geschäftsführer einen Opel Astra und einen Opel Combo zur Verfügung. Der Opel Combo war ein zweisitziger Kastenwagen, dessen fensterloser Aufbau mit Materialschränken und –fächern sowie Werkzeug ausgestattet und mit einer auffälligen Beschriftung versehen war.

Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung wurde bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer für jeden dieser Pkw ein Prozent vom Bruttolistenneupreis versteuert. Die Klage hatte beim Bundesfinanzhof Erfolg.

Im Urteil verweist der 6. Senat auf die Rechtsprechung des 10. Senats, nach der es geboten ist, bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen, namentlich auch LKW, von der Anwendung der 1-Prozent-Regelung auszunehmen (Urteil vom 13. Februar 2003, Az. X R 23/01). Unter dem Begriff LKW werden üblicherweise solche Kraftfahrzeuge erfasst, die nach ihrer Bauart und Einrichtung ausschließlich oder vorwiegend zur Beförderung von Gütern dienen.

Der BFH verneint daher in diesem Fall die Anwendung der Pauschalregelung für eine private Benutzung des Opel Combo, der im vorliegenden Fall sogar eine Lkw-Zulassung hatte. Die kraftfahrzeugsteuerrechtliche Einordnung als Lkw ist nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH unmaßgeblich, kann aber nach der Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes möglicherweise doch an Bedeutung gewinnen.

27.01.2009 Umweltprämie kann beantragt werden

Ab sofort können Pkw-Halter, die sich für den Kauf eines neuen und gleichzeitig zur Verschrottung eines alten Fahrzeugs entscheiden, einen Zuschuss in Höhe von jeweils 2.500 Euro beantragen (Umweltprämie, umgangssprachlich auch Abwrackprämie). Hierfür stellt die Bundesregierung Mittel von insgesamt 1,5 Mrd. Euro zur Verfügung.

Für einen Antrag auf die Umweltprämie müssen grundsätzlich folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

* Der/die Antragsteller/-in muss eine Privatperson sein.

* Das Altfahrzeug muss – zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Verschrottung – mindestens ein Jahr lang durchgehend auf ihren Namen in Deutschland zugelassen gewesen sein.

* Der alte PkW muss mindestens neun Jahre vor der Verschrottung erstmals zugelassen worden sein.

* Die Verschrottung des Altfahrzeugs muss zwischen 14.01.2009 und 31.12.2009 erfolgen.

* Die Verschrottung muss durch einen Verwertungsnachweis eines anerkannten Demontagebetriebs gem. Altfahrzeugverordnung belegt werden und der Betreiben des Demontagebetriebs muss bestätigen, dass die Restkarosse einer Schredderanlage zugeführt wird.

* Das Neufahrzeug muss zum ersten Mal zugelassen worden sein oder darf – zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Zulassung auf den Antragsteller – längstens ein Jahr einmalig auf einen Kfz-Hersteller, dessen Vertriebsorganisationen oder dessen Werksangehörigen, einen Kfz-Händler, eine herstellereigene Autobank, ein Automobilvermietungsunternehmen oder eine Automobilleasinggesellschaft zugelassen gewesen sein (Jahreswagen).

* Das Neufahrzeug muss mindestens die Emissionsvorschrift Euro 4 erfüllen. Das gilt auch für Leasingfahrzeuge.

* Das Neufahrzeug muss im Inland auf den/die Antragsteller/-in zugelassen sein.

* Erwerb und Zulassung des Fahrzeugs müssen zwischen dem 14. Januar 2009 und dem 31. Dezember 2009 erfolgen.

* Der Halter des alten Fahrzeugs muss mit dem des neuen Fahrzeugs identisch sein.

Achtung: Ab dem 30.03.2009 ist die Beantragung der Umweltprämie nur noch online über die Internetseite des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) möglich

Quelle: Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie

21.01.2009 Differenzkindergeld bei im Ausland nicht beantragten Leistungen?

Der Bundesfinanzhof hat mit Beschluss vom 30. Oktober 2008 III R 92/07 den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Klärung gemeinschaftsrechtlicher Fragen angerufen, welche die Konkurrenz von Ansprüchen auf Kindergeld im Beschäftigungsland des Vaters und im Wohnland der Mutter betreffen.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) lebte mit zwei ihrer Kinder in Deutschland. Der Vater der Kinder, von dem die Klägerin geschieden ist, arbeitete in der Schweiz. Die ihm nach Schweizer Recht zustehenden Familienleistungen von 109,75 € je Kind beantragte er nicht.

Aufgrund eines Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweiz richtet sich seit 1. Juni 2002 die Konkurrenz von Kindergeldansprüchen nach Gemeinschaftsrecht. Danach ist der Anspruch auf Kinderzulage im Beschäftigungsland Schweiz vorrangig vor dem Anspruch auf Kindergeld im Wohnland Deutschland. Kindergeld wird in Deutschland nur gewährt, soweit es höher ist als die in der Schweiz geschuldete Kinderzulage (sog. Differenzkindergeld).

Die Familienkasse setzte gegenüber der Klägerin Kindergeld nur in Höhe eines Teilbetrages von 44,25 € je Kind fest, soweit das deutsche Kindergeld von 154 € die in der Schweiz dem Vater zustehende Kinderzulage überstieg. Die Klägerin ist dagegen der Auffassung, ihr sei das deutsche Kindergeld in voller Höhe zu gewähren, weil der Vater der Kinder, um ihr zu schaden, die Kinderzulagen in der Schweiz nicht beantragt habe.

Der EuGH wird zu entscheiden haben, ob das Kindergeld im Wohnland Deutschland nur zu mindern ist, wenn die Kinderzulagen im Beschäftigungsland Schweiz tatsächlich gezahlt werden oder ob es im Ermessen der Familienkasse steht, das Kindergeld auch dann zu kürzen, wenn der in der Schweiz bestehende Anspruch auf Kinderzulagen gar nicht in Anspruch genommen wird. Für den Fall, dass die Kürzung bei Nichtinanspruchnahme im Ermessen der Familienkasse steht, hat der EuGH weiter zu klären, ob das Ermessen eingeschränkt sein kann, wenn der Anspruchsberechtigte im Beschäftigungsland die ihm zustehenden Familienleistungen bewusst nicht beantragt, um der Kindergeldberechtigten im Wohnland zu schaden.

Quelle: Pressemitteilung Nr. 7 des BFH vom 21. Januar 2009