Der Europäische Gerichtshof hat sich in vier Verfahren mit der Unterscheidung von Lieferungen und sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit Speisen und Getränken befasst.
Die Differenzierung hinsichtlich einer Lieferung oder sonstigen Leistung ist wichtig für die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes. Nur bei einer Lieferung kommt die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes von derzeit 7% in Betracht. Überwiegt bei der Abgabe von Speisen der Dienstleistungsanteil, unterliegt diese als sonstige Leistung dem vollen Steuersatz von derzeit 19%.
In vier Verfahren hat sich der Europäische Gerichtshof mit der Frage befassen müssen, ob es sich um Lieferungen oder sonstige Leistungen handelt.
Fall 1:
Verkauf von Speisen und Getränken aus einem Imbisswagen auf Wochenmärkten, der über geschützte Stellen zum Verzehr dieser Speisen verfügte.
Lösung des Gerichts:
Es handelt sich hierbei um eine Lieferung, die – im Hinblick auf die Speisen – die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes rechtfertigt. Die Richter erkennen die Lieferung der Waren als das dominierende Element, so dass eine sonstige Leistung ausscheidet.
Fall 2:
Verkauf von Speisen (hier Popcorn und Chips) im Kino zum Verzehr im Foyer oder im Kinosaal.
Lösung des Gerichts:
Es handelt sich hierbei um eine Lieferung, die die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes rechtfertigt. Die Richter erkennen die Lieferung der Waren als das dominierende Element, so dass eine sonstige Leistung ausscheidet.
Fall 3:
Betrieb mehrerer für den Verzehr an Ort und Stelle besonders ausgestatteter Imbissstände und eines Schwenkgrills.
Lösung des Gerichts:
Es handelt sich hierbei um eine Lieferung, die die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes rechtfertigt. Die Richter erkennen die Lieferung der Waren als das dominierende Element, so dass eine sonstige Leistung ausscheidet.
Fall 4 (!):
Ein Partyservice liefert die von Kunden bestellten Speisen in verschlossenen Warmhalteschalen aus, wobei dieser je nach Kundenwunsch auch Geschirr und Besteck, Stehtische und Personal zur Verfügung stellt.
Lösung des Gerichts:
Abweichend zu den drei anderen Entscheidungen erkennen die Richter hier einen nicht unwesentlichen Dienstleistungsanteil, der insgesamt zur Beurteilung als sonstige Leistung führt. Die Leistungen des Partyservice seien kein Ergebnis einer bloßen Standardzubereitung. Die erforderliche Arbeit und der Sachverstand hinsichtlich Kreativität und Darreichungsform der Gerichte sind Elemente, die deutlich über die reine Zubereitung der Speisen hinausgehen. Die Richter versagen hier die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes, da insgesamt eine Lieferung verneint wird.
Die Abgrenzung einer Lieferung von einer sonstigen Leistung bereitet in der Praxis häufig Schwierigkeiten. Steuerpflichtigen dürfte es jedoch nach diesen Urteilen etwas leichter fallen, ihre Leistungen einzuordnen, um die Anwendung des richtigen Steuersatzes sicherzustellen.
Immerhin hat die Finanzverwaltung in Deutschland in der Vergangenheit auch in den ersten drei Fällen eine sonstige Leistung angenommen und die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes versagt. Nach Vorliegen der aktuellen Rechtsprechung dürfte diese Auffassung nun überholt sein.